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Russischer Einfluss in ZentralafrikaMoskau setzt sich in Bangui fest

Russland und die zentralafrikanische Republik unterzeichnen ein Militärabkommen. Präsident Touadéra sieht sich im Aufwind.

Hier rollen bald auch die Russen. Französisches Militär in Bangui 2014 Foto: reuters

Berlin taz | Die Regierung der Zentralafrikanischen Republik bindet sich immer stärker an Russland. Am Dienstag unterzeichneten die Verteidigungsminister beider Länder im Rahmen einer Militärmesse bei Moskau ein Verteidigungsabkommen, das die in den vergangenen Monaten aufgeblühte militärische Rolle Russlands in Zentralafrika festschreibt. Wichtigster Bestandteil des unveröffentlichten Abkommens ist Berichten zufolge die Ausbildung zentralafrikanischer Soldaten in „russischen Militärschulen“.

Die Zentralafrikanische Republik sei „ein vielversprechender Partner auf dem afrikanischen Kontinent“, wird Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu zitiert. Das bezieht sich vor allem auf den Mineralienreichtum des rohstoffreichen und weitgehend unerschlossenen Landes sowie auf die Schwäche des zentralafrikanischen Staates, der ausländischen Freunden weitgehend freie Hand lässt.

Hatte jahrzehntelang die alte Kolonialmacht Frankreich das letzte Wort in der zentralafrikanischen Politik und die faktische Hoheit über das Militär, kommt jetzt Russland als Konkurrenz ins Spiel: Russen sind in der Garde des Präsidenten Faustin Touadéra tätig, russische Militärausbilder arbeiten im ehemaligen zentralafrikanischen Kaiserpalast Berengo und Eliteeinheiten der im Aufbau befindlichen zentralafrikanischen Regierungsarmee benutzen russische Ausrüstung.

Nicht nur russische Militärangehörige sind aktiv, sondern auch Mitarbeiter der lokalen Filiale der privaten russischen Sicherheitsfirma Wagner. Bei Recherchen zu deren Rolle waren vor wenigen Wochen drei russische Journalisten getötet worden. Nach zentralafrikanischen Berichten sind auch russische Scharfschützen und Spezialkommandos präsent.

Konkurrenz zu Frankreich

Touadéra geht es vor allem darum, nicht von Frankreich und dessen Verbündeten Tschad abhängig zu sein, um die Kontrolle des Staates über das Staatsgebiet herzustellen. Die Autorität der Regierung erstreckt sich nicht viel weiter als über die Hauptstadt Bangui und die wichtigsten Fernstraßen und Städte im Umkreis von rund 200 Kilometern. Im Nordosten des Landes herrschen muslimische Rebellengruppen, die 2013/2014 kurzzeitig in der Allianz Séléka auch in Bangui regiert hatten. Im Westen und Südosten sind vielerorts antimuslimische christliche Milizen aktiv.

In einer Rede anlässlich des Abschlusses eines EU-Ausbildungsprogramms für Zentralafrikas Armee hatte Präsident Touadéra am 9. August die Anwesenheit von Partnern „jenseits der EU“ an der Seite seiner Streitkräfte betont und Russland an erster Stelle genannt. Die EU hatte eigentlich Ende Juli die Ausweitung ihrer Ausbildungsmission beschlossen, aber in Touadéras Rede klang es, als gehe diese zu Ende.

Der Präsident kündigte außerdem die Stationierung der Armee im gesamten Land an und rief bewaffnete Gruppen zur Demobilisierung auf – als Teil eines Dialogprozesses. Zudem ernannte er einen neuen Generalstabschef, Oberst Zéphirin Mamadou, und schickte Militär nach Sibut, nördlich von Bangui, wo das Séléka-Territorium beginnt.

Eine Koalition von ehemals zu Séléka gehörenden Rebellen veröffentlichte daraufhin eine lange Liste von Bedingungen für einen Dialog, von denen einige als „nicht verhandelbar“ bezeichnet werden, etwa das Ende der militärischen Zusammenarbeit mit Russland.

So wird Russlands Militärpräsenz in Zentralafrika nun Teil der inneren Konflikte des Landes. Banguis Zeitungen begrüßten am Mittwoch das neue Abkommen. Die neue zentralafrikanisch-russische Partnerschaft „hat den französischen Mythos gebrochen“, freute sich das Blatt Le Confident.

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5 Kommentare

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  • Sobald Amerikaner und Franzosen abziehen kommen Russen und Chinesen und übernehmen die Kolonialherrschaft, die Einflussgebiete. Das kann nur schlechter werden, weil unter französischem und amerikanischem Einfluss Pressefreiheit, juristische Klagewege und politische Kritik möglich waren und sind, seit den 50er Jahren. Unter dem Kreml nicht.

    • @nzuli sana:

      Ja, das waren noch Zeiten, als sich die Bevölkerung unter französischer Herrschaft juristischer Klagewege und politischer Kritik widmen konnte. Man nannte dies auch "Französische Doktrin":



      Sie umfasst (lt. Wikipedia) unter anderem die meist geheim ausgeführte massenhafte Verhaftung, systematische Folter und illegale Tötung von verdächtigen Personen, das so genannte „Verschwindenlassen“.



      de.wikipedia.org/w...3%B6sische_Doktrin

      Die Bevölkerungen vieler Staaten in Lateinamerika sehnt sich nach jener Zeit zurück, in der ihr Sicherheitspersonal und auch der eine oder andere Staatsführer ihre Lektion in Sachen Menschenrechte noch an der "School of the Americas" lernen durfte.



      Die "Operation Condor" forderte 50.000 Tote. Allein in Argentinien sind 30.000 verschwunden, mit freundlicher Unterstützung der USA.



      de.wikipedia.org/wiki/Operation_Condor

      Wie selbst Sie sehen können, müssen die Russen wie auch die Chinesen in ihren neuen Einflußgebieten noch massive Anstrengungen unternehmen um ihren Vorgängern das Wasser reichen zu können.

      • @peterdermueller:

        Nein, ich meine die Gegenwart, nicht die Geschichte.

        • @nzuli sana:

          Ich meine die selbe Gegenwart wie Sie: "seit den 50er Jahren".



          Lesen Sie ihren eigenen Post.