Sabine am Orde über die Krise der AfD: Auf dem Weg zur Lega Ost
Die AfD ist erstmals aus einem Landtag geflogen. Mit 4,4 Prozent der Stimmen hat die radikal rechte Partei in Schleswig-Holstein den Wiedereinzug verpasst. Das könnte der Anfang ihres Niedergangs sein – zumindest in den westlichen Bundesländern.
Zwar sollte man sich nicht zu früh freuen. Die Lage der AfD in Schleswig-Holstein war schon immer speziell: Die Partei war dort noch gespaltener als anderswo, sie hatte mit Doris Sayn-Wittgenstein eine besonders Radikale an ihrer Spitze, auch war sie im Norden nie sehr erfolgreich.
Doch auch in anderen westlichen Bundesländern ist die AfD auf absteigendem Ast: Ihre Radikalisierung und Beobachtung durch den Verfassungsschutz kommt hier nicht gut an. Ebenso wenig, dass als in der AfD gemäßigt geltende westdeutsche Führungsfiguren wie Jörg Meuthen der Partei den Rücken gekehrt haben. Der Corona-Kurs samt Anbiederung an die Pandemieleugner-Szene hat im Westen nicht verfangen und das Russland-versteherische Gebaren im Ukrainekrieg stößt viele ab. Der Konflikt zwischen radikalen Positionen im Westen und extrem radikalen im Osten spitzt sich immer mehr zu. Tino Chrupalla, der nach Meuthens Abgang allein an der Parteispitze steht, ist unfähig, ihn zu entschärfen.
Die Wahl in Kiel könnte der Beginn einer Abwärtsspirale sein, die sich am kommenden Sonntag in NRW fortsetzt. In den Umfragen liegt die AfD dort bei um die 7 Prozent. Aber auch wenn sie wieder in den Düsseldorfer Landtag einzieht: Der Höhenflug im Westen ist vorbei. Langfristig könnte die Partei zu einer Art „Lega Ost“ werden, mit hohen Erfolgen in den östlichen Ländern, aber schwach auf Bundesebene.
Bemerkenswert ist auch, dass die AfD gerade dort abgewählt wurde, wo ein ausgesprochen liberaler CDU-Ministerpräsident regiert, der rechtspopulistischen Ausflügen eine Absage erteilt hat. Das zeigt erneut: Nicht das Anbiedern an die AfD ist erfolgreich, sondern das Gegenteil. Es wird Zeit, dass das auch in der Union alle verstehen.
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