Sanktionen gegen iranisches IT-Unternehmen: ArvanCloud auf der Blacklist
Das US-Finanzministerium sperrt Vermögen und verbietet Geschäfte mit der iranischen Firma. Sie habe Verbindungen zum iranischen Geheimdienst.
Im Oktober hatte die taz in einer gemeinsamen Recherche mit Correctiv und Netzpolitik.org die Zusammenarbeit von ArvanCloud mit dem iranischen Regime sowie Verbindungen zu einer Firma in Nordrhein-Westfalen aufgedeckt. Die Recherchen zeigten, dass ArvanCloud an einem Teil des „Nationalen Informationsnetzes“ mitarbeitet und dem Regime Kontrollbefugnisse einräumt. ArvanCloud und die deutsche Firma wiesen die Anschuldigungen zurück.
Mit dem „Nationalen Informationsnetz“ sollen Auswirkungen von Internetblockaden eingegrenzt werden. Das US-Finanzministerium beschreibt es als eine „zensierte Version des Internets unter Kontrolle der iranischen Behörden“.
In Iran wird der Zugang zu Informationen stark kontrolliert. Social-Media-Netzwerke sind gesperrt. In den vergangenen Jahren und vermehrt seit Beginn der Revolte nach dem gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini im letzten September ist in verschiedenen Regionen das Internet zeitweise eingeschränkt oder abgeschaltet worden. Laut Alp Toker, Gründer von Netblocks.org, kommt es aktuell wöchentlich zu Abschaltungen in Zahedan in der ostiranischen Provinz Sistan und Belutschistan.
Whitelisting statt Blacklisting
In einer Begründung für die Sanktionen verwies das US-Finanzministerium am Freitag auf ArvanClouds Rolle bei der Entwicklung des Nationalen Informationsnetzes. Zudem unterhalte ArvanCloud enge Beziehungen zu den iranischen Nachrichtendiensten, leitende Manager von Arvan Cloud seien entweder aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Nachrichtendienste und Sicherheit. Arvan Cloud stelle Abhördienste bereit, „so dass die iranischen Behörden den ein- und ausgehenden Datenverkehr kontrollieren und zensieren und die Daten auf den Servern überwachen können“.
In einem Statement auf Twitter wies ArvanCloud die Anschuldigungen zurück und erklärte: „Cloud-Dienste können weder direkt noch indirekt eine Rolle bei der Filterung, Zensur oder Einschränkung des Internets irgendwo auf der Welt spielen.“ Das Unternehmen kündigte an, rechtlich gegen die US-Sanktionen vorzugehen, ebenso wie gegen die Strafmaßnahmen der EU.
Die EU hatte ArvanCloud im November auf die Sanktionsliste genommen. Zuletzt hatte die EU Ende Mai weitere Maßnahmen gegen den Iran beschlossen. Laut Deutscher Presse-Agentur umfasst die EU-Sanktionsliste nun 216 iranische Verantwortliche und 37 Organisationen, die für Menschenrechtsverstöße verantwortlich gemacht werden.
Amin Sabeti, exiliranischer Experte für IT-Sicherheit, sagte der taz: „Die Sanktionierung von ArvanCloud durch die US-Regierung ist ein guter Schritt, da sie dem Unternehmen und seinen Mitarbeitende zeigt, dass die Beteiligung an der Entwicklung des Nationalen Informationsnetzes mit Kosten verbunden ist.“ Viele Mitarbeiter*innen wollten auch im Westen arbeiten. Die Sanktionen würden die Botschaft senden, „dass man im Westen nicht willkommen ist, wenn man eine Rolle bei der Internetzensur in Iran spielt“.
Es sei in Iran nach wie vor üblich, über VPNs (Virtuelle Private Netzwerke) die Internetzensur des Regimes zu umgehen, erklärte Sabeti. Das Regime gehe dagegen vor, wo es könne. Laut dem IT-Experten gehe das Regime dabei von einem „Blacklisting“ zu einem „Whitelisting“ über, was eine Verschärfung der Einschränkungen bedeute. Anstatt unliebsame Internetseiten zu blockieren, werde der Zugang zu ausgewählten Internetseiten erlaubt und alles andere blockiert.
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