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das portraitRon Paustian verbindet Heavy Metal und Inklusion

„Inklusion muss laut sein“, so heißt das Projekt, das Ron Paustian gegründet hat und das gerade mit dem Preis der Metropolregion Hamburg ausgezeichnet wurde. taz-Panter-Preisträger ist Paustian schon seit 2016. Der Name des Projekts passt auch insofern, als der Beginn viel mit einem Konzert der Metall-Band Helloween im Jahr 2009 zu tun hat. Paustian, der mit Schizophrenie lebt und daher Massenansammlungen nur begrenzt verträgt, rief vorab den Veranstalter an, um sich nach den Notausgängen zu erkundigen. Das stieß auf wenig Verständnis, aber nach dem Konzert war Paustian klar: Solche Informationen sollte es vorab geben. Er gründete das Magazin New-Metal-Media, in dem neben Texten über Bands genau die zu finden waren. Das Magazin kam gut an, aber bald meldeten sich Leser, die sagten: „Schön, was Du machst, aber ich bräuchte Infos für Rollstuhlfahrer“ oder etwa für Blinde.

Jährlich hat Paustian die Wacken-Gründer mit neuen Verbesserungvorschlägen zur Barrierefreiheit genervt. Erfolgreich: Schrittweise kamen Rampen, Podeste und inzwischen kommen zum Wacken Open Air sogar drei bis fünf beatmete Patienten. Paustian, 42 und Frührentner, hat ein Buddie-Prinzip entwickelt: Bei ihm und seinen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen melden sich Freiwillige, die Menschen mit Behinderung zu Kulturveranstaltungen begleiten wollen. Das Büro – eigentlich ein Schreibtisch in Paustians Wohnzimmer – in Dithmarschen vermittelt dann. Immer wieder fallen Leute aus der Kartei, weil sie sich angefreundet haben und keine Buddie-Begleitung mehr brauchen.

An Freiwilligen mangelt es nicht, über 1.700 gibt es, inzwischen auch medizinisch Geschulte, die Menschen mit besonderem Bedarf begleiten. „Es ist Ehrenamt 2.0“, sagt Paustian, die Leute setzten die Zeit fürs Ehrenamt so ein, wie es für sie passe, nicht umgekehrt. Es bewegt sich was in Sachen Inklusion, aber es dauert. Es ist ein „Prozess und ein Bewusstsein“ und, so sagt Paustian, langsamer noch zu bewerkstelligen als Rampen und Simultan-Gebärden.Friederike Gräff

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