SPD regiert in Berlin seit 25 Jahren: Roter Schal aufgetaucht
Vor 25 Jahren übernahmen Walter Momper und der rot-grüne Senat Berlin. Eineinhalb Jahre später war Schluss. Die SPD feiert heute trotzdem dicke.
Es ist nicht so, dass es bei der Berliner SPD gerade viel zu feiern gäbe. Im Gegenteil. Man müht sich, die Wogen über innerparteiliches Gezänk zu glätten, den Ball um die Nachfolge Klaus Wowereits flach zu halten oder dessen zahlreiche Scharten auszuwetzen. Dass da irgendjemand auf die Idee kommt, im internen SPD-Gedenkkalender zu blättern und den 16. März 1989 zum Jahrestag hochzujazzen, ist kein Wunder. Denn auf eine „Jubiläumsveranstaltung 25 Jahre Senat Walter Momper“, die am heutigen Montag um 18.00 Uhr im Willy-Brandt-Saal des Schöneberger Rathauses abgehalten wird, kommt nicht jeder. Berliner Sozialdemokraten schon.
Nun hat sich die SPD wohl gesagt, man muss die Feste halt feiern, wie sie fallen. Angesichts der wenig belastbaren Erinnerungsmomente jener Geschichte scheint das wohl auch der Hauptgrund für die SPDler gewesen zu sein, Walter Momper samt seinem sogenannten Frauensenat zu ehren.
Man soll über die Toten nicht schlecht reden. Woran wir uns hiermit auch halten. Darum einige positive Fakten: Am 16. März 1989 löste der von der SPD und der Alternativen Liste (AL) gebildete Senat unter Führung des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper (SPD) die CDU-FDP-Koalition ab. Ebi Diepgen musste einpacken – vorerst. Der „Momper-Senat“, wie das Kabinett genannt wurde, war bundesweit die nach Hessen zweite rot-grüne Landesregierung und Vorreiter im Gender Mainstreaming. In der Berliner Landesregierung saßen acht Senatorinnen fünf Kollegen gegenüber – die erste Landesregierung mit Frauenmehrheit. Während die Grünen das als „Jahrhundertchance“ bejubelten, war dieser Kurs der CDU höchst verdächtig: „Koalition des Irrsinns“, so die Schwarzen damals.
Wir erinnern uns noch an Walter Mompers roten Schal, den er zu jeder sich bietenden Gelegenheit trug. Und natürlich bleiben der Satz „Berlin, nun freue dich“, den Momper vom Balkon des Schöneberger Rathauses in die Mauerfall-Nacht hineinrief, die ersten Busspuren, das kommunale Ausländerwahlrecht oder Tempo-30-Zonen in der Erinnerung. „Momper packt’s“ war die Devise. Die SenatorInnen Wolfgang Nagel (Bauen), Erich Pätzold (Inneres), Michaele Schreyer (Umwelt) oder Jutta Limbach (Justiz) und „Anke „nein danke“ Martiny (Kultur) halfen.
Die Momper-Senat-Zeit stand auch synonym für die heute oftmals praktizierte „Doppelspitze“: Nach der deutschen Wiedervereinigung im Herbst 1990 amtierte Momper mehr als drei Monate lang gemeinsam mit dem einstigen Ostberliner Magistratschef Timo Schwierzina als Gesamtberliner Regierung. Berlin freute sich.
Dennoch darf einiges über das Ende des Momper-Senats nicht verschwiegen werden: Die Vereinigung der Stadthälften überforderte den „Mann mit dem roten Schal“. Die AL ebenso. Hinzu kamen Koalitionskonflikte über die Bebauung des Potsdamer Platzes oder den atomaren Versuchsreaktors des Hahn-Meitner-Instituts.
Ob Momper beim heutigen Sektempfang an seine Missetat am 14. November 1990 erinnert? Wohl kaum. Damals ließen er und der Innensenator mit einem der massivsten Polizeieinsätze Berlins die besetzten Häuser in der Mainzer Straße in Friedrichshain räumen. Dabei kam es zu wilden Straßenschlachten. Am 15. November kündigte die AL deshalb die Koalition auf. Drei Senatorinnen traten zurück. Nach nur gut eineinhalb Jahren war der rot-grüne Momper-Senat Geschichte. Zwei Monate später regierte Eberhard Diepgen wieder. Und das wird jetzt so richtig SPD-mäßig gefeiert.
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