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SPD und Union vor zweiter SondierungBetreuungsgeld könnte bleiben

Die SPD beharrt auf dem Mindestlohn. Dafür könnte es Kompromisse beim Betreuungsgeld geben: Die Verantwortung könnten bald die Länder tragen.

In die Ecke mit dem Betreuungsgeld: So schnell kann es gehen mit den Wahlkampfversprechen. Bild: dpa

BERLIN afp/rtr | Vor der zweiten Sondierungsrunde für eine große Koalition rückt die SPD einem Bericht zufolge von ihrer harten Forderung nach einer Abschaffung des Betreuungsgeldes ab. Die Parteispitze wolle bei der Union für einen Kompromiss werben, berichtete der Spiegel am Sonntag. Dieser sehe vor, dass die Bundesländer mit Hilfe einer Öffnungsklausel selbst entscheiden können, ob sie die Leistung auszahlen wollen oder nicht.

Die Bundesländer, die das Betreuungsgeld abschaffen würden, könnten dann das gesparte Geld bei Bedarf in den Kita-Ausbau stecken, heißt es im Spiegel. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sagte dem Magazin, er sei überzeugt, dass der Bund für das Betreuungsgeld „nicht zuständig ist“. Die Stadt Hamburg hat vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Betreuungsgeld geklagt.

Die Leistung von derzeit 100 Euro im Monat wird seit August an Eltern ausgezahlt, die ihre Kleinkinder nicht in einer öffentlich geförderten Einrichtung betreuen lassen. Sie war in der schwarz-gelben Koalition auf Druck der CSU durchgesetzt worden.

Hart dagegen bleibt die SPD bei einem anderen Thema. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro zur Bedingung für die Bildung einer Großen Koalition erklärt. „Ohne die Vereinbarung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro wird es eine Regierungsbeteiligung der SPD nicht geben“, sagte Nahles der Bild am Sonntag. Alles andere würden die SPD-Mitglieder nicht akzeptieren.

Allerdings scheint der Mindestlohn ohnehin nicht mehr so umstritten zu sein wie im Wahlkampf. CSU-Chef Horst Seehofer hatte erklärt, in dieser Frage sei man sich „sehr nahe“. Nach Medienberichten gibt es eine Kompromisslinie zwischen SPD und Union, wonach die Sozialdemokraten im Gegenzug zum Mindestlohn auf ihre Forderung nach Einführung von Euro-Bonds verzichten würden. Diese Gemeinschaftsanleihen der Europäer lehnt die Union strikt ab.

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10 Kommentare

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  • AO
    ALeksandr Orlov

    Beim Mindestlohn ist der Widerstand bei den Neoliberalen in der SPD sicher größer als bei Mutti. Mutti hätte ihn schon lange eingeführt, wenn die FDP sich nicht quergestellt hätte.

    Da geht es jetzt eher drum, wie man keinen Mindestlohn bekommt und es trotzdem so aussieht als gäbe es einen.

    Da kommt das Modell "Kommission Arbeitgeber plus (ganz wichtig) gelbe Gewerkschaften" nach dem Vorbild der Post-Konkurrenzunternehmen mit ihren selbst gegründeten Christlichen Gewerkschaften, die keine sind, den Verhinderern sehr entgegen. Da wird die SPD keinen ernsthaften Widerstand leisten, und es gibt wieder keinen universellen Mindestlohn. Hauptsache, die Stones sind zufrieden.

    Dafür gibt's die Quittung 2017 bei der nächsten Wahl.

  • Simone de Beauvoir:

     

    "Keine Frau sollte das Recht haben, zu Hause zu bleiben und die Kinder großzuziehen. Die Gesellschaft sollte völlig anders sein. Frauen sollten diese Wahl nicht haben, und zwar genau deshalb, weil, wenn es eine solche Möglichkeit gibt, zu viele Frauen sich dafür entscheiden würden."

     

    Diese absurde Haltung hat die SPD tief verinnerlicht.

  • N
    Nonnen

    Es ist seltsam, dass das gegen die Griechenlandhilfen lächerlich geringe Betreuungsgeld eine so wichtige Rolle in den Koalitionsgesprächen spielen soll. Dabei ist es gut, denn niemand kann sich an die ersten drei Lebensjahre direkt und konkret erinnern, da dort komplexe Reifungs- und Verschaltungsvorgänge in den Gehirnen ablaufen, in welche nur sehr behutsam eingegriffen werden sollte.Nicht nur die Familie, sondern vorallem die Schwächsten, die Kinder, werden möglicherweise ernste Probleme bekommen und damit die Zukunft unseres Volkes (Siehe auch in den hierzulande weitgehend unbekannten Studien z. B. von Prof. Annica Dahlström, Uni Göteborg: Innerhalb der letzten 15 – 20 Jahre einen Anstieg psychischer Erkrankungen bei schwedischen Mädchen um 1000 Prozent (Depressionen um 500 Prozent; Suizidrate finnischer Mädchen ist die höchste in Europa)

  • Hütet Euch, Sozialdemokraten, dieses Betreuungsgeld zu akzeptieren !

    Finger weg von einer Koalition mit dem zwitschernden Hosenanzug. Die Dame soll mal arbeiten, und Ihr macht mal Opposition, damit Ihr was lernt !

    • GT
      Grüne TAZ?
      @Pink:

      Ihr macht "mal Opposition"? Ihnen ist aber nicht entgangen, dass die SPD in den letzten Jahren nicht Teil der Regierungskoalition war, oder? Ich bin im Übrigen auch nicht begeistert, dass die SPD nun von ihren Forderungen teils abweichen muss. Aber so sind Sondierungsgespräche. So lange die Linke für eine rot-rot-grüne Koalition nicht in Frage kommt, wird sich diese Frage immer wieder stellen. Und vielleicht sind wir mit einer starken SPD in einer "großen" Koalition immer noch besser bedient als mit einer zur Spießbürgerpartei mutierenden Realo-Grünen in einer schwarz-grünen Koalition. Auch wenn die TAZ diese Option momentan fleißig bewirbt.

  • Wieso schalten Sie meinen Kommentar nicht frei, zum Donnerwetter !!!

     

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  • F
    FRUST

    Das Feilchen um die Löhne bringt doch überhaupt nichts für den Verbraucher. Mieten steigen,Energiekosten steigen,dazu die Inflation?-, da streiten die sich um läppische 8.50 €. Die Lobbykraten,die uns regieren, sollten dafür sorgen,dass der Bürger nicht weiter geschröpft wird.

  • Natürlich bleibt das Betreuungsgeld, wenn die CDU an der Regierung beteiligt bleibt!

    Man muss echt wenig von Politik verstehen, wenn man glaubt man könnte das in einem Koalitionsvertrag wegverhandeln. Da geht es auch gar nicht um das Betreuungsgeld an sich, das wäre ja ein Gesichtsverlust wenn die CDU hier und jetzt hinter den Status quo zurückfallen würde.

    • G
      Gast
      @Tim Leuther:

      Das passt doch auch. Die Einführung des Betreuungsgeldes wurde im Jahr 2008 von der Großen Koalition beschlossen. CDU, CSU und SPD haben damals den § 16 im Sozialgesetzbuch VIII um folgenden Abschnitt ergänzt:

       

      `Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (zum Beispiel Betreuungsgeld) eingeführt werden`.

       

      'Die Einführung des Betreuungsgeldes ist ein wichtiger Schritt für eine echte Gleichbehandlung derjenigen Eltern, die sich individuell entscheiden, ihre Kleinkinder zu Hause zu betreuen. Ihre Erziehungsleistung wird künftig mit dem Betreuungsgeld entsprechend anerkannt.!

      • @Gast:

        Mir ging es gar nicht um die Sachargumente. Da bin ich indifferent. Es gibt gute Argumente dafür und dagegen.

         

        Ob ich es nun liebe oder es hasse. Es bleibt. Unter der Annahme das die CDU/CSU an der nächsten Bundesregierung beteiligt ist.