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SPD-BeschlüsseSkeptische Sympathie der Grünen

Die SPD-Beschlüsse seien "ein Versprechen", findet Grünen-Chef Bütikofer. Doch setze die SPD bei ihrer Sozialpolitik noch die falschen Schwerpunkte.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer: "Einer der Verlierer dieses SPD-Parteitags ist Oskar" Bild: dpa

BERLIN taz Nach ihren Parteitagsbeschlüssen vom Wochenende hat die SPD freundliche Reaktionen von ihrem Koalitionspartner bekommen - allerdings nicht vom aktuellen, sondern vom Ex- Partner Bündnis 90/Grüne. Während die Union den angeblichen "Linksruck" der Sozialdemokraten scharf kritisierte - CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sprach von einem Rückfall der SPD ins "Steinzeitalter" des Sozialismus -, bewertete Grünen-Chef Reinhard Bütikofer die Beschlüsse der Sozialdemokraten überwiegend wohlwollend.

Seine Äußerungen lassen sich so zusammenfassen: Die Grünen begleiten die Entwicklung der SPD mit skeptischer Sympathie. So sei das Ja der SPD zum Tempolimit richtig, sagte Bütikofer, aber "ich weiß nicht, ob sies diesmal ernst meint". Die Beschlüsse zur Bahnreform interpretierte der Grünen-Chef als Schlussstrich unter die Privatisierungspläne, was er begrüße. Aber nicht nur die "Privatisierungsideologen" der Regierung hätten verloren. Das wichtigste Ergebnis des Parteitags sei, dass sich die SPD entschieden habe, die "linke Kraft" in Deutschland sein zu wollen und das nicht der Linkspartei zu überlassen, sagte Bütikofer. Diese Ansage habe noch wenig mit praktischer Politik zu tun, sie sei "zunächst einmal ein Anspruch - man kann auch sagen: ein Versprechen".

Die SPD habe sich aus ihrer "Schockstarre" befreit und sei nun erstmals seit der Ära Schröder bereit, über Änderungen in der Sozialpolitik zu diskutieren, so Bütikofer. Mit dieser neuen Haltung und mit ihrer "neuen Aufstellung" könne es der SPD gelingen, den Aufwärtstrend der Linkspartei zu stoppen: "Einer der Verlierer dieses SPD-Parteitags ist Oskar aus dem Saarland."

Bütikofer kritisierte jedoch, dass die SPD bei ihrer Sozialpolitik noch die falschen Schwerpunkte setze: Nicht die von SPD-Chef Kurt Beck angestrebte Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für Ältere sei jetzt sinnvoll, sondern der Schutz privater Altersvorsorge für Hartz-IV-Empfänger und eine Erhöhung des Regelsatzes beim Arbeitslosengeld II von momentan 347 auf 420 Euro. Die Grünen wollen auf ihrem Parteitag Ende November entsprechende Vorschläge beschließen. Der Leitantrag, in dem sich der Grünen-Vorstand für eine "bedarfsorientierte Grundsicherung" ausspricht, soll in dieser Woche vorgestellt werden.

Im Streit um den Mindestlohn für Briefträger stellte sich Bütikofer ganz klar auf die Seite der SPD: "Ich hielte es für einen schäbigen Wortbruch, wenn die Union versuchen sollte, das zu verhindern."

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