Sächsische Landesbank: Schwaben übernehmen Sachsen

Die Manager der Landesbank Sachsen haben sich verspekuliert: Seit Sonntagnachmittag gehört sie nun der Landesbank Baden-Württemberg.

Gott sei Dank bleiben den Sachsen die Pretiosen aus der sächsischen Schatzkammer. Die Bank ist ja weg. Bild: taz

Ein Teil sächsischen Stolzes ist am Sonntag zu Grabe getragen worden: die eigene Landesbank. Dieser "Größenwahn", wie der FDP-Fraktionsvorsitzende im Sächsischen Landtag Holger Zastrow sagt, ist nach zahlreichen Krisen endgültig gescheitert. Die Landesbank Baden-Württemberg LBBW übernimmt die Sachsen LB für 300 Millionen Euro.

Die Situation der Bank hatte sich in den letzten Tagen zugespitzt. Über ihre in Dublin agierende Tochter, den Fonds Ormond Quay, war die Sachsen LB in den Sog der Krise amerikanischer Immobilienfonds geraten. Die kleine Bank spekulierte hoch. Auf bis zu 65 Milliarden Euro soll sich ihr Engagement bei derartigen Krediten belaufen. Erst vor einer Woche hatten Sparkassen und Landesbanken, darunter der potenzielle Käufer, Kredite in Höhe von 17,3 Milliarden Euro reserviert, um im Ernstfall die Liquidität der Sachsen LB zu sichern. Dieser Ernstfall ist zwar bislang nicht eingetreten. Die Risiken für die Kommunen und den Staatshaushalt bleiben weiter ungewiss.

Mit der Bereitstellung der Kreditlinie war aber die Auflage verbunden, dass sich die Bank einen Fusionspartner sucht. Seit Mitte der Woche verhandeln deshalb Vertreter der LBBW in Dresden, nachdem die Nord/LB und die Bayerische Landesbank als Partner ausschieden. Wider besseres Wissen verkündeten Ministerpräsident Georg Milbradt und Finanzminister Horst Metz (beide CDU) noch am Mittwoch, die Landesbank sei nunmehr in sicherem Fahrwasser. Die Situation verschärfte sich zum Wochenende dramatisch, nachdem ein weiteres Finanzloch von mindestens 300 Millionen Euro bekannt geworden war.

Angeblich soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin der Sachsen LB kein formales Ultimatum für einen Verkauf bis Sonntagabend gestellt haben. Deren Präsident Jochen Sanio reiste aber nach Dresden, um die Folgen eines Nichtverkaufs drastisch genug zu schildern. Die BaFin wäre spätestens am Montag verpflichtet gewesen, die Sachsen LB gründlich zu prüfen. Vor allem könnte das geschwundene Vertrauen nach Geschäftsbeginn am Montag dazu führen, dass die Bank durch Abzug der Einlagen binnen Stunden kollabiert und nur noch Schrottwert behält.

"Wir hatten keine andere Wahl", begründet deshalb Ronald Weckesser von der Linksfraktion. Er ist Vorsitzender des Finanzausschusses im Landtag und Vertreter der Landeshauptstadt Dresden in der Anteilseignerversammlung. Sein Fazit: Die politische Verantwortung für das Desaster muss aufgearbeitet werden.

BaFin-Chef Sanio hält die Kreditgeschäfte über den Ormond Quay übrigens für nicht so riskant. Gesprächsteilnehmer berichten, er glaube letztlich an deren Erfolg. Möglicherweise war deshalb die LBBW als Käufer bereit, die Risiken weitestgehend zu übernehmen. Nach Auskunft von Ministerpräsident Milbradt haben sich die Baden-Württemberger aber eine sehr restriktive Rückgabeklausel einräumen lassen. Eine abschließende Bewertung der Bank wird erst zum Jahresende möglich sein. "Baden-Württemberg springt nicht in ein schwarzes Loch", so Milbradt.

BaFin-Chef Sanio soll laut Spiegel allerdings selbst Aufsichtspflichten über die Sachsen LB vernachlässigt haben. So hätte ein Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG von 2004 über riskante Geschäfte, formale Schludereien und utopische Gehälter in der irischen Tochter nicht zu entsprechenden Konsequenzen geführt. Derartige Zustände sind auch aus der Landesbank selbst bekannt. Ein Untersuchungsausschuss des Landtages befasst sich seit zwei Jahren mit personellem Filz und dem Vorwurf der Geldverschwendung bei der Sachsen LB. Der gesamte Vorstand wurde bereits ausgewechselt.

2005 musste der Freistaat schon einmal 300 Millionen Euro Steuergelder zuschießen, um die Bank zu retten. Diese Summe soll er nun als Kaufpreis von der LBBW zurückerhalten. Eine magerer Preis für den einstigen Sachsen-Stolz, der nun als Baden-Württemberger Zweigstelle mit halbierter Angestelltenzahl überleben soll.

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