Run auf Berliner Studentenwohnheime: Kein Zimmer frei
Kurz vor Vorlesungsbeginn vermeldet das Studierendenwerk noch Tausende auf der Warteliste für einen Wohnheimsplatz.
Der Kampf um bezahlbare WG-Zimmer ist hart geworden – das zeigen nun auch Zahlen des Berliner Studierendenwerks kurz vor Beginn der Vorlesungszeit in zehn Tagen. Demnach warten noch 5.400 Studierende auf einen Platz in einem der 33 Wohnheime – damit sei die Warteliste doppelt so lang wie im vergangenen Jahr, sagte Studierendenwerks-Sprecher Jürgen Morgenstern.
Seit Jahren steigen die Studierendenzahlen in Berlin. Auch in diesem Jahr erwarten die Landesstatistiker eine Zunahme um rund 5.000 auf dann 185.000 Studierende – gleichzeitig wird es für viele von ihnen immer schwieriger, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Die Konsequenz: Die billigen Wohnungen des Studierendenwerks, 220 Euro kostet ein möbliertes Zimmer inklusive Internet im Schnitt pro Monat, erleben einen Boom. Selbst am Standort Goerzallee in Zehlendorf beträgt die Wartezeit derzeit ein Semester. Am Wassertorplatz in Kreuzberg sind es mehr als drei.
Zudem blieben die Studierenden länger, sagt Morgensterin: „Wir sind nicht mehr der Notnagel für die ersten Wochen zu Semesterbeginn“, sagt Morgenstern. Die Verweildauer steigt also, die Nachfrage auch: „Bis vor sieben, acht Jahren hatten wir noch Leerstand in unseren Wohnheimen, das gibt es jetzt nicht mehr.“
Die komfortable Situation von damals rächt sich nun allerdings: Rund 1.000 Wohnheimplätze seien seit 2006 abgebaut worden, weil man Mietverträge auf Grund der geringen Auslastung nicht verlängert habe, so Morgenstern.
Die Not erkannt, passiert ist wenig
Zwar hat der Senat die Not erkannt: Bis 2020 sollen 5.000 neue Studentenwohnungen entstehen. Die eine Hälfte soll die der Finanzverwaltung unterstellte Immobiliengesellschaft Berlinovo, die andere Hälfte sollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bereit stellen. Auch das Studierendenwerk soll an zwei Standorten nachverdichten und so bis 2018 weitere 138 Plätze schaffen.
Doch passiert ist zur Halbzeit der bereits 2015 zwischen Senat und Wohnungsbaugesellschaften getroffenen Kooperationsvereinbarung nicht viel: Lediglich die Berlinovo hatte im Juni 129 Appartements mit 141 Plätzen an der Storkower Straße übergeben. Für weitere 880 Plätze in Lichtenberg, Prenzlauer Berg und Pankow soll allerdings noch in diesem Jahr Baubeginn sein.
Bei den Wohnungsbaugesellschaften war die erste Fertigstellung in diesem Quartal angepeilt – die Gewobag plant 500 Wohneinheiten an der Holzmarktstraße. Allerdings waren im Frühjahr noch nicht mal die Vorplanungen vor Baubeginn abgeschlossen. Eine Anfrage zum Thema ließ die Gewobag am Mittwoch unbeantwortet. Von der Gesobau heißt es, man plane derzeit 63 Wohneinheiten an der Nordbahnstraße in Wedding, Baubeginn soll 2018 sein.
Wie viele von den anvisierten 2.500 Plätzen die Wohnungsbaugesellschaften tatsächlich bis 2020 schaffen werden, ist unklar: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung teilte mit, man habe derzeit keinen Überblick über die Baufortschritte.
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