SWR-„Tatort“ aus Stuttgart: Schöne Grüße aus 2017
In einer sehr nahen Zukunft müssen sich die Kommissare Lannert und Bootz mit hyperintelligenter Analysesoftware herumschlagen.
Der „Tatort“ kommt dieses Mal aus der Zukunft und beschäftigt sich mit einem Supercomputer, mit künstlicher Intelligenz. Sie befürchten eine Art „Sendung mit der Maus“ für Große zum Thema Big Data? Längliche Dialoge der beiden Kommissare, die im Dienstwagen beim Weg zum nächsten Zeugen über die gesellschaftliche Dimension des Datenabgreifens diskutieren?
Halten Sie’s aus und geben Sie dem Stuttgarter Fall eine Chance. Er ist gar nicht so blöd geworden.
Die erste gute Idee: Regisseur und Drehbuchautor Niki Stein hüpft mit dem Fall für die Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) nicht in irgendeine ferne Zukunft, sondern lediglich in den Februar 2017. Eine sehr nahe Zukunft also, beinahe noch Gegenwart.
Das Szenario, das hier gesponnen wird, ist ebenfalls nur knapp dem Alltäglichen voraus, an das wir uns sowieso schon gewöhnt haben. Keine abgedrehten Spinnereien also, sondern eher eine Diskussion über unsere Gegenwart. Und das bringt einen dann doch ins Grübeln.
Stuttgart-„Tatort“: „HAL“; Regie/Buch: Niki Stein; mit Richy Müller, Felix Klare, Carolina Vera, Mimi Fiedler, Jürgen Hartmann; Sonntag, 28. August, 20.15 Uhr, ARD
Okay, worum geht’s? Eine Frau treibt tot im Neckar, offenbar hat sie als Callgirl gearbeitet. Ihr letzter Kunde: David Bogmann (Ken Duken), Entwickler des Analyseprogramms Blue Sky. Aus den digitalen Spuren, die jeder überall hinterlässt, beim Amazon-Einkauf, beim Telefonieren mit Mutti, kann die Software Prognosen über das Verhalten von Menschen abgeben. Bootz’ und Lannerts’ Kollegen vom LKA sind prompt ganz angefixt: Wenn man so Terroristen vielleicht präventiv aus dem Verkehr ziehen könnte?
Leider hat sich das Programm derart verselbstständigt, dass es clever genug ist, sich gegen seine eigene Abschaltung zu wehren – und nun seinerseits versucht, seinen Schöpfer Bogmann auszuschalten.
Dass hier am Ende ein Mord aufgeklärt wird, ist übrigens überhaupt kein Trost – im Gegenteil.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“
Wahlkampf in Deutschland
Rotzlöffeldichte auf Rekordniveau
Buch über Strategien von AfD und Putin
Vergangenheit, die es nie gab