Rücktritt von Sabine Schormann: Documenta in der Schuld
Der Rücktritt von documenta-Chefin Schormann ist zu begrüßen. Dabei darf es jedoch nicht bleiben. Nötig ist eine Aufarbeitung der misslichen Affäre.

D ie Mitteilung vom Rücktritt der documenta-Chefin Sabine Schormann ist das bisher einzig Begrüßenswerte, was zuletzt von den Veranstaltern zu hören gewesen ist. Der Schritt war überfällig, denn Schormann hat sich im Skandal um antisemitische Bildmotive als vollständig beratungsresistent erwiesen. Dafür zeigte sie sich als umso geschickter dabei, andere für den Skandal verantwortlich zu machen, den sie selbst mit angerichtet hat.
Diese anderen, das waren zuerst diejenigen, die vor antisemitischen Tendenzen warnten, und dann, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war, die, die sich darum bemühten, aus der Zurschaustellung judenfeindlicher Kunstwerke Konsequenzen zu ziehen. Dazu ist es bisher nicht gekommen.
Es fragt sich allerdings, ob es bei diesem Rücktritt bleibt oder ob die documenta tatsächlich dazu bereit ist, ihren Umgang mit Antisemitismus aufzuarbeiten. Zweifel sind angebracht, die sich aus den Ausflüchten der Vergangenheit speisen, die aber auch durch die Erklärung des Aufsichtsrats neue Nahrung erhalten. Von einer Entschuldigung ist da nicht die Rede, nur von „tiefer Betroffenheit“, antisemitische Bildmotive zur Schau gestellt zu haben.
Dann folgt schon der Hinweis, dass „der documenta damit ein erheblicher Schaden zugefügt“ worden sei. Vom Schaden, den die Ausstellung den in diesem Land lebenden Jüdinnen und Juden beigefügt hat, spricht der Aufsichtsrat lieber nicht. Hat er überhaupt begriffen, was er da angerichtet hat? Oder geht es dem Gremium nur darum, die Schau möglichst schnell aus den negativen Schlagzeilen zu holen?
Es sei „viel Vertrauen verloren gegangen“, heißt es in der Erklärung an anderer Stelle. Da ist etwas dran. Es ist geradezu bewundernswert, mit welcher Engelsgeduld ausgewiesene Antisemitismusexperten wie Meron Mendel ihre Bereitschaft dazu erklären, den Prozess der Aufarbeitung mit anzugehen. Aber Geduld ist endlich. Den documenta-Verantwortlichen ist anzuraten, es jetzt schnell nicht länger bei Erklärungen zu belassen, sondern rasch eine Haltung einzunehmen, was Kunst darf – und was nicht.
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