piwik no script img

Rot-Grün und der SolidaritätszuschlagAufbau Ost für den Westen

Die Ministerpräsidenten der rot-grün regierten Bundesländer haben sich geeinigt: Der „Soli“ soll ab 2020 auch in den Westen fließen. Nun ist die Union gefragt.

Eine raffinierte Darstellung des Soli. Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Der milliardenschwere „Soli“ soll nach dem Willen von Rot-Grün ab dem Jahr 2020 auch den Ländern und Kommunen im Westen Deutschlands zugutekommen. Auf diese Linie verständigten sich die zehn Ministerpräsidenten von SPD und Grünen bei einem Spitzentreffen am Sonntag in Düsseldorf nach Angaben aus Teilnehmerkreisen. Das Modell soll den CDU-geführten Ländern bereits am Donnerstag beim Sondertreffen aller Regierungschefs in Potsdam vorgelegt werden.

Nach der Düsseldorfer Einigung wird in den weiteren Verhandlungen angestrebt, den Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost 2019 nicht ersatzlos wegfallen zu lassen, sondern ihn in die Einkommens- und Körperschaftsteuer für Bund, Länder und Kommunen zu integrieren, wie ein Sprecher des Stuttgarter Finanzministeriums der Deutschen Presse-Agentur erläuterte.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte zuvor in Düsseldorf angekündigt, man werde „einheitlich“ in die nächste Verhandlungsrunde zu den Finanzbeziehungen von Bund und Ländern gehen. Details wollte er zunächst nicht nennen. Nordrhein- Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass die SPD- und Grün-geführten Bundesländer bei dieser schwierigen Diskussion jetzt auf „gutem Weg“ seien.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezeichnete eine Integration des Solidaritätszuschlags in die Gemeinschaftssteuern als derzeit „einzige erkennbare sinnvolle Lösung“. Eine solche Regelung könne strukturschwache Regionen nach vorne bringen und Konflikte beim Länderfinanzausgleich lösen.

Acht Milliarden Euro für die Länder

Bei der angestrebtem Integration des „Soli“ in die Einkommens- und Körperschaftssteuer bekämen die Länder laut Verhandlungskreisen jährlich rund acht Milliarden Euro von dem Soli-Aufkommen, das insgesamt zwischen 15 und 17 Milliarden Euro im Jahr beträgt.

Die Regierungschefs von SPD und Grünen pochten dabei auf die Umsetzung einer Zusage des Bundes, dass er fünf Milliarden Euro Eingliederungshilfe für Behinderte übernimmt. Im Gegenzug seien die Länder bereit, Kosten von vier bis fünf Milliarden Euro für die Unterbringung von sozial Schwachen zu übernehmen. Beides wird derzeit von den Kommunen getragen, auf diese Weise sollen sie entlastet werden.

Einer Umfrage zufolge ist die Mehrheit der Deutschen für eine breite Verteilung der „Soli“-Einnahmen auch an westdeutsche Regionen. Gut drei Viertel (78 Prozent) aller Befragten würden die Einnahmen aus dem Solidarpakt Aufbau Ost lieber nach der Bedürftigkeit der Region in Ost und West verteilen, wie aus einer Emnid-Umfrage für Focus hervorgeht. In den neuen Ländern plädierten sogar 82 Prozent dafür.

„Faire Einigung beim Länderfinanzausgleich“

Auch der CDU-Bundesvize und nordrhein-westfälische CDU-Landeschef Armin Laschet ist für eine Fortschreibung des „Soli“ ohne die bisherige Regionalbegrenzung: „2019, wenn der Solidarpakt für den Aufbau Ost endet, sollten die Mittel aus dem Solidaritätszuschlag zweckgebunden und nach Priorität vergeben werden“, sagte er der Welt. Das Modell, den „Soli“ in die Einkommensteuer zu integrieren, wies er allerdings zurück: „Davor kann ich nur warnen. Die Menschen würden das als Steuererhöhung empfinden“, betonte er.

„Der Ball liegt jetzt im Feld der Union“, sagte der baden- württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) den Stuttgarter Nachrichten (Montagausgabe). „Denn auf dieser Grundlage wird beides möglich: eine faire Einigung beim Länderfinanzausgleich und der Einstieg in den Abbau der kalten Progression.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ein "Armutszeugnis", nennt man so was, glaube ich. Die Einführung des Solidaritätszuschlags wurde 1991 vorwiegend damit begründet, dass die kaputte DDR nach 40 Jahren Sozialismus besonders abgewirtschaftet und mit den ganz normalen Steuern nicht sanierungsfähig war. Außerdem sollte der Soli die Zusatzkosten der "Operation Desert Storm" (kurz: Golfkrieg) tragen helfen und in die Unterstützung der ebenfalls maroden mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder fließen. Nun also auch der vormals "goldene" Westen. Da frage ich mich doch, ob die "zehn Ministerpräsidenten von SPD und Grünen", die sich in Düsseldorf dazu verständigt haben, dass nun der Westen einen Soli braucht, nur die Union meinen mit ihrem Vergleich, oder ob sie damit auch die "Leistung" ihrer eigenen Parteigenossen bewertet wissen wollen. Rot-Grün hat schließlich (fast) 8 Jahre lang regiert gerade auch im Westen. Nun ja. Vielleicht war Image nicht so ganz das Ziel. Es ist wohl einfach schade um den schönen Futtertrog. So eine prima Chance auf Umverteilung kommt so bald bestimmt nicht wieder. Zumal es in der Ukraine derzeit hakt.