Salzeinleitung in Weser und Werra: Keine Verringerung trotz Beschluss
Weser und Werra sind versalzen. Verantwortlich ist der Düngemittelhersteller K+S, doch der will seine Salzeinleitung nicht reduzieren.
Seit gut 100 Jahren wird an Weser, Werra und Fulda Salz zur Herstellung von Pflanzendüngestoffen abgebaut. Die größten Produktionsgebiete liegen im hessisch-thüringischen Werragebiet. Weil nur ein Teil des gewonnenen Materials als Wertstoff verwendet wird, fallen in hohem Maße salzhaltige Abfälle an. Große Mengen von Salzabwässern werden in die Flüsse eingeleitet.
Ein steigender Salzgehalt bringe den Stoffwechsel von Süßwassertieren durcheinander, sagen Umweltschützer. Speziell in der Werra sei die gesamte Süßwasserfauna und -flora in Bedrängnis geraten. Bei einer Befischung durch das Land Niedersachsen wurden dem BUND zufolge im vergangenen Jahr in der Werra nur acht Arten, in der Oberweser immerhin 25 Arten festgestellt. Die Krankheitsrate im Fischbestand in der Werra war mit über elf Prozent überdurchschnittlich, in der Oberweser sind es immerhin noch vier Prozent. Auffällig sei auch, dass das seltene Bachneunauge den Oberlauf der Werra nur bis dorthin die Werra besiedelt, wo das Salzabwasser eingeleitet wird.
Zusätzlich werden in Hessen immer noch Salzabwässer im tieferen Untergrund verpresst. Weser und Werra werden hauptsächlich von der Kali-Industrie mit Salz belastet. Andere Salzeinleitungen, etwa aus häuslichen Abwässern oder durch Streusalz, spielen nur eine untergeordnete Rolle, erklärt die Flussgebietsgemeinschaft Weser in Hildesheim. Sie koordiniert die gemeinsamen Arbeiten der Anrainer-Bundesländer zum Wasserschutz im Wesereinzugsgebiet. Im noch wenige Monate gültigen Bewirtschaftungsplan 2015–2021 hatte die Gemeinschaft den „Masterplan Salzreduzierung“ in Kraft gesetzt.
Heiner Baumgarten, BUND-Landeschef in Niedersachsen
Die Differenzen zwischen den 2016 vereinbarten Zielwerten und den von K+S beantragen Werten sind laut BUND gewaltig: Die Bundesländer planen, dass der Chloridgehalt am Leitpegel Gerstungen in Thüringen ab 2022 nur noch 1.580 Milligramm je Liter Werra-Wasser betragen soll und bis Ende 2027 auf 1.170 Milligramm abgesenkt wird. K+S will aber nur bewirken, dass die Einleitung 2022 bei 2.500 Milligramm bleibt und dann bis Ende 2027 auf 1.950 Milligramm sinkt.
Bis zum Jahresende müssen sich die Bundesländer auf den neuen Bewirtschaftungsplan Salz 2021–2027 verständigen. Der Plan muss sicherstellen, dass die drei Flüsse gemäß den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis zum Ende des Jahres 2027 den sogenannten „guten ökologischen Zustand“ erreichen. Die Richtlinie definiert den Zustand eines Oberflächengewässers als gut, wenn nur geringe Abweichungen von einem Zustand vorliegen, der ohne störende menschliche Einflüsse bestehen würde.
Die BUND-Landesverbände fordern von den Umweltministern der Länder, sich klar dafür einzusetzen, die Salzeinträge in Werra und Weser konsequent zu reduzieren: „Seit über 10 Jahren wird intensiv über die Verringerung der Salzfrachten in Werra und Weser diskutiert, doch bis heute wurde keine Verminderung des Salzgehaltes erreicht“, sagt der niedersächsische BUND-Landeschef Heiner Baumgarten und appelliert an Umweltminister Olaf Lies (SPD): „Erteilen Sie den Wünschen des Unternehmens K+S nach Abschwächung der Grenzwerte und Zielmarken eine Absage.“
Jörg Nitsch, BUND-Landesvorsitzender in Hessen, sagt, mit dem Bewirtschaftungsplan Salz würden die Weichen für die Zukunft gestellt. Die Politik sei aufgerufen, einen deutlichen Rückgang der Salzeinträge aus der Kaliproduktion umzusetzen. Sie dürfe dem Wunsch von K+S, den bisherigen Plan abzuschwächen, nicht folgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt