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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenKammer von Millionen überzeugt

Der Kammerton ist moll, sagen Ironiker, wenn auf den dicken Teppichen der Handelskammer die Männer in den schwarzen Anzügen ihre Höflichkeiten austauschen. So war es auch in der kleinen Runde, die am Mittwoch dieser Woche dort den Wiesbadener Projektentwickler Jürg Köllmann und den Wirtschaftssenator Josef Hattig traf. Thema: Planungen auf dem AG Weser-Gelände. Kein Gedanke mehr an Streit, kein Widerspruch, nur vielleicht einige skeptische Fragen in moll waren da zu hören. Neun Millionen Besucher erwartet Köllmann für das Einkaufszentrum auf dem AG Weser-Gelände, mit der Metro-AG (Real, Kaufhof, Media Markt, Hansa Saturn) will er demnächst Gespräche führen, denn ein ganz normales großes Warenhaus soll dort entstehen, auf 18.000 Quadratmetern sollen Schuhe und Textilien verkauft werden. Die Kauflustigen sollen auch in der Rakete nach oben geschossen und zwei Sekunden Schwerelosigkeit erleben dürfen, das wird nach den Prognosen aber erheblich weniger Menschen anlocken.

Insgesamt 100 Millionen Mark will der Wirtschaftssenator ausgeben, um die Kritiker dieses neuen Einkaufszentrums zu beruhigen: Für 75 Millionen dürfen sich die Innenstadt-Kaufleute etwas wünschen, 25 Millionen sollen zusätzlich nach Gröpelingen fließen. In der Handelskammer hat sich gleich eine Arbeitsgruppe gebildet, um zu diskutieren, was man sich für das Geld alles kaufen kann. Fähnchen in der Innenstadt und mehr Straßenkehrer standen ursprünglich auf der Liste, am Ende blieben schwergewichtigere Punkte wie der 6spurige Ausbau der Autobahn A 27.

Köllmann versicherte, daß er seine Firma als Betreiber des gesamten Komplexes sehe, den fehlenden Sachverstand werde man sich über „Joint Ventures“ einkaufen. Und daß im Durchschnitt täglich 40.000, an besonderen Tagen auch mal 80.000 BesucherInnen das alte AG Weser-Gelände erreichen sollen, sei auch kein Problem. Und daß die Mills Corporation, die in den USA Shopping-Malls betreibt, abgesagt hat, sei gar kein Problem, die Finanzierung steht. 800 Millionen will die Stadt dazutun, mehr nicht, versicherte Wirtschaftssenator Hattig.

Und die Kaufleute, die alle gelernt haben, daß man als Verkäufer auch fünf Minuten vor dem Termin beim Konkursgericht noch ein fröhliches Lächeln auf dem Gesicht zeigen muß, waren überzeugt und zufrieden über die große Zukunft, die Bremen da vorgezeichnet ist. Es freut sich mit Ihre Rosi Roland

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