Rüstungsmesse in Paris: Kriegsmaschinen in der Krise
Heute startet die weltgrößte Rüstungs- und Flugzeugmesse in Le Bourget. Viele US-Anbieter bleiben jedoch zu Hause. Dafür feiert Russland ein kleines Comeback.
Wer Flugzeuge für friedliche oder kriegerische Zwecke, Raketen oder Satelliten kaufen will, kommt an Le Bourget nicht vorbei. An diesem Montag eröffnet hier die größte Luftfahrtshow der Welt zum 48. Mal und begeht zugleich ihr 100-jähriges Bestehen. Doch den 2.000 Ausstellern aus 48 Ländern ist wenig nach Feiern zumute. Die Krise hat die Passagierzahlen um 8 Prozent und die Frachtzahlen um 17 Prozent reduziert, und selbst die Militärs sind zurückhaltender beim Anschaffen geworden. Auch beim Kauf von Kampfflugzeugen zeigen sich die Kunden zurückhaltender denn je. Einzig die Raumfahrt, wo keine Turbulenz den Boom der Nachrichtensatelliten zu erschüttern scheint, stimmt die Branche gegenwärtig optimistisch.
Schon vor der Eröffnung der sechs Hallen und des Flughafens von Le Bourget warnten französische Rüstungshersteller vor hochgesteckten Erwartungen. "Wir werden keine neuen Verträge unterzeichnen", sagt Charles Edelstenne, Chef des französischen Konzerns Dassault Aviation, dessen neue Kampfflugzeuge "Rafale" bislang nur Frankreich kauft. Er hofft auf seinen Staatspräsidenten, der erst vor wenigen Tagen eine neue Militärbasis in den Vereinigten Arabischen Emiraten eröffnet hat, die als Schaufenster für französische Rüstungsgüter in der mittelöstlichen Krisenregion funktionieren soll.
Die US-amerikanische Konkurrenz Lockheed hat ihren neuen Kampfflieger "Raptor" erst gar nicht mit nach Le Bourget gebracht. Offenbar hat sich die Entwicklung der Kriegsmaschine verzögert. Und auch der europäische Militärtransporter A400M von EADS, der eigentlich schon vor zwei Jahren über Le Bourget fliegen sollte, glänzt sowohl durch Abwesenheit als auch durch sinkendes Interesse potenzieller Kunden.
Rückläufig ist auch der Markt für kleinere Geschäftsflugzeuge. Der französische Konzern Dassault wird in diesem Jahr statt erwarteter 90 nur maximal 80 "Falcon" ausliefern. Und zwei US-Hersteller, die sich sonst keinen Salon hier entgehen lassen, kommen dieses Mal erst gar nicht: Cessna und Gulfstream.
Erstmals werden dafür auch Aussteller aus fünf bislang nur als Kunden vertretenen Ländern in Le Bourget vertreten sein: Australien, Litauen, Libyen, Mexiko und Tunesien. Interessante Neuheiten suchen die Kenner vor allem an den Ständen von Rüstungsherstellern aus der Ukraine, Indien, Brasilien und Südkorea und Israel.
Ein Comeback auf dem Luftfahrtmarkt feiert dieses Mal Russland, das seine neue Sukhoï-Regionalmaschine "Superjet 100" vorführen wird. Erstmals wird über einer Luftfahrtschau auch eine Drohne fliegen. Die österreichische Firma Schiebel stellt ihren "Camcopter" vor: einen unbemannten Hubschrauber im Miniformat.
Der europäisch-US-amerikanische Zahlenkrieg, der sonst bei jedem "Le Bourget" tobt, wird dieses Mal ausfallen. Sowohl Airbus als auch Boeing haben Absatzprobleme. Nach dem Rekordjahr 2007, bei dem Airbus die Konkurrenz überholt hat, melden dieses Mal beide Seiten Negativzahlen. Airbus, das dieses Jahr 300 Bestellungen anstrebt, hat bis Mai nur 32 Verträge unterzeichnet. Und Boeing, das im laufenden Jahr 10.000 Arbeitsplätze streichen wird, hat im selben Zeitraum zwar 73 feste Bestellungen, aber auch 66 Absagen bekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind