Sanierungsplan: Regierung zögert mit Opel-Rettung
Ganz so einfach, wie in der Öffentlichkeit suggeriert, wäre eine Opel-Rettung nicht. Andererseits kann die Politik einer Opel-Pleite im Wahljahr kaum tatenlos zuschauen.
BERLIN taz Am Montag standen die Zeichen erst einmal auf Entschleunigung. "Wir lassen uns nicht unter Druck setzen", sagte Bundeswirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg nach einem zweistündigen Spitzentreffen zu möglichen Staatshilfen für den Autobauer Opel. Unternehmenschef Hans Demant und Betriebsrat Klaus Franz waren gemeinsam mit dem Europachef des Mutterkonzerns General Motors, Carl-Peter Forster, ins Ministerium gekommen, um ihre Vorschläge auszubreiten. Wenig später erklärte auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, mit einer kurzfristigen Entscheidung sei nicht zu rechnen. Die Wünsche der Autobauer würden strikt nach dem Procedere geprüft, das für Unternehmensbeihilfen aus dem staatlichen Rettungsfonds ganz generell gelte.
Ganz so einfach, wie in der Öffentlichkeit suggeriert, das wird allen Beteiligten allmählich klar, lässt sich die Opel-Rettung kaum bewerkstelligen. Andererseits hat die Politik bereits so viele Erwartungen geweckt, dass sie einer möglichen Opel-Pleite zumal im Wahljahr kaum noch tatenlos zuschauen kann. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ließ sich auf einer USA-Reise im Februar schon als Retter des Bochumer Standorts feiern, und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gab sich vor der Rüsselsheimer Opel-Zentrale schon als Klon des Autokanzlers Gerhard Schröder.
Verunsichert sind die Politiker auch dadurch, dass die Haltung der WählerInnen zu einer möglichen Opel-Rettung extrem gespalten ist. Nach einer Forsa-Umfrage von Ende Februar spricht sich nur bei den Anhängern von SPD und Linkspartei eine klare Mehrheit von rund 60 Prozent für eine Staatsbeteiligung aus. Bei den Unionswählern ist die Mehrheit für ein solches Vorgehen deutlich kleiner. Die Klientel der liberalen Parteien FDP und Grüne spricht sich sogar zur Hälfte gegen einen Eingriff in das Marktgeschehen aus.
Entsprechend klar positionierte sich SPD-Chef Franz Müntefering am Montag zugunsten einer Opel-Rettung. Die Frage dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden, sagte Müntefering. Entscheidungen dürften dabei nicht "Bürokraten und Ideologen" überlassen werden. Es sei gefährlich, eine weitere "Deindustrialisierung" in Deutschland in Kauf zu nehmen. Die SPD sei deshalb bereit, über Hilfen für Opel und andere angeschlagene Unternehmen zu sprechen. Allerdings gebe es dabei auch "Beschränkungen".
Kritische Stimmen gibt es in beiden Volksparteien. Der scheidende Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sagte in einem am Montag erschienenen Interview, es gebe in der Branche "eine strukturelle Überkapazität, völlig unabhängig von der Konjunktur". Kapazitäten müssten herausgenommen werden: "Am einfachsten, indem ganze Firmen und Marken den Markt verlassen." Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Röttgen, hatte zuvor erklärt: "Bei Opel spricht viel dafür, dass es eine Krise des Unternehmens ist und eine Krise der Branche, die unter Überkapazitäten leidet. Bei beidem kann der Staat nicht helfen."
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