piwik no script img

Sanierung der Berliner SchulenSauber durchgerechnet

Fünf Milliarden Euro beträgt derzeit der Sanierungsbedarf. In zehn Jahren sollen die schlimmsten Probleme behoben sein.

Manche sind ziemlich angepisst, angesichts der ollen Schulklos in Berlin Foto: dpa

Kaputte Fenster, stinkende Toiletten, dringend behandlungsbedürftige Fassaden: so richtig gut sehen die Berliner Schulen nicht aus, das sieht jeder. Was bis Donnerstag keiner wusste: wie viel es genau kostet, die maroden Gebäude und Schulhöfe wieder aufzumöbeln. Weil die Bezirke selbst keinen Überblick hatten, wo genau wie viele Türen aus den Angeln hängen.

Seit Donnerstag weiß man: Knapp 5 Milliarden Euro beträgt der Sanierungsbedarf an allen rund 700 öffentlichen Berliner Schulen. Rund ein Viertel davon – ein Volumen von 1,5 Milliarden Euro –, seien als Sanierungsvorhaben mit höchster Dringlichkeit angemeldet, sagte Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) am Donnerstag.

Bis gestern hatten die Bezirke Zeit, ihre Wunschlisten bei der Senatsverwaltung für Bildung einzureichen. An den sogenannten Gebäudescans hatte eine AG aus den bezirklichen Hochbau- und Schulämtern seit Januar 2015 gearbeitet. Und obwohl in einigen Bezirksämtern mit Verweis auf den Personalmangel insbesondere in den Bauämtern immer wieder geunkt worden war, das sei nicht zu schaffen, wurde dann doch pünktlich geliefert: Als letzter Bezirk reichte Steglitz-Zehlendorf seinen Gebäudescan noch während der laufenden Pressekonferenz ein.

Die Bezirke liegen dabei mit ihren Angaben relativ weit auseinander: Spitzenreiter Tempelhof-Schöneberg meldete 557 Millionen Euro Sanierungsbedarfe, Friedrichshain-Kreuzberg hingegen nur 357 Millio­nen. Offenbar hatte es dann doch einige Verwirrung gegeben, was genau jetzt eigentlich abgefragt werden sollte.

Tempelhof-Schöneberg etwa habe einfach 10 Millionen Euro für die ehemalige Teske-Schule angemeldet, in der derzeit aber ausschließlich Flüchtlinge aus den nahen Tempelhof-Hangars in Willkommensklassen unterrichtet werden – zählt also nicht als reguläre Schule.

Treptow-Köpenick hatte schon mal vorsorglich Honorarkosten für Ingenieure und Architekten geltend gemacht, Friedrichshain-Kreuzberg vergaß dafür seine Schulhöfe und Außenanlagen. In Marzahn-Hellersdorf und Tempelhof-Schöneberg wiederum meldete man auch Sanierungsbedarfe an, die bereits in den Haushaltsplanungen berücksichtigt seien, sagte Rackles.

Der nächste Schritt sei denn nun auch, die Daten der Bezirke bis zum Ende der Sommerferien zu „bereinigen“, sagte Staatssekretär Rackles. Insgesamt rechne man aber damit, nach allem Plus und Minus, wieder auf 5 Milliarden Euro zu kommen.

Und dann darf saniert werden – allerdings muss dafür das Abgeordnetenhaus erst noch das entsprechende Finanzierungsinstrument beschließen. Die Senatsbildungs­verwaltung will das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm von 73 Millionen Euro im aktuellen Haushalt verdoppeln.

Entscheidend sei, sagte Rackles, dass dieses neue „Sondervermögen“, das schon für den Nachtragshaushalt 2017 angemeldet werden soll, nicht mehr an den jährlichen Haushalt gebunden sein soll. Tatsächlich hatten viele Bezirke in der Vergangenheit geklagt, dass nicht rechtzeitig genutzte Mittel verfielen – aber zum Bauen wiederum Personal fehle.

Offenbar wussten die Bezirke nicht so genau, was genau abgefragt wurde

Dächer und Fenster zuerst

Mit dem Sondervermögen sollen dann innerhalb von zehn Jahren die 1,5 Milliarden Euro Sanierungsbedarfe mit der höchsten Prioritätsstufe abgearbeitet sein: insbesondere Fassadensanierungen, Reparaturen an undichten Dächern und kaputte Sanitäranlagen.

Alles andere, wie Barriere­freiheit und zusätzliche Rettungswege, soll über den baulichen Unterhalt gelöst werden: Die Bezirke sollen künftig etwa 30 Prozent mehr Geld für den laufenden Unterhalt eines jeden Schulgebäudes bekommen. Stefan Komoß (SPD), Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, befand, das sei endlich eine „realistische Größe, um künftigen Sanierungsstau zu vermeiden, und beinahe noch die wichtigere Entscheidung als der neue Sondertopf“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!