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Rückspiel München gegen BarcelonaZum Schluss buht die Südkurve

Die Bayern sind wie erwartet raus aus der Champions League. Zuhause konnten sie den Katalanen immerhin ein 1:1 abringen. Doch Jürgen Klinsmanns Trainerstuhl bleibt wackelig.

Jürgen Klinsmann: Tobte sich körperlich aus. Seine Mannschaft schaffte es trotzdem nicht, zumindest die Partie für sich zu gewinnen. Bild: ap

MÜNCHEN taz So sieht man Jürgen Klinsmann sonst nicht. Vom Anpfiff an stromerte der Trainer des FC Bayern durch seine Coachingzone. Normalerweise verfolgt er den größten Teil des Spiels unter dem schützenden Dach über der Ersatzbank. An diesem Abend aber demonstrierte Klinsmann Präsenz. Mit ausladenden Gesten versuchte er, seine Spieler zu dirigieren. Und wenn eine Aktion gelang, klatschte er so heftig, als müsse er akute Durchblutungsstörungen an den Handinnenflächen bekämpfen.

Klinsmanns ganzer Körper stand unter Spannung. Die Welt sollte endlich begreifen, dass dieser FC Bayern unter seiner Führung noch lebt. Und siehe da: Diesmal ließ ihn seine Mannschaft nicht ganz im Stich. Bayern spielte im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League 1:1 (0:0) gegen den FC Barcelona. Wie nach dem 0:4 eine Woche zuvor erwartet, schied der deutsche Meister damit zwar aus, hatte aber diesen unauslöschlichen Schandfleck der Vereinshistorie zumindest teilweise überdeckt.

Trotz der Vorgeschichte herrschte in den Minuten vor dem Anpfiff festliche Stimmung. Die gesamte Fankurve der Bayern schmiss auf Kommando Papierschnipsel hoch, so dass die Luft darüber für ein paar Sekunden rot und weiß flitterte. Trotzig feuerten die Anhänger dann ihre Mannschaft so vehement an, als habe es das Hinspiel nie gegeben. Die meisten behielten auch ihre Abneigung gegenüber Klinsmann für sich. Und die wenigen, die wieder offen dessen Rauswurf forderten, drangen nicht durch.

In seiner Startelf konnte Klinsmann, anders als im Hinspiel, die Abwehrstabilisatoren Lucio und Philipp Lahm einsetzen. Und er brachte wieder Hans-Jörg Butt im Tor anstelle von Michael Rensing. Dafür fehlte Mittelfeldspieler Bastian Schweinsteiger wegen Knieproblemen. Ihn ersetzte José Ernesto Sosa, der gleich zu Beginn eine Flanke in den Strafraum schlug. Der frei stehende Luca Toni stieg hoch, doch er verpasste den Ball knapp (5.).

Knapp zwei Minuten später brach ein gewaltiger Jubel aus. Toni hatte den Ball ins Tor bugsiert. Doch der Schiedsrichter entschied auf Abseits. Franck Ribéry, der in Barcelona untergegangen war, versuchte mit Macht, etwas für seinen Marktwert zu tun. Nach einigen nur in Ansätzen gelungenen Explosivdribblings wuselte er in der 14. Minute an der Strafraumgrenze herum, sein abschließender Lupfer strich knapp über das Tor.

Nach einer Viertelstunde verschoben sich die Kräfteverhältnisse etwas. Barcelona führte die Zügel nun etwas straffer. Zwingende Torchancen sprangen dabei zwar zunächst nicht heraus. Zumindest aber bremsten die Gäste dadurch den ungestümen Tatendrang der Bayern. Nach gut einer halben Stunde hatte Klinsmann sich auf die Bank verzogen. Doch dort hielt er es nicht aus. Kurz darauf stand er wieder. Die Jacke hatte er nun ausgezogen.

Vor der Partie hatte er ja gesagt, dass seine Mannschaft alles dafür tun werde, dieses Spiel zumindest zu gewinnen. Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit war der erste Schritt dahin getan. Mit einem schicken Pass setzte Zé Roberto Ribéry so gut in Szene, dass dieser freie Bahn aufs Tor hatte. Der Franzose ließ noch schnell den Torwart aussteigen, bevor er das 1:0 erzielte (47.).

Barcelona spielte auch danach weiter munter mit, allerdings nicht mehr so unwiderstehlich wie eine Woche zuvor. Das lag sicher auch daran, dass die Bayern diesmal ihre Defensivaufgaben konsequent erledigten, bis zur 73. Minute. Barcelona passte den Ball ungehindert durch den Bayern-Strafraum und legte ihn schließlich wieder hinaus, zu Seydou Keita, der ihn kräftig zum 1:1 ins Tor schoss. Danach schallte es plötzlich wieder lauthals „Klinsmann raus“ aus der Südkurve. Die Festtagsstimmung war dahin. Klinsmann muss sich weiter bewähren.

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2 Kommentare

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  • UR
    Uwe Richard

    Jeder blamiert sich so gut er kann.

     

    Die einen auf dem Rasen, die anderen beim Sprechblasen.

  • L
    Lazertis

    Herr Klinsmann bringt einen schon ins Grübeln.

    Wie heisst es so schön, in einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist. Allerdings ist ein gesunder Körper noch lange keine Garantie für einen großen strategischen Geist. Erinnert mich ein wenig an einen Landsmann von Herrn K., nämlich Erwin Rommel. Auch ein Mann mit viel Willen zum Erfolg und auch nicht der geniale Stratege.

    Aber was soll es. Ein waschechter Stratege wie Erich von Manstein hat auch nur die Soldaten zu Hunderten und Tausenden verheizt.

    So bleibt uns Klinsmann wenigstens als ein guter Stürmer in Erinnerung, der so gesehen auch einiges für Deutschland geleistet hat.