piwik no script img

Rückkehr des Wolfes nach NiedersachsenHirten an die Knarren

Ein Schäfer aus Winsen stellt einen Antrag auf Bewaffnung, um seine Tiere vor dem Wolf zu verteidigen. Das aber steht bisher unter Strafe.

Im Visier der Berufsschäfer: der Wolf Foto: dpa

Hamburg taz | Schäfer sollen sich bewaffnen dürfen, um Wölfe abzuknallen. Das fordert der Vorsitzende des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung, Wendelin Schmücker. In einem Antrag vom 30. August an die Stadt Winsen erklärt er, dass Schäfer schon zu Urzeiten bewaffnet waren, um ihre Tiere zu schützen und verweist dabei auf die Bibel.

Was momentan noch mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 Euro oder sogar einer Haftstrafe verurteilt wird, nämlich einen Wolf abzuschießen, der in Deutschland unter Naturschutz steht, will der Schäfer nun legalisiert haben. Denn seit der Rückkehr des Wolfes aus Osteuropa steige dessen Population stetig und sei eine Gefahr für Nutztiere.

Laut Schmücker würden Schafe durch Wolfsangriffe traumatisiert und gerieten öfter in Panik, weswegen weniger Lämmer geboren würden. In einer Pressemitteilung erklärt er: „Nur durch den Einsatz von Waffen wird der Wolf lernen, dass Weidetiere unter menschlichem Schutz stehen.“

Minister hält nichts von Selbstjustiz

Die Einwanderung von Wölfen, die vor allem bei Tierschützern als großen Erfolg gesehen wird, scheint für die Weidetierhalter wie Schmücker das nackte Grauen zu sein. Der Förderverein der deutschen Schafhaltung, fordert den Staat zu einer Abkehr von der „Pro-Wolf-Haltung“ auf und will eine Planung und Organisation effizienter Vergrämungsmaßnahmen.

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) reagierte auf den Antrag von Schmücker und zeigte Verständnis. Er riet den Nutztierhaltern aber trotzdem von Selbstjustiz ab und erklärte, das Ministerium würde sie in Zukunft mehr unterstützen.

Schmücker, der noch diese Woche einen Waffenschein beantragt hat, hetzt nicht das erste Mal gegen Wölfe. Der selbsternannte Traditionsschäfer bezeichnet den Wolf als „Schädling“ und würde ihn vermutlich gern wieder ganz ausrotten. Schon 2014, in einem Interview mit der taz, sagte er, der Wolf solle in das Jagdrecht mit aufgenommen werden.

Der Förderverein der Deutschen Schafhaltung plant nun am 15. September ein europaweites Mahnfeuer, bei dem das Problemthema „Wolf“ besprochen werden soll. Ob weiße Kutten getragen werden, ist noch unklar. Klar ist jedoch, wenn auf Schafsmörder in Zukunft geschossen werden darf, sollten sich auch Lokführer in Acht nehmen, denn schließlich ist es keine Seltenheit, dass ganze Schafherden von Zügen überrollt werden.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • #Nolongerquiet. Hütehunde hüten und treiben Tiere. Für die Abwehr von Gefahren für die Herde kann man Herdenschutzhunde einsetzen.



    #Andi S . Für den Bauernbund Brandenburg hat die Kanzlei Kubicki & Schöler ein Rechtsgutachten angefertigt. Der Bauernbund will einen Musterprozess finanzieren. Weiteres kann man unter „Notwehr – wolfsfreie Zone“ im Netz suchen.



    - Ein Tierhalter hat die Verkehrssorgfaltspflicht zu beachten und durch sie verursachte Schäden zu bezahlen. Was ist nun, wenn die z.B. Pferde sorgfältig eingezäunt sind und sie durch eine staatlich geschützte herrenlose Sache (s.u.) angegriffen, erschreckt werden und dann aus ausbrechen. Haftet nun die Bundesrepublik Deutschland für den Schaden? Es laufen schon Prozesse gegen den deutschen Staat.



    - Der Staat hat das Gewaltmonopol von seinen Bürgern übertragen bekommen und garantiert im Gegenzug Integrität (z.B. Eigentum) und Unvesehrtheit seiner Bürger. Setzt er das Gewaltmonopol nicht um untergäbt er seine Legitimität und lädt in Konsequenz zur Selbstjustiz ein.



    - Warum muss ich nun einen Eingriff in mein Eigentum (Nutztier oder auch meinen Hund) durch eine (streng geschützte) herrenlose Sache ( Wolf →§ 960 BGB) hinnehmen und werde für den Vermögensschaden nach dem Billigkeitsprinzip (Kassenlage) unter Auflagen (Schutzmaßnahmen) entschädigt?

  • Hütehunde sind nachhaltiger und fördern nicht die Kriegstreibende Waffenindustrie

  • Abknallen, Selbstjustiz,... Harte Worte in einer polarisierten Diskussion.

    Kennt jemand die Rechtslage, wenn ein Schäfer im Besitz eines Jagdscheins einen Wolf erlegt, während dieser eine Herde bedroht bzw. reißen möchte?