: Rot-grün-rote Farbenspiele
Koalitionen Die SPD will nach der Wahl am liebsten mit den Grünen. Die Grünen trauen der SPD nicht. Die Linke will keine Illusionen, schließlich stehen alle Zeichen auf Dreisamkeit. Die CDU: bleibt übrig
Inzwischen ist sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) ganz sicher: „Nur eine Koalition jenseits der Henkel-CDU kann ein besseres Berlin gestalten“, schrieb er am Mittwoch in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. Eine rot-grüne Zweierkoalition habe das Potenzial, „den Herausforderungen des wachsenden Berlin am besten gerecht zu werden“, ist sich Müller gut vier Wochen vor der Neuwahl des Abgeordnetenhauses am 18. September nun sicher.
Grünen-Spitzenkandidatin Ramona Pop mühte sich nach Kräften, nicht allzu begeistert von Müllers Liebeserklärung zu klingen. Schon manches Mal habe sich die SPD vor Wahlen den Grünen so angenähert. „Diese Liebe erkaltete schlagartig nach dem Wahltermin“, so Pop. Sowohl 2006 wie auch 2011 wählte sich die SPD andere Koalitionspartner, obwohl rechnerisch ein Bündnis mit den Grünen möglich war. Pop sieht in Müllers Distanzierung von „der Henkel-CDU“ eine Hintertür, mit einer CDU ohne ihren jetzigen Vorsitzenden und Spitzenkandidaten Frank Henkel zusammenzugehen. „Schon mancher, der die SPD gewählt hat, ist mit der CDU aufgewacht“, sagte sie. Für die Grünen schloss sie ein solches Bündnis mit oder ohne Henkel kategorisch aus: „Wir werden keine Koalition mit der CDU eingehen.“
Linken-Chef Klaus Lederer zeigte sich ebenfalls gelassen, was Müllers rot-grüne Wunschkonstellation betraf. Dieses Geplänkel um Rot-Grün sei, „brutal gesagt, einfach illusorisch“, so der Spitzenkandidat. In der sehr wahrscheinlichen Dreierkonstellation sei es dagegen „ein bisschen wie bei ‚Big Brother‘ “: Die Partner stehen in Konkurrenz, müssen aber auch zusammenarbeiten. Ein Führungsanspruch wie der von Müllers SPD sei da nicht mehr zeitgemäß.
Nicht ganz so gelassen klang die Reaktion der CDU auf die Farbenspielchen, in denen Schwarz so gar nicht mehr vorkommt. Feigheit und Wankelmut warf Generalsekretär Kai Wegner dem Regierenden Bürgermeister vor. „Bald hat er alle möglichen Koalitionen durchdekliniert“, so Wegner. Angesichts seiner durchwachsenen Umfragewerte solle Müller lieber die gemeinsamen Erfolge der rot-schwarzen Landesregierung herausstellen, die in Berlin eine Trendwende geschafft habe.
Solche Erfolge sehen die Wähler offenbar nicht: Laut einer Umfrage von infratest dimap, die am Mittwochabend veröffentlicht wurde, käme die SPD auf 21 Prozent, die CDU auf 20 Prozent. Die beiden bisherigen Regierungsparteien hätten damit zusammen keine Parlamentsmehrheit mehr. Und auch kein anderes Zweierbündnis: Grüne und Linke bringen es auf 17 respektive 16 Prozent.
Zulegen konnte die AfD. Ihr Wert stieg im Vergleich zum Vormonat um 2 Punkte auf 15 Prozent. mah, sta, dpa (mit dpa)
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