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Rudolf Balmer über die Festnahme des Dschihadisten Salah AbdeslamWer im Glashaus sitzt...

Nichts wäre eigentlich mehr geeignet, einstimmige Freude auszulösen als die Festnahme eines international gesuchten mutmaßlichen Terroristen. In Frankreich hat man dennoch einen Anlass gefunden, den Fahndungserfolg von Brüssel mit einer Polemik zu relativieren.

Das extreme Beispiel dafür ist ein konservativer Abgeordneter, der im Nachhinein in den französischen Medien Belgien wegen des Quartiers Molenbeek mitschuldig an der Tragödie der barbarischen Anschläge des 13. November in Paris und Saint-Denis erklären will. Er ist zudem nicht der Einzige.

Solche Entgleisungen, die einem Politiker einzig und allein dazu dienen können, sich im Rampenlicht der Aktualität aufzuplustern, sind peinlich und unentschuldbar. Denn erstens könnte man ihm nach dem Motto „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen um sich werfen“ entgegnen, Frankreich könne ja selbst nicht gerade auf exemplarische Erfolge bei der Prävention terroristischer Verbrechen verweisen.

Sind bestimmte Pariser Vororte weniger potenzielle „Terroristennester“ als Molenbeek? Eine rhetorische Frage.

Ebenso deplatziert ist diese pauschale Schuldzuweisung, in der die unverhüllte Verachtung in Frankreich üblicher Klischees über die Nachbarn im Norden mitklingen. Diese Häme über die angebliche Naivität „der Belgier“, die sonst eher zu schalen Stammtischwitzen dient, ist im Kontext des mordenden Dschihadismus erst recht fehl am Platz. Sie verhindert es nämlich, über die eigentlichen Ursachen der Mängel im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus nachzudenken.

Diese können nicht auf eine ungenügende Überwachung reduziert werden. Wenn es zur Verhinderung von Attentaten nur eine hart durchgreifende Polizei und repressive Notstandsgesetze bräuchte, würde man sich in Frankreich wahrscheinlich mehr in Sicherheit fühlen, als dies der Fall ist.

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