SPD-Parteitag: Gerangel um die Plätze

Für den linken Vordenker Björn Böhning kann der Traum vom Bundestagsmandat schon am Sonntag vorbei sein.

Will nun auch ins Rampenlicht: Björn Böhning Bild: AP

Kontroverse Debatten werden zur geplanten Verlängerung der A 100 von Neukölln zum Treptower Park erwartet. Auch die Antragskommission war sich uneinig. Sie empfahl dennoch, die Autobahn nicht zu bauen.

Außerdem debattieren die Delegierten neben der Landesliste für den Bundestag über die Bildungspolitik. In einem Antrag werden inhaltliche, personelle und finanzielle Maßnahmen zum Ziel "Bildung durch Integration" gefordert. Selbstkritisch wird vermerkt, es sei nicht gelungen, die "soziale Spreizung" bei Kindern aus sozial schwachen und Zuwandererfamilien zu beseitigen. DPA

Die Zeit vor dem SPD-Parteitag ist die Zeit vieler Telefonate und Absprachen. Denn auch wenn am Sonntag Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier die Berliner Sozis auf den Wahlkampf einschwört - richtig spannend wird es bei der Entscheidung über die Landesliste für die Bundestagsmandate. Die zentrale Frage ist: Wer unterstützt wen um welchen Preis? Denn um ein bis zwei sichere Plätze streiten sich möglicherweise drei namhafte Bewerber.

Die Landesliste, das ist die letzte Hoffnung für jene, die wenig oder gar keine Hoffnung auf ein Direktmandat haben. Über sie schicken die Parteien weitere Abgeordnete in den Bundestag, wenn sie mehr Mandate über die Zweitstimme als Wahlkreise über die Erststimme gewinnen.

Björn Böhning, die linke Hand von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), gehört zu den SPD-Kandidaten, die einzig auf die Liste hoffen können. In seinem Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg hat er keine Chance gegen den Grünen Hans-Christian Ströbele, der dort 2005 mit über 20 Prozentpunkten gewann.

Üblicherweise tut sich ein namhafter Politiker - Böhning ist auf Bundesebene Sprecher der SPD-Linken - eine solch aussichtslose Sache nicht freiwillig an. Offenbar aber wollte die SPD im bundesweit einzigen grünen Wahlkreis, der viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird, prominent vertreten sein.

Fraglich ist nur, ob Böhning für den aussichtslosen Wahlkampf mit einem Platz auf der Landesliste entschädigt wird. Denn in Berlin gewinnt die SPD traditionell viele Wahlkreise direkt, über die Landesliste zog bei den vergangenen Wahlen nur ein Kandidat in den Bundestag, 2002 sogar gar keiner.

Dieses Mal ist zwar von ein bis zwei Listenmandaten auszugehen. Dumm für Böhning ist aber, dass noch zwei weitere SPD-Größen in unsicheren Wahlkreisen kandidieren: Wenn auch der frühere SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter und SPD-Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel sicher in den Bundestag wollen, brauchen auch sie einen guten Listenplatz.

Dabei geht es gar nicht mal um Platz eins oder zwei. Dafür sind Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse und die Abgeordnete Petra Merkel aus Charlottenburg-Wilmersdorf vorgeschlagen. Die sind angesichts ihres großen Vorsprungs von 2005 so gut wie wiedergewählt. Das Gleiche gilt für die Plätze drei und vier. Nach jüngstem Stand werden sich Benneter und Böhning wohl um Platz fünf streiten. Benneters eigener Kreisverband Steglitz-Zehlendorf hat ihn sogar für Platz drei nominiert.

Bei den bisherigen Vorschlägen fehlt eine Nominierung für Wasserhövel, seit vielen Jahren engster Mitarbeiter von SPD-Chef Franz Müntefering. Der will sich die Entscheidung offensichtlich bis Sonntag offenhalten. Als Quereinsteiger in die Berliner SPD müsste er es auf einen Konflikt mit den lokalen Größen Böhning und Benneter ankommen lassen, denn drei sichere Listenplätze erscheinen unrealistisch.

Ein Verzicht auf einen Listenplatz könnte aber auch ein strategisches Manöver von Wasserhövel sein. "Wenn ihr mich im Bundestag sehen wollt, müsst ihr mich direkt wählen, anders als meinen Gegenkandidaten", könnte er in seinem Wahlkreis Treptow-Köpenick argumentieren. Denn dieser Gegenkandidat heißt Gregor Gysi und ist als Spitzenkandidat der Linkspartei über die Landesliste seiner Partei sicher erneut im Parlament.

Die SPD-Frauen wollen beim Parteitag das sogenannte Reißverschlussverfahren durchsetzen. Bei diesem seit vielen Jahren diskutierten Verfahren würde auf jedem zweiten Platz eine Frau antreten. Der einflussreiche linke Parteiflügel, organisiert als "Berliner Linke", hat diese Forderung bereits abgelehnt.

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