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Russische Angriffe in der WestukraineLuftalarm und Stille in Luzk

Nach Raketeneinschlägen aus Russland sind im Westen der Ukraine drei Menschen gestorben. Marschflugkörper trafen eine schwedische Fabrik.

Rettungsarbeiten in Lwiw am 15. August Foto: Roman Baluk/reuters

Luzk taz | In der westukrainischen Stadt Luzk ist es am Dienstagmorgen ungewöhnlich ruhig, es gibt keine Staus. Die Menschen haben eine höllische Nacht hinter sich. Ab vier Uhr morgens herrscht Luftalarm. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Viele Luz­ke­r*in­nen verfolgen die Berichte der Luftwaffe, die seit Kurzem online über die Flugrichtung russischer Raketen informiert.

In dieser Nacht ändern die Raketen erneut mehrmals ihre Flugbahn, doch der schwerste Schlag trifft den Westen der Ukraine. Die Russen feuern Raketen von 17 Langstreckenflugzeugen ab, die in abgelegenen Regio­nen Russlands stationiert sind. Vier weitere Marschflugkörper vom Typ Kaliber werden vom Schwarzen Meer – der Region Jalta auf der besetzten Krim – auf die Ukraine abgeschossen.

Kurz nach fünf Uhr morgens sind in Luzk zwei Explosionen zu hören. Ein paar Minuten später steigt vom Süden her schwarzer Rauch auf. Dieser verzieht sich schnell, der Brand an der Explosionsstelle wird gelöscht und die Behörden verkünden das Ende des Luftalarms. In Luzk heulen jetzt Sirenen von Krankenwagen und Rettungsfahrzeugen.

Kurz darauf werden im Internet russische Angriffe nicht nur auf Luzk, sondern auch am Fluss Dnipro, auf Lwiw, die Stadt Smila in der Region Tscherkasska und auf Saporischschja gemeldet. Fast alle Regionen der Ukraine sind in dieser Nacht Ziel russischer Raketen. Die Luftverteidigung schießt nach eigenen Angaben 16 von 28 Marschflugkörpern ab. In Luzk wird die Werkhalle eines Industriebetriebes getroffen. Er ist nur rund 500 Meter von einem der größten Wohnviertel der Stadt entfernt.

Russische Raketen im ganzen Land

Bei der Fabrik handelt sich um Anlagen des des schwedischen Wälzlager-Herstellers SKF. Das Unternehmen beschäftigt in der Ukraine nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters 1.100 Menschen, die meisten davon in Luzk. Die Raketen töten drei Arbeiter, vier werden verletzt. Es gibt einen großen Luftschutzkeller im Werk, aber nicht alle haben es rechtzeitig dorthin geschafft. Die Getöteten waren 28, 52 und 55 Jahre alt.

In der Region Lwiw, ebenfalls im Westen der Ukraine, schlagen sechs russische Raketen ein. Es gibt keine Toten, 15 Menschen werden durch Splitter von Fensterscheiben verletzt. Knapp 100 Häuser werden beschädigt. In der Stadt Lwiw explodieren Raketen in einem Wohngebiet, dort befindet sich weit und breit kein Industriebetrieb. Eine Rakete trifft das Gelände eines Kindergartens, die oberen Stockwerke mehrerer Wohngebäude fangen Feuer.

Rettungsarbeiten in Luzk am Morgen des 15. August Foto: State Emergency Service of Ukraine/reuters

In einem Supermarkt stürzt die Decke aufgrund herabfallender Raketentrümmer ein. In der Nähe von Lwiw beschädigen Splitter abgeschossener Raketen Dutzende Häuser. Russische Truppen greifen auch den Osten und Süden der Ukrai­ne an. Dort kommen ballistische Raketen vom Typ S-300 und S-400 zum Einsatz, die ukrainische Luftverteidigungssystemen bislang nicht überall unschädlich machen können.

In der ostukrainischen Stadt Dnipro werden eine Fabrik und ein Sportkomplex beschädigt, in dem jeden Tag Kinder trainieren. In der Region Tscherkasska, im Zentrum der Ukraine, gerät die Stadt Smila ins Visier der Russen. Zu den betroffenen Objekten gehört auch das Gelände einer medizinischen Einrichtung. Die Wasser- und Wärmeversorgungsnetze werden ebenfalls beschädigt. In einem Dorf in der Nähe von Saporischschja schlägt eine Rakete in der Turnhalle eines Gymnasiums ein, auch Wohnhäuser und ein Kindergarten werden beschädigt. Im Frontgebiet Kramatorsk wird bei einem russischen Angriff ein Lebensmittellager getroffen. Ein Mensch wird getötet, eine weitere verletzt.

Am Dienstag kommentiert Juri Ignat, Sprecher des Luftwaffenkommandos, die jüngste Angriffswelle. Die Russen hätten Marschflugkörper abgefeuert, die ihren Kurs geändert hätten. „Der Feind programmiert die Routen der Raketen, um die Luftverteidigung in die Irre zu führen“, so Ignat. „Wir sind vorbereitet, brauchen aber zusätzliche Mittel, um mehr Raketen zu zerstören.“

So ertönt am Dienstagnachmittag auch wieder Luftalarm in Luzk. Viel mehr Menschen als in der Nacht laufen zu den Luftschutzkellern.

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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Dieser Artikel untermauert noch einmal eindrucksvoll warum dieser Krieg möglichst schnell auf einem Verhandlungsweg beendet werden sollte.

    Vielleicht sollte man sich Mal auf die vielversprechenden Aussagen von Selenskis Chefunterhändler Arakhamia zurückbesinnen.

    www.rnd.de/politik...G74S2VJ2LFUUM.html

    Es gibt bei Verhandlungen nie ErfolgsGarantien und vermutlich sind die Konditionen über die in diesem Jahr gesprochen werden könnten auch ungünstiger als letztes Jahr, aber vielleicht sollte man das nächste sich bietende Fenster besser nutzen. Schade, dass der Einfluss von Leuten wie Arakhamia in Zusammenhang mit den schlimmen Verbrechen in Butscha so gesunken ist.



    Natürlich wird es keine Lösung zum jetzigen Zeitpunkt mehr geben können ohne Waffenlieferungen an die Ukraine, aber die Prioritäten sollten verschoben werden.

    Meiner Meinungen sollten die moderaten Stimmen in der Ukraine mehr vom Westen gestärkt werden. Mir scheint das erfolgsversprechender als eine militärische Lösung (auch wenn die Ukraine dazu natürlich das Recht hat).

    • @Alexander Schulz:

      Stimme Ihnen voll zu.



      Es ist noch nicht so lange her, dass wir in Deutschland gefordert haben: "Frieden schaffen ohne Waffen!"



      Jeder einzelne Mensch, der/die als Soldat zwangsrekrutiert sein Leben und seine Unversehrtheit riskiert (egal welcher Nation!), hat das Recht, das endlich das Töten und Zerfetzen aufhört.



      Scheiß auf das Land, das man abgibt oder hinzugewinnt! Leben tun die meisten Menschen nur einmal.

    • @Alexander Schulz:

      die russische Sicht auf Verhandlungen: www.fr.de/politik/...echt-92456777.html

      • @Machiavelli:

        "Medwedew drängt Ukraine: „Kapitulation könnte Weg zum Frieden ebnen“"



        Spannend.



        Wer unter dieser Voraussetzung Verhandlungen haben will, will keine Verhandlungen.

        • @Encantado:

          Ihre und auch die Position von Machiavelli spiegeln leider gut die Haltungen vieler westlicher Politiker wieder, die seit Kriegsbeginn kein Interesse daran hatten moderate Stimmen in der Ukraine wie die von Selenskis Chefunterhändler Arakhamia zu unterstützen.

          • @Alexander Schulz:

            Was hätte das Ihrer Ansicht nach bedeuten sollen, solch eine Unterstützung?



            Soweit ich weiß, waren bei den Verhandlungen keine westlichen Delegationen dabei.



            Und die Nicht-Verlängerung des Getreideabkommens haben die Russen auch ganz alleine hinbekommen.



            Was wäre denn Ihr konkreter Ansatz? Sie bleiben da im Ungefähren.

            • @Encantado:

              Sie haben ja oben erwähnte Aussagen vom 31.3 von Selenskis Chefunterhändler gelesen. Es bestand also die realistische Möglichkeit auf eine Einigung (warum sollte die ukrainisch Delegation hier nicht die Wahrheit sagen).



              Einen Tag später wurden die schlimmen Verbrechen in Butscha bekannt. Natürlich ist es sehr verständlich, dass moderate Stimmen es danach schwer hatten und sich die Verbrechen negativ auf die Verhandlungen auswirkten



              Der Westen hätte jedoch trotzdem die moderaten Stimmen unterstützen und ermutigen können. Es gibt im Krieg immer Zeitfenster, die sich für Verhandlungen öffnen. Deswegen bleibt zu hoffen, dass man das nächste Fenster besser nutzt.



              Mein Ansatz bleibt nicht im Ungefähren (bitte Aussagen von Arakhamia durchlesen, die ich damals für unterstützenswert hielt). Mein jetziger Ansatz ist nachwievor das nächste Fenster besser nutzen und die moderaten Stimmen unterstützen.

          • @Alexander Schulz:

            Erstmal muss die ukrainische Armee so gestärkt werden das Russland nicht mehr glaubt gewinnen zu können, dann gibt es vielleicht auf russischer Seite die Bereitschaft zu verhandeln. Vorher brauchen wir keine Stimmen auf ukrainischer Seite zu stärken.

            Und der von ihnen zitierte Artikel stammt aus dem Jahr 2022, im Krieg ist das so aktuell wie ein Artikel aus dem Jahr 1922. Seit dem dem Frühjahr 2022 hat die Ukraine deutlich mehr an russischen Kriegsverbrechen erlebt und ist deutlich verbitterter. Die Bereitschaft zu Kompromissen ist deutlich gesunken.

            • @Machiavelli:

              Die Welt wird immer komplizierter und ich verstehe durchaus das Bedürfnis nach einfachen Lösungsansätzen.



              Trotzdem sollten sie vielleicht Mal in sich gehen und hinterfragen, ob es vernünftig war bisher die moderaten Stimmen zu ignorieren. Stellen sie sich mal vor man hätte schon am Anfang des Krieges Leute wie Arakhamia unterstützt? In einem Krieg gibt es immer wieder Verhandlungsfenster. Die Frage ist jedoch was man daraus macht. Auf eine militärische Lösung (auch wenn die gerecht ist) sollte man nur bei guten Erfolgsaussichten setzen!

              • @Alexander Schulz:

                Ich glaube nicht das es je ein realistisches Verhandlungsfenster geben hat. Putin wird keinem Frieden zustimmen außer er muss. Wie moderat der Mann jetzt noch ist nach dem ganzen russischen Terror ist die Frage. Sie reden von Verhandlungsbereitschaft der Ukraine, Moderate Stimmen da was ist mit Russland? Wie wollen sie Russland überzeugen?

                • @Machiavelli:

                  Sie glauben nicht, dass es ein Verhandlungsfenster gab!? Und das obwohl sich der Chefunterhändler von selenski (siehe Artikel oben) fast schon euphorisch zeigte?



                  Ich verstehe natürlich, dass die Verbrechen in Butscha alles verändert haben, jedoch bezweifle ich, ob man die richtigen Konsequenzen gezogen hat...



                  Auf die Ukraine haben wir mehr Einfluss als auf Russland. Um letzteres müsste man sich natürlich später kümmern.



                  Alternative ist ein Weitermachen wie bisher, wobei die Resultate ja bisher leider verheerend sind!

      • @Machiavelli:

        Nachdem Abbruch der Verhandlungen...

        Vertrauen Sie hier ernsthaft mehr der russischen Sicht als der ukrainischen Sicht??

        Stimmt es Sie denn nach den jetzigen Resultaten und vielen Opfern nicht zumindestens ein wenig skeptisch, dass man nicht versucht hat die moderaten Stimmen in der Ukraine zu stärken?