SANKTIONEN GEGEN AUSPLÜNDERER DES KONGO SIND DER FALSCHE WEG: Rohstoffe und Denkfehler
Nach ihren Untersuchungen zum Diamantenhandel der Unita-Rebellen in Angola im vergangenen Jahr hat die UNO einen weiteren Bericht über die Beziehung zwischen Krieg und Rohstoffausbeutung in Afrika vorgelegt – jetzt über die Demokratische Republik Kongo. Mit einigen Aussagen trifft die UNO ins Schwarze, etwa wenn sie die Ausbeutung des Kongo durch ausländische Armeen „systematisch“ nennt und darauf hinweist, dass der Kongo-Krieg allen Parteien nützt. Lobenswert ist, dass hier investigative Arbeit geleistet wurde.
Der Bericht weist jedoch in den politischen Schlussfolgerungen erhebliche Schwächen auf – angefangen mit dem Begriff der „illegalen Ausbeutung“. So schlimm die beschriebenen Geschäfte sind – es gibt bislang keinen Beschluss der internationalen Gemeinschaft, der sie verbietet. Kongos Rebellen stehen unter keinem Embargo. Sollten also die Regierungen Deutschlands, Belgiens oder der USA versuchen, gemäß den Empfehlungen des Berichts Guthaben ihrer im Osten Kongos aktiven Firmen zu beschlagnahmen, könnten deren Anwälte mühelos dagegen vorgehen.
Auch die Sanktionen, die der UN-Bericht vorschlägt, sind fragwürdig. Sie lassen Kongos Regierung und deren Unterstützer Angola, Simbabwe und Namibia ungeschoren und richten sich ausschließlich gegen Kongos Rebellen und deren Unterstützer Ruanda, Uganda und Burundi. Aber man kann nicht wegen der Ausplünderung des Kongo durch Uganda und Ruanda alle Mineralienexporte dieser Länder verbieten. Uganda produziert eigenes Gold und Tantal, Ruanda produziert Kassiterit – den Rohstoff, aus dem Zinn gewonnen wird.
Sollte der Sicherheitsrat den Empfehlungen des Berichts folgen und Auslandsguthaben der kongolesischen Rebellen einfrieren sowie ein Waffenembargo gegen sie verhängen, würde er das fragile Gleichgewicht zwischen den Kriegsparteien zerstören, auf dem der jetzige von UN-Blauhelmen überwachte Friedensprozess aufbaut. Kongos Rebellen hätten keinerlei Grund mehr, mit der UN-Mission auf ihrem Gebiet zusammenzuarbeiten.
Schon der UN-Untersuchung des Diamantenhandels der Unita in Angola lag die irrige Auffassung zugrunde, nur eine Seite sei schuldig und nur der Rohstoffhandel befördere den Krieg. Der neue Bericht macht denselben Denkfehler. In Wahrheit bekämpft jede Regierung in der Region Rebellenbewegungen im eigenen Land und unterstützt wiederum Rebellen in anderen Staaten der Region. Und um den Rohstoffhandel in Zentralafrika zu ordnen, wären Bedingungen von Rechtsstaatlichkeit und guter Regierungsführung nötig, die in keinem dieser Länder derzeit vorhanden sind.
FRANÇOIS MISSER
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