Ruanda sponsert den FC Arsenal: Trikots der Schande oder der Chance
Ruanda steigt als Sponsor beim Arsenal FC ein. Für den Klub ein kleiner Deal. Aber das arme ostafrikanische Land fängt sich jede Menge Kritik ein.
Die Meldung überrascht, denn Ruanda ist eines der ärmsten Länder der Welt und auf die Millionenzahlungen ausländischer Entwicklungshilfe angewiesen. Eingefädelt hat den Deal der ruandische Präsident Paul Kagame, ein großer Arsenal-Fan.
Ruandas Armut und das autokratische Regime des Paul Kagame sorgen für Empörung, besonders in Großbritannien. „Shirt of shame“, titelte etwa die Daily Mail zur geplanten Trikotwerbung. Und der konservative Abgeordnete Andrew Bridgen empörte sich, es sei doch grotesk, dass ein Land, das massiv vom britischen Steuerzahler alimentiert werde, Millionen in einen sagenhaft reichen Londoner Fußballklub pumpe.
Seenlandschaften und Frauenfußball
Die ruandische Regierung sieht das naturgemäß anders. Kein Cent für das Sponsoring sei aus diesem Etat geflossen, sondern die Werbung werde ausschließlich durch selbst generierte Tourismuseinnahmen finanziert.
Ruanda, das Land der tausend Hügel, gehört zu den beliebtesten Reisezielen auf dem afrikanischen Kontinent. Mit seiner faszinierenden Natur, traumhaften Seenlandschaften, den Nationalparks und besonders den Berggorillas konnte Ruanda allein im letzten Jahr 1,3 Millionen Besucher anziehen. Zudem gibt es in der Hauptstadt Kigali ein modernes Kongresszentrum – und ein Volkswagen-Werk wurde ebenfalls eröffnet.
Nur fußballerisch gehört das Land, das immer noch vom Völkermord an der Bevölkerungsgruppe der Tutsi im Jahr 1994 gezeichnet ist, nicht zu den Vorzeigeadressen: An einer WM nahm die ruandische Auswahl – Spitzname „Amawubi“ (Die Wespen) – noch nie teil, und erst einmal trat sie beim Africa Cup of Nations auf. Das war 2004 – und wenn man genau hinschaut, war der Auftritt durchaus respektabel: Einer 1:2-Niederlage gegen Tunesien folgte ein 1:1 gegen Guinea und ein 1:0-Sieg über die Demokratische Republik Kongo. Ein Vorrundenaus, für das sich niemand schämen musste.
Und 2014 gewannen die Amawubi sogar ein regionales Turnier für ost- und zentralafrikanische Teams – durch einen Finalsieg über Kenia. Interessanterweise gewann das B-Team von Ruanda. Das machte die Nationalelf ausnahmsweise zur Nummer eins der Rangliste für Ostafrika – und immerhin noch Nummer 68 bei der Fifa.
Marketingdeal für mehr Tourismuseinnahmen
Und noch etwas macht den ruandischen Fußball besonders: Die Ruanda Women’s Football League, gegründet 2008, gilt als einzig etablierte Frauenfußballliga in Ostafrika.
Doch mit dem Marketingdeal, den die Regierung nun mit Arsenal FC geschlossen hat, soll nicht der Fußball verbessert werden: Es geht um eine Steigerung der Tourismuseinnahmen. 700 Millionen Euro bis 2024 sollen dadurch generiert werden. „Jeder, der unseren Vertrag mit Arsenal kritisiert, weil wir ein armes Land und Empfänger von Hilfsgeldern sind, will entweder, dass wir arm bleiben, oder versteht nicht, wie wichtig Marketing für jedes Unternehmen ist“, twitterte die Chefin der staatlichen Entwicklungsagentur, Clare Akamanzi. „Je mehr Ruanda aus dem Tourismus einnimmt, desto mehr können wir in unsere Bürger investieren.“
Bei aller berechtigten Kritik an dem Deal und erst recht an der Menschenrechtsbilanz des ruandischen Präsidenten mehren sich doch die Stimmen, die die Empörung, gerade in britischen Boulevardblättern, als heuchlerisch bewerten – gerade wenn man bedenkt, dass etliche russische Oligarchen und arabische Scheichs zu den größten Geldgebern von Premier-League-Klubs gehören. Arsenals Hauptsponsor ist weiterhin Emirates, die nationale Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. „Shirt of shame“ war in dem Zusammenhang nicht ein einziges Mal zu vernehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten