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Russische Offensive in der UkraineHeftige Angriffe in der Nacht

Vor dem Jahrestag des Angriffskriegs auf die Ukraine nimmt die Gewalt von russischer Seite zu. Auf einem Friedhof wurden frische Gräber entdeckt.

Kampfhandlungen in der Nähe der belarussischen Grenze Foto: Gleb Garanich/reuters

Berlin taz | Eine Woche vor dem Jahrestag von Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 machen sich die Ukrai­ne­r*in­nen auf das Schlimmste gefasst: Innerhalb von nur wenigen Stunden heulten am Donnerstag landesweit Sirenen, um vor weiteren Luftangriffen zu warnen.

Nach Angaben der ukrainischen Marine, die das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Pravda (UP) zitiert, befänden sich derzeit auch sieben feindliche Schiffe im Schwarzen Meer im Kampfeinsatz. Zwei davon trügen Kalibr-Marschflugkörper mit jeweils einer Schlagkraft von 16 Raketen.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hatten, begleitet von Luftalarm, mehrere ukrainische Städte und Regionen unter russischem Dauerbeschuss gelegen. Das ukrainische Militär sprach von 36 Raketenangriffen, 16 davon habe die ukrainische Luftabwehr abgeschossen. Ziel der Angriffe waren der Norden und Süden der Ukraine sowie die Regionen Dnipropetrowsk und Kirovohrad. Das teilte der Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung Andriy Jermak auf seinem Telegram-Kanal mit.

Bei den Angriffen kamen auch russische Raketen vom Typ X-22 zum Einsatz. Einige dieser Marschflugkörper hätten ihre Ziele erreicht und kritische Infrastruktur zerstört. Derzeit habe die ukrainische Seite keine Waffen, um diese Art von Waffen zu zerstören, hieß es in einer Pressemitteilung der ukrainischen Streitkräfte. Die X-22-Raketen stammen zum Großteil noch aus sowjetischer Produktion. Sie waren auch bei dem russischen Angriff auf die Großstadt Dnipro im vergangenen Januar eingesetzt worden. Dabei waren 50 Menschen getötet worden.

42 frische Gräber wurden entdeckt

Unterdessen nahmen die Kämpfe in der Ost­ukraine an Intensität zu. In der Region Donezk wurden 6 Zivilisten getötet und 13 verletzt. Moskauer Angaben zufolge hätten russische Truppen in der Region Luhansk zwei ukrainische Verteidigungslinien durchbrochen und die Ukrainer drei Kilometer zurückgedrängt.

Einem Bericht des russischen Dienstes der BBC zufolge hätten Einwohner von Luhansk auf einem Friedhof 42 frische Gräber entdeckt. Die Toten, die als vermisst galten, sollen für die Söldnertruppe Wagner in der Ukraine gekämpft haben. „Wir wissen überhaupt nichts. Mein Kind wurde in fremder Erde begraben, das ist schrecklich. Ich will meinen Sohn in der Nähe haben. Wenn er schon nicht lebend zurückkehrt, sollen sie wenigstens seine Leiche übergeben“, wird eine Mutter zitiert.

Unterdessen hat der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko angekündigt, an der Seite Russlands in den Krieg gegen die Ukraine eintreten zu wollen, jedoch nur dann, wenn Belarus direkt angegriffen beziehungsweise ein Soldat seinen Fuß auf belarussisches Territorium setzen werde. „Wenn sie eine Aggression gegen Belarus starten, wird die Antwort hart sein und der Krieg einen ganz anderen Charakter annehmen“, zitiert UP Lukaschenko.

Alles, um die Verteidigungskräfte abzulenken

Für den Krieg sei der Westen verantwortlich, der die Ukraine mit „polnischen Händen auseinanderreißen“ wolle, so Lukaschenko. Offiziell ist Belarus nicht an dem Krieg gegen die Ukraine beteiligt, stellt Russland jedoch sein Territorium sowie Logistik zur Verfügung. Bereits in den ersten Kriegstagen hatten russische Truppen die Ukraine auch von Belarus aus angegriffen.

Mit Provokationen von belarussischer Seite sei zu rechen, heißt es auf der ukrainischen Nachrichtenseite focus.ua; entweder in Form eines vermeintlichen Grenzübertritts oder durch erneuten Beschuss der Ukraine. Alles, um die ukrainischen Verteidigungskräfte abzulenken.

Der Krieg ist in Belarus extrem unpopulär. Immer wieder ist es zu Sabotageakten gegen das Eisenbahnnetz gekommen, um russischen Truppen den Nachschub abzuschneiden.

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