Russischer Angriff auf Zivilisten: Neue Terrorwelle gegen die Ukraine
Russische Raketen töten zwei Dutzend ukrainische Zivilisten. Präsident Selenski droht mit Vergeltung. Putin will russische Armee aufstocken.
Es war einer der tragischsten Tage dieses Krieges. 25 Menschen, darunter auch zwei Kinder im Alter von sechs und elf Jahren, sind beim mehrfachen Beschuss auf das Dorf Chaplino unweit der Stadt Dnipro am 24. August durch russische Raketen getötet worden, wie am Donnerstag bekannt wurde. 31 weitere Personen seien verletzt worden, sagte der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko.
Das russische Verteidigungsministerium bestätigte den Beschuss von Chaplino. Russischen Angaben zufolge waren die Opfer 200 ukrainische Soldaten, die auf dem Weg in den Donbass gewesen wären. Der Beschuss von Chaplino war einer der tödlichsten seit Beginn des Krieges.
US-Außenminister Anthony Blinken erklärte, die Angriffe auf Chaplino fügten sich in das „Bild der Gräueltaten“ in der Ukraine ein. Präsident Selenski erklärte, dass sich Russland dafür noch zu verantworten habe. Sein Berater Oleksiy Arestowitsch kündigte außerdem an, dass die Ukraine in den kommenden Tagen auf den Beschuss von Chaplino reagieren werde. Die Zeiten, in denen Russland 100 bis 150 Raketen auf die Ukrainer abgeworfen habe, ohne eine Antwort zu fürchten, weil man nicht habe reagieren können, seien vorbei, so Arestowitsch.
189-mal hatten am Unabhängigkeitstag die Sirenen in der ganzen Ukraine geheult. So häufig wie nie zuvor in diesem Krieg, merkte der Telegram-Kanal Air Alert Karte an.
Angriffe im ganzen Land
Chaplino war nicht der einzige Ort im Gebiet Dnepropetrowsk, in dem am ukrainischen Unabhängigkeitstag russische Raketen niedergegangen waren. Die Russen haben in der Nacht auf Mittwoch vier Bezirke in der Region angegriffen. Dabei wurden acht Menschen verletzt, darunter drei Kinder, wie der Gouverneur der Region, Valentyn Reznichenko, mitteilte.
Aber auch das Gebiet Kiew wurde erstmals wieder seit längerer Zeit beschossen. Zwei Raketen gingen am Morgen in der Nähe von Wyschgorod nieder.
Im Bezirk Nikopol wurden drei Beschüsse durch Granaten und schwere Artillerie registriert. Beschossen worden sind auch Nikopol und die Gemeinde Marganets.
Insgesamt sind am 24. August 58 Ortschaften beschossen worden, sagte der stellvertretende ukrainische Innenminister Jewhen Jenin.
Putin will größer werden
Derweil ordnete Kremlchef Wladimir Putin die Vergrößerung der russischen Armee an. Ab 2023 soll die Armeestärke insgesamt mehr als zwei Millionen Menschen umfassen, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Dekret hervorgeht. Konkret erhöht werden soll die Zahl der bewaffneten Kräfte – dazu zählen sowohl Vertragssoldaten als auch Wehrdienstleistende – um 137.000 auf rund 1,15 Millionen. Bei den restlichen Militärangehörigen handelt es sich um sogenanntes Zivilpersonal, also zum Beispiel Verwaltungsangestellte.
Eine offizielle Begründung für die Vergrößerung wurde nicht genannt. Das letzte Mal aufstocken ließ Putin die russischen Streitkräfte im Jahr 2017.
Unterdessen gehen die Repressalien gegen Gegner des Kriegs in Russland weiter. Nach der gestrigen Verhaftung des ehemaligen Bürgermeisters von Jekaterinburg Jewgeni Roisman wurde heute bekannt, dass ein Unbekannter den russischen Menschenrechtler und Kriegsgegner Igor Kalyapin mit einem Glassplitter angegriffen habe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“