Rückgabe von Herero-Schädeln: "Die Wahrheit muss ans Licht"
Wir sind nicht von unseren deutschen Kollegen begrüßt worden, sagt Namibias Kulturminister Kazenambo verärgert. Es sei schockierend gewesen.
taz: Herr Minister, was bedeutet es für Sie, einige der 20 namibischen Schädel zu sehen, die Sie zurück nach Namibia nehmen?
Kazenambo: Es ist ein sehr trauriger Augenblick und ein sehr historischer. Wir möchten all denen danken, die gekommen sind, um uns unsere Sympathie und Solidarität zu bezeugen. Wir nehmen die Schädel zurück nach Hause, damit sie in ewigem Frieden ruhen können. Wir sind dankbar, und wir sind zuversichtlich, dass wir mehr Schädel unserer Vorfahren zurückbekommen werden. Jetzt können wir besser atmen.
Wie viele Schädel befinden sich noch in Deutschland?
KAZENAMBO KAZENAMBO, 48, ist Minister für Jugend, Kultur und Sport in Namibia. Er gehört zum Herero-Volk und gilt als aussichtsreicher Anwärter für die Präsidentschaftswahl 2014.
Das kann ich nicht definitiv beantworten. Die Schädel wurden in einer schrecklichen Ära hierher gebracht, und anscheinend wird in manchen Kreisen immer noch geleugnet, dass die Vergangenheit so stattgefunden hat. Wir sagen: Lasst zu, dass die Wahrheit uns befreit. Wer noch solche Schädel hat, sollte sie den Behörden herausgeben.
Bedeutet die Schädelrückgabe den Beginn eines neuen Dialogs zwischen Deutschland und Namibia?
Unsere Hoffnung und Erwartung ist, dass dies zur Heilung beiträgt. Für uns Namibier ist das keine leichte Aufgabe. Wir haben namibische Bürger deutscher Abstammung, die nicht dafür verantwortlich gemacht werden können, was in der Vergangenheit geschehen ist. Die deutsche Regierung muss anerkennen, dass wir eine sehr tragische Geschichte teilen. Wir müssen offen und fair miteinander umgehen. Die Wahrheit muss ans Licht. Von dem, was wir hier bei unserem Besuch erlebt haben, scheint es allerdings so, als ob viel zu wünschen übrig bleibt. Wir wissen nicht warum, aber wir sind nicht von unseren deutschen Kollegen begrüßt worden. Die deutsche Regierung hat niemanden beauftragt, unsere Delegation zu treffen. Was wir erfahren haben, ist schockierend.
Mehrere traditionelle Führer haben bemängelt, dass Deutschland bisher noch nicht seinen Teil zur Versöhnung beigetragen habe.
Ja, das ist bedrückend. Dazu gehört auch, dass es auf manchen Farmen in Namibia Gräber gibt, und die Besitzer erlauben es nicht, dass die Gräber besucht werden. Die Situation wird schwierig, wenn es dafür kein Verständnis gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland