Rücktritt vom Daniel Barenboim: Abschied mit Schmerzen

Dirigent Daniel Barenboim tritt als Generaldirektor der Staatsoper Unter den Linden zurück. Er hat dort eine Ära geprägt. Wer wird ihm folgen?

Dirigent Daniel Barenboim dirigiert

Das Neujahrskonzert ließ er sich nicht nehmen: Daniel Barenboim Foto: Dieter Nagl/dpa

An Silvester ein Beethoven-Konzert: Das ließ sich der Dirigent Daniel Barenboim nicht nehmen. Mit Beethovens 9. Symphonie feierte er nicht nur den Jahreswechsel mit der Berliner Staatskapelle, sondern auch, dass er nach Monaten der Abwesenheit aufgrund einer neurologischen Erkrankung an das Dirigentenpult zurückkehren konnte.

Doch nun, am 6. Januar, gab der 80-jährige Musikstar seinen Rücktritt als Generaldirektor der Staatsoper Unter den Linden bekannt. Eine Überraschung ist das nicht, denn sein Gesundheitszustand hatte sich im letzten Jahr, wie er auch in seiner persönlichen Rücktrittserklärung schreibt, deutlich verschlechtert. Ein Abschied aus gesundheitlichen Gründen ist immer schmerzhaft.

Oft musste Barenboim im letzten Jahr auf Lieblingsprojekte verzichten und Dirigate absagen, auch bei Richard Wagners „Ring der Nibelungen“, den in Berlin komplett auf die Bühne zu bringen ein von ihm lange verfolgtes Projekt war. Christian Thielemann war da im Oktober für ihn eingesprungen.

Matthias Schulz, Intendant der Staatsoper, sprach Barenboim unmittelbar seinen Dank für diese schwere Entscheidung aus: „Seit über 30 Jahren hat er seine unerschöpfliche Kraft als Künstlerpersönlichkeit mit weltweiter Ausstrahlung diesem Haus samt seiner Staatskapelle Berlin zugutekommen lassen. Der Respekt ist groß, dass Daniel Barenboim nun im Sinne der Institution diesen Schritt geht und seine Aufgaben als Generalmusikdirektor zum Ende dieses Monats zurücklegt.“

Risse im Sockel seines Denkmals

Auch der Berliner Kultursenator Klaus Lederer betonte in einer Stellungnahme, dass die Entscheidung Respekt verdiene und das Wohl der Staatskapelle in den Vordergrund rücke. Daniel Barenboim ist seit 1992 deren künstlerischer Leiter und Generalmusikdirektor der Staatsoper. Im Herbst 2000 wurde er vom Orchester der Staatskapelle Berlin zum Chefdirigenten auf Lebenszeit gewählt.

Anerkennung erworben hat sich Daniel Barenboim auch durch sein Engagement für das von ihm mitgegründete West-Eastern Divan Orchestra, das sich für Verständigung im Nahen Osten einsetzte.

Daniel Barenboim ist gewissermaßen schon zu Lebzeiten zu einem Denkmal seiner selbst geworden, wozu die Beauftragung als Chefdirigent auf Lebenszeit sicher auch beigetragen hat. Einen solchen Einfluss auf Dauer zu stellen, ist auch eine Geste der Überhöhung einer künstlerischen Persönlichkeit. In dem Sockel seines Denkmals gab es erste Risse, als auch gegen ihn Vorwürfe laut wurden, die Macht, die die Institution ihm verliehen hat, sehr autoritär und herrisch einzusetzen. Kulturpolitisch folgte daraus nichts.

Spannend und offen ist nun die Frage, wer Daniel Barenboims Thron erben wird. Wie die Staatsoper den Verlust ihres Aushängeschildes überwinden kann. Und ob das Haus seinen hierarchischen Strukturmodellen treu bleibt oder den Rücktritt für Veränderungen nutzt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.