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SPD im WahlkampfDas gut vernetzte Peer-Projekt

Mit einem privat finanzierten Blog machen anonyme Unternehmer Wahlwerbung für Peer Steinbrück als Kanzler. Aber ausdrücklich nicht für seine Partei.

Großzügig finanziert - aber anonym. Mit dem Peerblog spielt Steinbrück auch im Netz eine (kleine) Rolle Bild: dpa

BERLIN taz Die Generalsekretärin war eingeweiht. Gefragt nach peerblog.de, dem gerade an den Start gegangenen Webblog für SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, sagte Andrea Nahles am Montag vor Journalisten, es handele sich hier um eine von ihrer Partei „unabhängige Initiative“. Nahles, die vom Berliner Willy-Brandt-Haus aus den Bundestagswahlkampf koordiniert, habe vor einigen Wochen von peerblog.de erfahren, „und ich hatte gegen die Grundidee keine Einwände“.

Mag sein, dass Andrea Nahles das Blog als, wie sie sagt, „übliche Unterstützerplattform“ einordnet. Dennoch ist diese privat finanzierte Initiative ein Novum im deutschen Bundestagswahlkampf. Denn die Finanziers der Seite unterstützen ausdrücklich die Person Peer Streinbrück, nicht aber die SPD, deren Spitzenkandidat er ist.

Die in den Piratenpartei-Farben Schwarz-Orange gestaltete Seite – Slogan: „Kompetent. Kernig. Klar.“ – preist einerseits den Kanzlerkandidaten und macht andererseits Witze auf Kosten der Kanzlerin. „Abschiedswochen“ heißt die Rubrik, die den politischen Niedergang von Angela Merkel belegen soll. So einfach kann das manchmal sein.

Konzipiert, ins Netz gestellt und redaktionell betreut wird peerblog.de von der Düsseldorfer Kommunikationsagentur steinkuehler.com. Deren Chef, der frühere Focus-Journalist Karl-Heinz Steinkühler, soll laut Spiegel für das Peer-Projekt eine sechsstellige Summe von privaten, ungenannt bleiben wollenden Unternehmern bekommen haben. Die Geldgeber wünschen sich laut peerblog.de „einen Kanzler, der Deutschland in Europa und in der Welt stabilisiert. Sie setzen nur auf die Person Steinbrück.“

Mischung aus Heldenverehrung und US-Wahlkampf-Kopie

Dem Handelsblatt sagte Agenturchef Steinkühler, das Blog sei eine Sache, „die nichts mit der Partei des Kandidaten zu tun hat“. Seine Firma stelle den anonymen Auftraggebern den Agenturaufwand in Rechnung. Dass er Steinbrück seit vielen Jahren gut kenne, sei kein Geheimnis. Der aktuelle Spiegel bringt den Journalisten mit dem Blog „Wir in NRW“ in Verbindung, das im Landtagswahlkampf 2010 durch Enthüllungen „maßgeblichen Anteil daran hatte, dass Rüttgers in Frührente geschickt und SPD und Grüne einen denkbaren knappen Wahlsieg einfuhren“.

Sprachlich und stilistisch liest sich peerblog.de als eine Mischung aus Heldenverehrung und US-Wahlkampf-Kopie. „It’s a long run!“ ist der Einführungstext überschrieben. Agenturchef Steinkühler und seine drei festen MitautorInnen haben Barack Obamas Wahlkampf aufmerksam beobachtet und dabei festgestellt, dass „das Internet zu DEM entscheidenden Tool seiner Kampagne“ wurde. „Wir haben uns Amerika angeschaut. 2008, 2012. Fasziniert, erstaunt, begeistert“, heißt es weiter. Die deutsche Politik habe hingegen „(bisher) nicht begriffen, wie es geht … Wir versuchen was. Wir haben was entwickelt. Für den Kandidaten Peer Steinbrück.“

Natürlich, so die Selbstauskunft, habe man Steinbrück „gefragt, ob wir für ihn bloggen dürfen“. Der habe „zugehört und analysiert. Er hat sein Okay gegeben, dass wir seinen Namen für diesen Blog nutzen können. Abseits seiner Partei.“ Beides – die selbstbewusst proklamierte Parteiferne sowie der Umstand, dass ein sozialdemokratischer Politiker Unternehmern gestattet, für ihn zu sprechen – könnte noch problematisch für Steinbrück werden.

Dieser Tage befindet sich der SPD-Kanzlerkandidat auf Europareise. Nach Irland trifft er sich im Laufe dieser Woche mit Politikern in Großbritannien, Griechenland und in den Niederlanden.

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14 Kommentare

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  • N
    neubau

    Ein DDoS hat die Seite erst einmal lahmgelegt. Ein Segen!

  • M
    Matze38

    erinnert an 1998 als maschmeyer den gerhard schröder finanzierte

    es wundert nicht das ich beim jetzigen wahlkampf laufend ein deja vu bekomme alles läuft genauso wie 1998 ab, wahrscheinlich wird es nach der wahl auch wie nach 98 als spd und grüne ihr wahres gesicht zeigten.

  • W
    wejo01

    tittel sollte heissen:

     

    DER gekaufte PEER und die verlogene SPD

  • N
    neubau

    In Anlehnung an eine Kampagne FÜR Willy Brandt, da die Macher etwas geschichtsvergessen zu sein scheinen:

     

    Das

    100-Millionen

    Ding

     

    Einige neoliberale Geldgeber finanzieren mit Millionen den Wahlkampf von Peer Steinbrück.

    Rückzahlung nach der Wahl. In harter politischer Münze.

    Manche glauben, alles sei zu kaufen. Auch der Wille der Wähler.

    Geben Sie diesen Leuten die Quittung! Wählen Sie am 22. September auf keinen Fall die SPD.

    Lesen Sie den untenstehenden Text, damit Sie klarsehen!

     

    Anonyme

    Millionen

    fließen für

    Steinbrück:

     

    Was hat er dafür versprochen?

     

    Jedermann weiß, dass Peer Steinbrück die Millionen

    für das getarnte PeerBlog nicht aus Nächstenliebe zu-

    gesteckt bekommt. Die SPD zahlt in politischer Münze

    zurück. Nach der Wahl: Ein modernes und gerechtes

    Steuersystem soll weiter blockiert werden. Die Finanz-

    spekulanten sollen weiter Milliardengewinne auf Kosten

    von uns allen machen.

    Vor den Wahlen tarnen sich Steinbrück und Steinmeier.

    Da ist auf einmal von Reformen und sozialer Gerechtigkeit

    die Rede. Herr Gabriel und Frau Nahles werden nach vorn geschickt.

    Echte Sozialdemokraten haben solche Tarnung nicht

    nötig. Sie handeln im Interesse aller Bürger. Ihre Vor-

    schläge für ein modernes Steuerrecht und für eine gerechte

    Altersvorsorge liegen auf dem Tisch. Sie drücken sich

    nicht vor den notwendigen Aufgaben. Sie kämpfen auch

    nach der Wahl für eine sichere Zukunft aller Bürger unseres

    Landes.

     

    Peer Steinbrück

    darf nicht Kanzler werden.

     

    Weiterlesen können Sie auf http://www.nachdenkseiten.de/?p=16079

  • F
    Falmine

    Mannomann. Angebliches Vorbild sollen die USA sein? Dieses seltsame Finanzgebaren anonymer Sponsoren ist intransparent und daher unamerikanisch. Es ist vielmehr typisch deutsch und verdruckst. Wenn sich das nicht schnellstens ändert, kann Peer bloggen lassen, was er will: Er wird ständig über Wahlkampfspenden und-finanziers diskutieren müssen und nicht über politische Inhalte!

  • A
    Arne

    "Anonyme Unternehmer"!

    Das hört sich ja schon verdächtig nach Kohls Ehrenwort an, was ihn veranlasst bis heute die Personen nicht preiszugeben, die ihn korrumpiert haben.

     

    Naja, wer es glaubt.

    Netter Versuch, Steinbrück. Die anonymen Unternehmer dürften wohl die beiden Personen sein, die Peer Steinbrück als Kanzler haben wollen. Helmut Schmidt und Steinbrück selbst, die haben ja auch genug Knete für so eine Aktion.

    Wenn schon niemand aus der Bevölkerung den geborenen Wahlverlierer Steinbrück als Kanzler sehen möchte, erfindet man sich eben irgendwelche "anonymen Unternehmer" oder ähnlich anonymes, die das wollen.

    Gäbe es die wirklich, sollte Steinbrück sich fragen, wie peinlich er jetzt schon ist, dass niemand halbwegs vernünftiges in diesem Land sich noch öffentlich dazu bekennen möchte, dass man ihn als Kanzler will. (Das ist ja auch die Aufgabe, die ihm das Kapital zugedacht hat: Er soll es Merkel ermöglichen, die BRD noch weitere vier Jahre auf das ihr bekannte DDR-Niveau runter zu wirtschaften.)

  • U
    Unvernunft

    Da der politische Gegner mit einer ungleich dickeren finanziellen Spenden-Decke ausgestattet ist, sehe ich das zwar als eine nicht wünschenwerte, aber als eine legitime Methode an, um für Waffengleichheit zu sorgen. Warum berichtet ihr denn nicht auch über die finanziellen Verstrickungen der CDU/FDP-Kampagnen? Das artet ja richtig in Steinbrück-Bashing aus - hochgradig unfair ist das - es sei denn, ihr wollt eine scharze Regierung behalten. Man könnte anhand eurer (bin übrigens Abonnent) Berichterstattung in letzter Zeit langsam schon vermuten, dass ihr mittlerweile das politische Lager gewechselt habt. Schade! Man sollte jedem auch eine gewisse Lernfähigkeit zugestehen. Selbst die CDU lernt dazu - sie schärft ihr Umwelt- und Sozialprofil indem sie wohlklingende Gesetze schafft, jedoch gezielt sich auf die schwer vermittelbaren Lücken, freut um ihre Klientel zu bedienen. Die Grünen/SPD sind da schon naiver: Sie wollen sinnvolle Regeln schaffen, lassen sich aber von der CDU/FDP über den Tisch ziehen - denn das Augenmerk der CDU/FDP ist die Gesetzeslücke! Letztlich ist das, was ihr hier berichtet, reinstes Rhetorik-Bla-Bla, denn wer für Steinbrück wirbt, wirbt automatisch auch für die SPD, denn ohne SPD kein Steinbrück - so einfach ist das. Also bashed nur weiter, dann gibt es am Ende für viele eh nur noch 2 Alternativen: Die Linke oder die Braunen. Bei Scharz-grün schneller, bei schwarz-rot wenig langsamer. Zieht man die grundsätzlichen Ausrichtung der Bevölkerung noch in Betracht, dann eigentlich nur noch eine - die Nationalisten als lachende Dritte - siehe Ostdeutschland.

  • A
    Aletheia

    "Etwas mehr Stolz, etwas mehr Selbstbewusstsein über das, was uns [mit der Agenda 2010] gelungen ist, täte dem öffentlichen Erscheinungsbild der SPD gut."

     

    "Schon zehn Euro [Kindergeld-]Erhöhung würden den Staat eine Milliarde kosten. Und man weiß dann auch nicht, wo das Geld hingeht."

     

    "10 Euro sind ja auch zwei Schachteln Zigaretten, zweieinhalb Bier oder 2 Pinot Grigio – also zwei Gläser Pinot Grigio, denn eine Flasche, die nur 5 Euro kostet, würde ich nicht kaufen."

     

    Peer Steinbrück - Agenda 2010-Verfechter

  • JS
    Johanna Schmidt

    Der Blog ist skandalös. Dass ein Kandidat sich nicht mehr von der öffentlichen Presse dokumentieren lässt, sondern ergänzend eine gesteuerte, gekaufte Presse zuschaltet. Ja, gekauft, denn die dubiosen, ungenannten Geldgeber dieses Blogs sind ja, wie wir nur wissen dürfen, “hochrangige Unternehmer”, d.h. konkret große Firmen, die im Falle eines Wahlsieges großen Einfluß auf politische Entscheidungen nehmen könnten und “Rück-Geschenke” bekommen könnten. Mafiöse Zustände. Es ist ein Jammer, wie Herr Steinbrück mit seinem Verhalten (horrende Rednerhonorare+gleichzeitige Absenz im Plenarsaal, nun der untransparente Blog etc. etc.) an jeder Glaubwürdigkeit, Transparenz und Vertrauen in unsere Demokratie und dem Prinzip des bisher in Deutschland recht fairen Wahlkampf sägt. Er sollte sich ein Beispiel an den Spitzenleuten der anderen Parteien nehmen, die einigermaßen glaubwürdig wirken Inhalte in die mediale Welt setzen, und nicht solch einen unlauteren, abiturzeitungshaften Privatunterstützungsclub zu benötigen meinen. Einerseits einfach nur peinlich, dieser Blog, aber eben leider nicht nur das, sondern für die Demokratie-Entwicklung gefährlich. Siehe z.B. peerblog-Vorbild USA, wo der Wahlkampf durch riesige Unternehmen geprägt wird und so noch mehr die Interessen Weniger, nämlich der Reichen, vertreten und vorangetrieben werden. Entsetzlich.

  • GS
    G€ld stinkt nicht

    Vermutlich wird die Seite von Maschmeyer und Bankmanagern gesponsort. Es würde passen.

    Eventuell noch die Stadtwerke Bochum?!

  • T
    tropic

    OMG OMG, privat finanziert?! Schlimme Sache. Wer solls denn sonst finanzieren? die öffentliche Hand? Das Schreckgespenst von der privaten Finanzierung wird nie aufhören eine taugliche Kampfparole in der taz zu sein wa? :)

  • C
    Celsus

    Ach ja. Was Unternehmer für ein Geschwätz anrichten können, sie seien für einen Kandidaten aber nicht für die Partei, die er braucht, damit etwas aus der Kandidatur wird.

     

    Aber natürlich freut sich die SPD über jede Äußerung, in der zwischen der Partei und ihrem mit nahezu 100 % der Delegiertenstimmen gewählten Kandidaten getrennt wird. Schließlich ist ihr Kandidat nicht das gewünschte Zugpferd geworden, sondern es wurde eher ein Zugesel. Das Stimmvieh wittert schließlich diesmal schon vor der Wahl seine Schlachtbank.

     

    Nicht umsonst hat die SPD Sozialausgaben in der rot-grünen Koalition in historisch kaum je übertroffener Form gesenkt (Hartz IV). Sparen bis es in den Mägen der Armen quietscht und bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Machbaren. Das war doch die Voraussetzung dafür, dass sie das Vermögen der oberen Bevölkerungshälfte weitrerhin drastisch steigen ließen. Trotz sinkender Vermögen der unteren Schicht und der Mittelschicht stieg statistisch das Vermögen in Deutschland um jährlich 5 %! Das ist Politik gegen die MMehrheit der Bevölkerung, die aber nicht nur von deren Kandidaten befürwortet wurde und wird. Die Partei steht voll hinter ihm.

  • FB
    Florian Besser

    Es gab in den USA auch mal eine Kampagne "Billionaires for Bush (Milliardäre für Bush)" - aber die war ironisch gemeint. Obwohl, die Idee hat schon was. Mit Steinbrück als Kandidat wird die SPD sicher nicht gewählt. Er könnte also 2017 für die FDP antreten und mit Leihstimmen von der CDU der erste FDP-Kanzler werden.

  • PD
    Peer, den sollte man wählen-als korrupter Aparatschik

    Wieder mal ein Qualitätsjournalist und unklare Finanzquellen. Skrupel dann doch die SPD zu wählen haben sie immerhin noch. Der Peer ist eben leichter zu bezahlen als die ganze Spitze. Wenn der gute Peer regiert gibts dann so viel Geld, daß Qualitätsjournalisten so viel anonyme Kohle bekommen um doch für die ganze Truppe zu werben. So anonym wird die Kohle aber dann doch nicht sein. Die Quelle ist das Volk, der Kassenwart der Peer, nur vom Rest wird man nichts hören. Das ist dann nicht wirklich neu. Nach der Kanzlerschaft und Schuldenbergen gibts gutbezahlte Beraterjobs. Erinnert an Rot-Grün 1998-2005, allerdings schafften die das nur mit Qualitätsjournalismus ganz ohne blog. Man muß allerdings gar nicht Peer wählen. Grüne oder Linkspartei wählen erreicht den selben Zweck und ist Politit-Bio mit Ausredekulturen oder revolutionär mit Realitätsbezug.