SCHWEINEGRIPPE: Impfen mit hohem Risiko
Bremen hat 400.000 Impfdosen bestellt - ein großes Programm zur Förderung der Arzneimittelkonzerne, kritisiert die Finanzsenatorin Karoline Linnert
Die Bremer Impfaktion gegen die Schweinegrippe soll am 26. Oktober beginnen. Den Ablauf hat die Gesundheitsbehörde am Freitag vorgestellt. In welchem Umfang geimpft wird, ist allerdings noch unklar.
Einen "Sonderweg" wird es für Schwangere geben, erklärte Matthias Gruhl, zuständiger Abteilungsleiter beim Gesundheitsressort. Schwangere sind zwar durch die Schweinegrippe besonders gefährdet, die Risiken der bestellten Impfstoffe für sie sind allerdings wenig untersucht. "Die Stoffe sind formal zugelassen", sagte Gruhl, "wegen des ungeklärten Restrisikos sind sie aus unserer Sicht für Schwangere aber nicht geeignet." Verhandlungen über die Lieferung eines anderen, für Schwangere weniger riskanten Impfstoffes liefen. Bis Ende des Jahres rechne man mit einer Klärung. Vorher, so Gruhl, werde man Schwangere nur impfen, die durch chronische Erkrankungen zusätzlich gefährdet seien.
400.000 Impfdosen hat Bremen bestellt. "Unklar ist, wer sich überhaupt impfen lassen wird", sagte Frank Stümpel, Leiter des Bremer Gesundheitsamts. Das Gesundheitsamt sei gerüstet, um täglich bis zu 1.000 Menschen zu impfen.
Die Meinungen über die Impfung sind indes geteilt. Für den Geschäftsführer des Klinikverbunds Gesundheit Nord, Diethelm Hansen, gibt es etwa "überhaupt keinen Grund", sich nicht impfen zu lassen - auch wenn die Krankheit in Deutschland meist milde verläuft. Seine Impfbereitschaft ist für Hansen vielmehr ein "gutes Signal". Schließlich seien seine Mitarbeiter aufgefordert, sich ebenfalls impfen zu lassen. Auch eine hohe Beteiligung der Bevölkerung unterstütze er, so Hansen.
"Die Impfstoffe sind mir suspekt", sagt dagegen Günther Egidi, Allgemeinmediziner und Vorsitzender der Bremer Akademie für hausärztliche Fortbildung. Die Wirkverstärker der bestellten Impfstoffe seien entweder nicht ausreichend getestet oder nachweislich schädlich. "Die Impfung schadet mehr als sie nutzt", sagt Egidi. Patienten reagierten in der Regel verhalten: "Spätesten wenn sie hören, dass die Bundeswehr mit einem Stoff ohne Verstärker impft, ist bei den meisten Leuten Schluss."
Auch Bürgermeisterin Karoline Linnert (Grüne) wird sich nicht impfen lassen. "Alle Impfungen haben Nebenwirkungen, es gibt aber keinerlei Risikofolgen-Abschätzung", sagt sie. "Das ist wissenschaftlich gesehen völlig unseriös." Sie kritisiert auch die Lieferverträge mit den Impfstoffherstellern. "Alle Indizien sprechen, dafür, dass es sich um einen Coup handelt, dem Staat zur Förderung von Novartis viel Geld abzunehmen", so Linnert. Bremen hat direkte Verträge mit zwei Pharmakonzernen. Der Vertrag mit dem Hersteller "GlaxoSmithKline" stammt noch aus Zeiten, in denen man sich gegen eine mögliche Vogelgrippe-Pandemie rüstete.
Auf die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe wirkt das "eher wie eine Wirtschaftsförderungsmaßnahme, nicht wie eine Maßnahme zum Menschenschutz". Lässt Hauffe sich impfen? "Natürlich nicht". Ein klares "Nein" lässt auch Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) ausrichten - mehr will er dazu nicht sagen.
Auch bei der Gesundheitsbehörde gibt man sich verhalten. Der Leiter der Abteilung Infektionsepidemiologie beim Gesundheitsamt, Werner Wunderle, hatte bereits vor Wochen bei einer Informationsveranstaltung für Ärzte erklärt, er werde sich erst eine Woche nach dem Start der Massenimpfung pieksen lassen - wenn alles ohne Komplikationen verläuft.
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