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SWR-Tatort aus LudwigshafenEin bisschen New York

Nicht immer ist der Täter auch der Böse. Und manchmal ist er nicht einmal der Täter. Tim Trageser präsentiert einen cleveren Tatort.

Der Tatort im Ludwigshafener „Tatort“. Bild: SWR

Ein Hotelzimmer, ein Zimmermädchen, ein Mann der Macht. Eine vermeintliche Vergewaltigung, eine ruinierte Politkarriere. Moment mal, war da nicht …

Ja, da war was: Vor vier Jahren, zugegeben eine halbe Ewigkeit im medialen Kurzzeitgedächtnis, wurde der Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) in New York verhaftet. Der Vorwurf an Dominique Strauss-Kahn: versuchte Vergewaltigung eines Zimmermädchens.

Nun, nach angemessener Karenzzeit, macht sich der neue „Tatort“ also an die fiktionale Aufbereitung des Stoffs – denn auch wenn der mächtige Mann im Hotelzimmer hier nur irgendein EU-Kommissar ist und Ludwigshafen nicht New York: Die Parallelen zum Fall DSK sind offensichtlich.

Da stürzt also ein junges Zimmermädchen im Treppenhaus eines Luxushotels zu Tode, der Täter steht für alle, außer für Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und den Zuschauer, schnell fest: Joseph Sattler (Peter Sattmann) muss es gewesen sein, der ehemalige Ministerpräsident, der nun in Brüssel einen Gesetzesentwurf für die Frauenquote durchdrücken soll – und dessen DNA ganz zweifelsfrei am Opfer – Odenthal: „Oder sollte ich besser sagen: Im Opfer?“ – gefunden wird.

Gut ausbalancierter Fall

Doch wie im wirklichen Leben auch, ist dann alles doch nicht so einfach: Das Opfer brauchte das Geld und der Täter wird zum Bauernopfer auf dem politischen Schachbrett, benutzt ausgerechnet von einer Frau – nämlich seiner eigenen. Und obwohl bereits nach der ersten Viertelstunde klar ist, wie hier der Hase läuft, gelingt Regisseur Tim Trageser ein spannungstechnisch clever ausbalancierter Fall, der es sich nicht einfach macht. Denn so richtig gut oder böse steht am Ende niemand da – weder der Sattler noch die Frauen.

Über die Frauenquote schließlich entspinnt sich noch ein, zum Glück nicht bis ins letzte Detail ausdiskutierter und deshalb recht vergnüglicher Nebenschauplatz, als Kommissarin Odenthal ihre Pfründe gegen die jungsche LKA-Beamtin Johanna Stern (Lisa Bitter) verteidigen muss. Die brachte offenbar das richtige Geschlecht mit, um die Karriereleiter beim LKA ein paar Stufen nach oben zu fallen.

Ach so, wo ist eigentlich Kopper (Andreas Hoppe), die Schrankwand an Odenthals Seite? „Ich dachte schon, ihr braucht mich dieses Mal gar nicht mehr“, sagt der (und vielmehr tatsächlich auch nicht). Keine Sorge, Kopper, die Frauenquote ist ja jetzt durch.

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2 Kommentare

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  • Er war ja nicht schlecht, der "Roomservice"-Tatort, trotz einiger kleiner Logikdefizite. Nur fällt immer wieder auf: Wenn Krimiautoren versuchen, aktuelle politische Debatten zu vereinnahmen und zu diesem Zweck den Protagonisten leidenschaftliche kontroverse Dialoge in den Mund zu schreiben, wird's in der Regel ein bisschen flach und vordergründig. Die Pseudodiskussionen zum Thema "Frauenquote" jedenfalls blieben in der Argumentationstiefe (pro wie contra) eher vorgestrig.

  • Musstet Ihr denn unbedingt schon in dem Artikelheader spoilern? Die Spannung heute abend ist dahin...