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SPD will Pflegestufe 1 beibehalten

Gedankenspiele der Union über Kürzungen in der Pflege­versicherung sorgen für Zündstoff

Die SPD hat Überlegungen zu einer möglichen Abschaffung des Pflegegrads 1 klar zurückgewiesen. Als SPD-Fraktion verwahre man sich entschieden gegen Leistungskürzungen in der Pflegeversicherung, teilte der gesundheitspolitische Sprecher Christos Pantazis auf Anfrage mit. Patientenschützer, Sozialverbände und die Grünen warnen ebenfalls vor solchen Gedankenspielen. Bild hatte berichtet, dass es in der Koalition Überlegungen zur Abschaffung dieses Pflegegrades gebe. Die Diskussion sei nicht neu, sagte Pantazis. Die Union habe diesen Vorschlag bereits in die Koalitionsverhandlungen eingebracht, die SPD habe ihn klar zurückgewiesen.

Bild hatte unter Berufung auf führende Politiker von Union und SPD berichtet, dass über eine Abschaffung des Pflegegrads 1 nachgedacht werde. Hintergrund sind demnach die finanziellen Probleme in der Pflegeversicherung. Wie konkret diese Überlegungen sind, ist aber offen – und nach den Äußerungen aus der SPD erscheint es unwahrscheinlich, dass sie vertieft werden.

Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums verwies auf Anfrage auf eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, die derzeit Vorschläge für eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung erarbeitet. Die AG befasse sich mit allen Einnahmen und Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung. „Dies umfasst unter anderem auch die Pflegegrade und deren Ausrichtung, um weiterhin eine zielgerichtete Versorgung sicherzustellen“, so die Sprecherin. Erste Zwischenergebnisse seien im Oktober zu erwarten.

Der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, warnte vor einer Abschaffung des Pflegegrades 1, der einst eingeführt worden sei, um demenziell erkrankte Menschen in die Pflegeversicherung einzubeziehen. Eine Abschaffung wäre „ein schwerer Schlag für die Betroffenen“. Vom Sozialverband Deutschland hieß es, Schockvorschläge wie dieser verunsicherten Millionen Pflegebedürftige. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann forderte, die Bundesregierung solle, anstatt an den falschen Stellen Einschnitte zu planen, endlich versicherungsfremde Leistungen aus dem Bundeshaushalt bezahlen und sechs Milliarden Corona-Mehrkosten in die Pflegekassen zurückfließen lassen. Evelyn Schötz, pflegepolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, kritisierte: „Statt endlich für eine solidarische und armutsfeste Pflegeversicherung zu sorgen, wird erneut bei den Bedürftigsten gespart.“

Mit dem Pflegegrad (Stufen 1 bis 5) wird der jeweilige Unterstützungsbedarf pflegebedürftiger Menschen festgelegt, unter anderem abhängig davon, wie selbstständig jemand im Alltag etwa beim Anziehen, Toilettengang oder der Verpflegung noch ist. Laut Bundesgesundheitsministerium hatten Ende 2024 rund 4,8 Millionen Menschen einen Pflegegrad, davon 861.000 Pflegegrad 1. Bei Pflegegrad 1 bekommen pflegende Angehörige kostenfreie Pflegekurse. Es gibt Zuschüsse etwa zum Einbau einer barrierefreien Dusche und für Pflegehilfsmittel wie Betteinlagen. Zudem werden pro Monat bis zu 131 Euro (sogenannter Entlastungsbetrag) erstattet, etwa wenn ein Pflegedienst beim Duschen oder Einkaufen hilft. (dpa)

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