Rüstungsdeal mit der Türkei: Deutsche Panzer rollen nach Syrien
Die Türkei nutzt für ihre Offensive gegen syrische Kurden auch deutsches Kriegsgerät. Und derzeit laufen weitere Aufrüstungsgespräche.
Für die Bundesregierung sind diese Bilder ein Problem. Nicht nur, dass die Panzer aus alten Beständen der Bundeswehr stammen (zwischen 1990 und 2013 bekamen die Türken insgesamt 751 der Fahrzeuge aus der Bundesrepublik geliefert). Sie sind auch Gegenstand aktueller Aufrüstungsgespräche zwischen Berlin, Ankara und dem Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern.
Vor zwei Wochen empfing Außenminister Sigmar Gabriel seinen türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu zu Hause in Goslar. Dabei sprachen die beiden auch über ein schon länger geplantes Rüstungsgeschäft: Die türkische Regierung möchte zunächst 40 ihrer Leopard 2 mit neuer Technik von Rheinmetall ausstatten, die die Panzer besser gegen feindliche Angriffe schützen würden. Wegen der schwierigen deutsch-türkischen Beziehungen verweigerte die Bundesregierung zunächst monatelang die notwendige Genehmigung für das Geschäft. In Goslar, direkt nach seinem Gespräch mit Çavuşoğlu, kündigte Gabriel aber die Kehrtwende an.
Ungewöhnlich offen plauderte der Außenminister vor laufenden Kameras über die Genehmigungsentscheidung: Im Kampf gegen den IS seien türkische Panzerbesatzungen durch feindliche Minen getötet worden. Deutsche Technik könne gegen solche Angriffe schützen. „Wollen wir dies aus grundsätzlichen Gründen nicht liefern?“, fragte Gabriel in die Runde. „Oder sollen wir die liefern, ist das auch eine moralische Verpflichtung?“
Wundersame Argumentation des Außenministers
Experten wunderten sich schon da über die Argumentation des Außenministers: Der IS ist mittlerweile weit ins Landesinnere zurückgeschlagen und liegt vorerst außerhalb der Reichweite türkischer Bodentruppen. Viel wahrscheinlicher schien es deshalb, dass die türkische Regierung ihre Panzer schon bald im Grenzgebiet gegen die Kurden einsetzt.
Nur zwei Wochen später ist es tatsächlich so weit. Seit Samstag versucht die Türkei, im Norden Syriens die kurdischen YPG-Milizen zurückzudrängen, die zwar an der Seite der USA gegen den IS kämpften, aber wegen ihrer engen Verbindungen zur PKK für Ankara ein Feindbild sind. Völkerrechtlich ist die türkische Offensive problematisch, die Beendigung des ohnehin komplizierten Kriegs in Syrien könnte sie weiter erschweren.
Ob Sigmar Gabriel die Nachrüstung der türkischen Panzer trotzdem noch für eine „moralische Pflicht“ hält? Eine Sprecherin des Außenministers reagierte am Montag kurz angebunden auf Nachfragen. „Unser bisheriges Lagebild gibt es nicht her, dass wir den Einsatz bestätigen können“, sagte sie in Bezug auf die Leopard-Panzer. Eigene Erkenntnisse dazu lägen dem Ministerium nicht vor. Den türkischen Militäreinsatz kritisierte die Bundesregierung nur vorsichtig: Man verstehe Ankaras Sicherheitsinteressen, aber weitere Gewalt verbessere die Situation der Menschen in Syrien nicht.
Sevim Dagdelen, Linke
Der Opposition im Bundestag ist das zu wenig. „Mit ihrer Drei-Affen-Politik – nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – liefert die Bundesregierung die Kurden in Nordsyrien an Erdoğans Messer“, sagte die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen der taz. Sie fordert den Abzug deutscher Soldaten aus den Awacs-Aufklärungsflugzeugen, die die Nato für den Kampf gegen den IS einsetzt und die nach Ansicht Dagdelens möglicherweise auch „Zieldaten für Erdoğans Anti-Kurden-Krieg“ lieferten. Außerdem fordert die Linken-Politikerin den Stopp aller Waffendeals mit der Türkei – „darunter die geplante Aufrüstung von Leopard-2-Panzern durch Rheinmetall“.
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