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SPD-Politiker über Rot-Rot im Saarland„Jeder kann dazu lernen“

Thomas Oppermann hält die Linke für zu pazifistisch und fordert Verlässlichkeit. Er kritisiert, dass sie zum Koalitionsbruch aufrufe.

Die SPD auf Erfolgskurs – es bleibt spannend, wo er hinführt Foto: dpa
Stefan Reinecke
Interview von Stefan Reinecke

taz: Herr Oppermann, im Saarland ist vielleicht Rot-Rot möglich. Das wäre die symbolische Rückkehr des verlorenen Vorsitzenden Oskar Lafontaine in eine SPD-geführte Regierung …

Thomas Oppermann: Was möglich ist, entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Die SPD im Saarland – so wie in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein und im Bund – geht ohne Koalitionsaussage in die Wahl. Für anschließende Gespräche müsste Lafontaine seine Daueropposition aufgeben. Jeder kann dazu lernen, auch er.

Hat sich das Verhältnis zwischen SPD und Linkspartei in den letzten Jahren verändert?

Die Atmosphäre ist besser geworden. Viele in der Linkspartei sind nach all den Jahren in der Opposition ehrlich daran interessiert, zu regieren. Allerdings hat sich programmatisch nur wenig verändert. UN-Missionen werden immer noch radikal-pazifistisch als Kriegseinsätze diffamiert. Das ist kein gutes Zeichen.

In der SPD-Zeitschrift Neue Gesellschaft haben Sie per Texten eine Debatte mit Sahra Wagenknecht über Rot-Rot-Grün geführt …

Das wäre vor zehn Jahren vermutlich nicht möglich gewesen. Es ist besser miteinander als übereinander zu reden.

Ist Rot-Rot-Grün im Bund eine reale Möglichkeit oder nur Theorie?

Wenn es das Wahlergebnis erlaubt, werden wir mit allen reden, außer der AfD. Es gibt für die SPD drei Voraussetzungen für eine Regierungsbildung. Eine stabile Mehrheit im Bundestag. Inhaltlich: eine ohne Wenn und Aber proeuropäische Politik und keine Infragestellung der Nato. Und drittens eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Vertrauen Sie Wagenknecht?

Sie meint, was sie sagt, aber was sie sagt, ist ein Problem. So fordert sie von der SPD-Fraktion, mit Linksfraktion und Grünen Gesetze zu verabschieden. Das ist ein Aufruf zum Koalitionsbruch. Das werden wir nicht tun. Verlässlichkeit ist eine notwendige Voraussetzung für jede Koalition. Das muss auch Frau Wagenknecht wissen, wenn sie in eine Koalition gehen will.

Aber die SPD-Fraktion hat ja selbst Gesetzentwürfe für die Begrenzung von Managergehälter und die Ehe für alle vorgestellt. Und die Union macht da nicht mit ...

Beide Themen stehen im Koalitionsvertrag. Genau darüber werden wir mit der Union im Koalitionsausschuss am Mittwoch reden.

Im Interview: Thomas Oppermann

62, ist Jurist, seit 1980 Mitglied der SPD und heute Chef der SPD-Bundestagsfraktion.

Glauben Sie wirklich, dass die Union der SPD bei den Managergehältern folgt?

Immerhin haben Frau Merkel und Herr Kauder sich unionsintern dafür ausgesprochen. Ich bin gespannt, ob die Union den beiden folgt. In der Union liegen seit der Nominierung von Martin Schulz die Nerven blank. Aber deshalb verzichten wir nicht auf wichtige Projekte der SPD.

Streit gibt es auch beim Gesetz für gleichen Lohn für Männer und Frauen. Die SPD will, dass Betriebe ab 200 Mitarbeitern Auskunft geben müssen über ungleiche Bezahlung, die Union will dies erst für Betriebe ab 500 Beschäftigte. CDU-Mann von Stetten will dafür „bis zum letzten Blutstropfen kämpfen“.

taz.am wochenende

Endlich ist der Wolf wieder heimisch in Deutschland! Das freut nicht jeden. Für die taz.am wochenende vom 25./26. März hat unser Autor mit Biobauern gesprochen, die Abschüsse fordern, und sich ins Revier des Raubtiers gewagt. Außerdem: Hass – warum werden die Rohingya in Birma so erbittert verfolgt? Und: Ein Gespräch mit der Autorin Olga Grjasnowa über Heimat, Religion und Privilegien. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Herr von Stetten sollte sein kostbares Blut nicht so leichtfertig aufs Spiel setzen. Es wird bei 200 Mitarbeitern bleiben.

Der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht der Bundes­regierung zeigt: Sozialer Aufstieg durch Bildung ist viel schwieriger als früher. Gerade für die SPD unschön, oder?

Das ist ein dramatischer Befund. Die Chance, von unten nach oben zu kommen, ist ein Kernanliegen der SPD. Damit es gerecht zugeht, müssen wir früh anfangen: mit mehr Kinderbetreuung, mehr Flexibilität für die Eltern bei der Arbeitszeit und vor allem mehr qualitativ hochwertigen Ganztagsschulen.

Der Bericht zeigt auch, dass das Vermögen extrem ungleich verteilt ist. Die untere Hälfte besitzt nur ein Prozent.

Zu viel Ungleichheit schadet nicht nur dem Zusammenhalt der Gesellschaft, sondern wirkt auch ökonomisch negativ. Deshalb wollen wir Kapitalerträge gleich hoch besteuern wie Arbeit. Und die riesigen Reichtümer entstehen nicht durch Erwerbsarbeit, sondern durch Vererbung. Deshalb brauchen wir eine einfache Erbschaftsteuer mit hohen Freibeträgen und einer fairen Beteiligung der ganz großen Vermögen an der Finanzierung unseres Gemeinwesens.

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8 Kommentare

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  • Wollen die jetzt schon den Koalitionsvertrag aushandeln? Ich gebe mal mit einem Blick in die Glaskugel bekannt, dass die Linke viel lieber eine Koalition mit der SPD mit weniger massiven Aufrüstungsplänen eingeht, als eine große Koalition wieder an dem Punkt zu provozieren.

     

    Statt einer völlig überflüssigen Aufrüstung des bereits überlegenen Westens können dann mit dem gleichen Geld eben auch soziale Zwecke verfolgt werden. Ganz abgesehen davon, dass eine höhere Spitzensteuer und Vermögenssteuer ebenfalls Geld in die Kassen spülen würde. Und wenn das Geld nur mal ausgegeben wird, um ausnahmsweise mal nicht nur die Neuverschuldung zu senken, sondern wirklich und wahrhaftig Schulden abzubauen.

  • "UN-Missionen werden immer noch radikal-pazifistisch als Kriegseinsätze diffamiert. Das ist kein gutes Zeichen."

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    Dafür werden ja, sozusagen im Gegenzug, die zunehmenden weltweiten Kriegseinsätze der Bundeswehr von den Herrschaften der SPD gerne als humanitäre Hilfseinsätze verharmlost.

     

    MfG

    biggerB

  • >Wenn es das Wahlergebnis erlaubt, werden wir mit allen reden, außer der AfD.

     

    Herr Oppermann hat anscheinend die Demokratie nicht verstanden, vielleicht sollte er sich Nachhilfe geben lassen.

     

    Aber was soll diese Partei ist durch die letzten Jahre eh. unwählbar geworden - und es kommt jeden Monat auf neue wieder hoch wenn ich die 'Beckische Zwangsabgabe' an die öffentlich-rechtlichen auf meinem Kontoauszug sehe.

    • @Klappstuhl:

      Ach was? Demokratie ist also was? Ich würde doch gerne mal selber dazulernen? Das Parteien, die von der AfD als links-grün versifft bezeichnent werden, sich um die AfD drängen würden, die brüsk ablehnen würde? Ich bekomme einen Lachkrampf.

      • @Celsus:

        Sie sind ja einer - Zu Demokratie gehören auch Kompromisse und Koalitionen wer das nicht verstanden hat und von vornherein alles ausschließt sollte sich von Ihr fernhalten.

         

        In anderen europäischen Länder klapp das übrigends auch Quer-Feld-Beet in wieder anderen ist genau wegen solchen Meinungen und Vorurteilen die Politik seit Jahren gelähmt und handlungsunfähig.

  • Schon ein wenig absurd. Der Bundestagswahlkampf wird in diesem Jahr ein Wettbewerb um die besten Konzepte gegen soziale Ungerechtigkeit. Martin Schulz hat verstanden, daß das Migrationsthema in den Hintergrund rückt, wenn er hier den Schwerpunkt setzt. Die CDU/CSU und die Grünen offensichtlich noch nicht.

     

    Wenn der Wähler dann aber entschieden hat, ist das Hauptkriterium der SPD für eine Koalitionsbildung nicht etwa die größtmögliche Gemeinsamkeit dieser Konzepte sondern die Haltung zur NATO und zu UN-Kampfeinsätzen, die die Mehrzahl der Bürger nur am Rand interessiert.

  • Mal ab von diesem Fotto du carnaval -

    Aus der Bütt der SPezialDemokraten!

    Mal ganz ohne klammheimliche Freude!

    Thomas Opps. - is scheint's genauso derbplatt -

    Zonenrandgeschädigt - Wie Siggi-Plopp!

    "Jeder kann dazu lernen!" Schön wärs! &

    Da kannse beie SPD aber lange auf warten!

    Dreist wie die - die Würseler Printe vorweg -

    Dumdreist ihre Ladenhüter anpreisen'

    kurz - Wenn der Adrenalintank absehbar leer ist!

    "Heulen & Zähneklappern!" hatte ja schon einst -

    Onkel Herbert Wehner - mal für die Stunde der

    Wahrheit vorausgesagt - & recht behalten!

  • Ah ja. Am Ende der Legislatur möchte her Oppermann dann doch noch Punkte des Koalitionsvertrags durchsetzen. Klar! Ist doch kein Problem für die CDU, ihrer Klientel richtig schön ins Gesicht zu schlagen - direkt vor der Wahl.

    Der zweite Abschnitt des Interviews ist einfach nur ein Armutszeugnis für eine an der Regierung beteiligte Partei.