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Rot-rote Koalition BrandenburgStreit um die Kohle

Die SPD kassiert gerade im Schulterschluss mit der Braunkohlewirtschaft die Klimaziele des Landes. Die Linke hat Mühe, sich davon abzusetzen.

Und so sieht sie aus: die Braunkohle Foto: Imago/Rainer Weisflog

Berlin taz |„Gegen die Macht der Konzerne und Banken braucht es Rückgrat“, plakatiert Die Linke derzeit flächendeckend im Wahlkampf. Da kann sie in Potsdam schon mal üben. In der dortigen rot-roten Koalition kassiert die SPD gerade im Schulterschluss mit der Braunkohlewirtschaft mit einer aktualisierten „Energiestrategie 2030“ die Klimaziele des Landes. Die Linke hat Mühe, sich davon abzusetzen. Diese Strategie spiegele „nicht die Auffassung der Landesregierung oder gar der Brandenburger Linken“, erklärte am Freitag deren Landeschef und Finanzminister Christian Görke gegenüber der taz.

Zuvor hatte das SPD-geführte Wirtschaftsministerium den Entwurf der neuen „Energiestrategie“ zur Stellungnahme verschickt. Demnach will das Land seine CO2-Emissionen aus der Energiewirtschaft bis 2030 nur noch um 55 Prozent senken. Im rot-roten Koalitionsvertrag stehen aber minus 72 Prozent. Diese Senkung der Ambitionen beruhe auf Veränderungen bei Verkehr, Wachstum und der erhofften CCS-Speichertechnologie, argumentiert das Wirtschaftsministerium – und mit ihm lange auch viele Linke in Brandenburg.

Die waren aber vor einigen Wochen von der Bundespartei eingefangen worden: Es werde mit der Partei „kein Zurück im Klimaschutz“ geben, hatte etwa Linken-Chefin Katja Kipping verkündet. So sagte jetzt auch der Brandenburger Linkenchef Görke: „Maßstab der Diskussion sind für uns die im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimaziele“ – also ein Minus von 72 Prozent.

Die neue Strategie sei „auf Fach­ebene in interministeriellen Arbeitsgruppen“ abgestimmt, hieß es aus dem Ministerium, es gebe aber die Ansicht des Wirtschaftsministeriums wieder. Eine politische Entscheidung werde aber erst im November im Kabinett fallen.

Michael Schäfer, Klimaexperte des Umweltverbands WWF bemängelte, es „fehlt eine unmissverständliche Ansage der Linkspartei“, der einen Kabinettsbeschluss zur Aufweichung der Klimaziele ausschließe. Ohne solche Klarheit bliebe der Verdacht, eine Entscheidung solle bis nach der Bundestagswahl verzögert werden.

„Die Brandenburger Energiestrategie wäre ein drama­tischer Rückschritt für den Klimaschutz und mit dem Pariser Abkommen nicht vereinbar“, sagte Schäfer. „Es ist mir un­begreiflich, warum es aus der SPD dazu keinen Widerstand gibt.“

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6 Kommentare

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  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Traurig, wenn die Links-Partei sich im Osten von der SPD nach unten ziehen läßt.

    Der SPD ist das Abkommen von Paris, der Klimaschutz und der Umweltschutz egal, und das was schon immer so.

    Schon vergessen: "Sofortiger Atomausstieg" war eine SPD-Forderung über 20 Jahre, in denen auch zu Zeiten, wo die SPD regiert hat, nie etwas passiert ist.

    Den Ausstieg hat dann letztendlich Merkel "gemacht".

    Die SPD ist über die IG BCE und leider auch mittlerweile die IG Metall eine Partei, die schuld am Verfehlen der Klimaverpflichtungen ist, die sie selbst medienwirksam eingegangen ist.

  • Die SPD ist spätestens seit Schröder eine Konzernartei. Unter Gabriel hat sich das nur noch verstärkt. Schulz? Dem ist das völlig egal. Das traurige ist: die Basis macht da mit.

     

    Die Linke hat wegen dieses Kohlekurses meine Zweitstimme nicht bekommen.

  • Man kann und wird gar nicht auf fossile Energieträger verzichten können. Diese haben einen ERoEI von etwa 35:1.

    Erneuerbare Energien haben einen ERoEI in Höhe von 4:1. Das ist vergleichbar mit der mittelalterlichen Dreifelderwirtschaft.

    Warum sprechen sich solche einfachen Dinge eigentlich nicht herum? Ist das zu schwer zu verstehen?

    Ich möchte gerne eine Erläuterung haben, wie man eine technische Zivilisation mit strahlendem und aktiv zu kühlenden Atommüll aufrechterhalten will, ohne ins technologische Mittelalter abzurutschen. Vielen Dank, ich bin gespannt.

    • 6G
      64938 (Profil gelöscht)
      @Richard_der_Dritte:

      Der (Braun)kohlestrom geht praktisch komplett in den Export. Hier geht es nicht um die Sicherung der Grundversorgung, sondern um die Sicherung von Profiten.

      Das sollten Leute wie Sie doch eigentlich wissen.

    • @Richard_der_Dritte:

      Konventionelle Kohlekraftwerke haben einen ERoEI von ca 30:1, Was sie unter "Erneuerbaren Energien" von 4:1 verstehen gilt für Photovoltaikanlagen, Sprich das was sich der Bundesdeutsche aufs Dach knallt. Kleine dezentrale Anlagen die das Netz entlasten können, wenn man endlich eine intelligente Stromversorgung hinbekommt, oder die Elektromobilität voranbringt.

       

      Wenn man aber ALLE Erneuerbaren Energien betrachtet und die neueste Generation von Küstenwindkraftanlagen herannimmt steigt der ERoEI von 4:1 auf einmal auf 50:1 Ebenso Laufkraftwasserreaktoren.

       

      Also warum sollte man die Kohlewirtschaft noch fördern, wenn deren ERoEI lediglich 30:1 beträgt, der aber von Win und Wasserkraft 50:1? Warum behaupten sie Erneuerbare Energien, nehmen aber die dezentrale Minianlagen als Beispiel die Privat finanziert werden, mit dem kleinstmöglichen ERoEI Faktor und vergleichen sie mit riesigen Konzernanlagen und übertreiben dazu noch den ERoEI Faktor? Warum nutzen sie nicht den Durchschnitt von ERoEI bei allen Erneuerbaren Energien, oder eben die die wesentlich besser sind als bei fossilen Energieträgern?

       

      Wollen sie die Leute absichtlich in die Irre führen, oder wurden sie in die Irre geführt?

    • @Richard_der_Dritte:

      Erneuerbare Energien haben einen ERoEI (Erntefaktor, eingesetzte Energie zu erwirtschafteter Energie) von 4 - 51, je nach Lage und Typ (s. Wikipedia) und liegt damit zum Teil noch besser als die mittelalterliche Verbannung von Torf und Braunkohle.