Sampler mit Musik aus Botswana: Die Freiluft-Saloons von Gaborone
Gitarre spielen und einen Hirse-Shake zischen: Auf „I’m not here to hunt rabbits“ kann man eigenwillige Musiker aus dem Süden Afrikas entdecken.
Wer sagt eigentlich, dass man beim Gitarrespielen mit der linken Hand immer von unten um den Hals greifen muss? Die Frage stellt sich unweigerlich, wenn man sich YouTube-Videos einer Reihe von Country-Blues-Musikern aus Botswana ansieht. Die machen das nämlich andersherum – mit der Linken greifen sie von oben über den Hals.
Auch sonst hat ihre Handhabung der Gitarre so ihre Eigentümlichkeiten. Bespannt sind ihre Instrumente etwa nur mit vier Seiten, davon sind drei Höhensaiten. Dazu kommt eine Basssaite, manchmal wird ein Fahrradbremszug benutzt oder einfach Drahtverhau vom Zaun. Oft sind die Saiten offen gestimmt. Wenn überhaupt, ein Stimmgerät wurde hier am Rande der Kalahari-Wüste jedenfalls noch nicht gesichtet.
Das New Yorker Label The Vital Record hat mit Piranha Records in Berlin unter dem Titel „I’m not here to hunt rabbits“ eine Compilation dieser wunderbar exzentrischen Folk-Musik veröffentlicht. Musik, die außerhalb Botswanas fast unbekannt ist und an den frühen Country-Blues vom Mississippi-Delta gemahnt, in der aber auch der Wüstenblues Malis anklingt. Zu den schrägen Akkorden wird meist durchgängig mit dem Daumen eine Basslinie gezupft. Dazu ertönen raue Stimmen, die wirken, als seien sie von viel Schnaps, Staub und Wüstensand geschliffen worden.
David Aglow, Labelchef von The Vital Record, hatte 2009 auf YouTube einige der Künstler aus Botswana entdeckt – ein bis auf das Okavangodelta fast komplett trockenes Land der Größe Frankreichs mit gut zwei Millionen Einwohnern. Aglow fand heraus, dass Johannes Vollebregt hinter den Videos steckte. Der Holländer war 1979 als Entwicklungshelfer ins Land gekommen.
Various Artists: „I'm not here to hunt rabbits“ (Piranha Records/Indigo/!K7)
Vollebregts Videos sollte man sich unbedingt ansehen. Blitzschnell gleiten die Finger der Gitarreros über die Saiten, die auch mit der Handfläche, Fingerknöcheln und Ellenbogen bearbeitet werden. Die Videos ergänzen die Porträts im Beiheft des Albums, wo etwa über Ronald „Ronnie“ Moipolai steht, er sei einer der nur noch wenigen richtigen Wandermusiker und könne sich am nächsten Tag oft nicht erinnern, wo er seine Gitarre in der Nacht gelassen habe („Don’t worry. I always get it back.“).
Außer Motlogelwa „Babsi“ Barolong (der 85-Jährige ist Kuhhirte, Schreiner und Nachtwächter) sollen übrigens alle Künstler von ihrer Musik leben können. Manch einer hat es zu bescheidenem Ruhm gebracht, andere leben von der Hand in den Mund und werden pro Lied bezahlt, wenn sie in Chabins auftreten, Open-Air-Saloons, wo das billige Shake-Shake angeboten wird, ein alkoholhaltiges Hirsegetränk.
Abends kann es hier schon rau zugehen – genauso wie in den schlechten Vierteln der Hauptstadt Gaborone. Von solch zwielichtigen Orten und den Gefahren handeln einige Lieder, andere drehen sich um Unfälle, böse Geister in Handys und segensreiche Kondome.
Wovon die Menschen in Botswana so leben, beschreibt Molefe „Western“ Lekgetho in seinem Song „Machikilani“: „Ein Drittel schlägt sich irgendwie durch, ein anderes Drittel hat gute Jobs, und das letzte Drittel sind Wachmänner, die das Eigentum derjenigen mit guten Jobs vor denen schützen, die keine Arbeit haben.“
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