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Roman über das KZ MauthausenEin minimales Glück

„K.L. Reich“ aus dem Jahr 1963 ist nun auf Deutsch erschienen. Es schildert, wie spanische Antifaschisten im Lager zu überleben versuchten.

Die Gedenkstätte am Gedenktag 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs (Archivbild 2015) Foto: reuters

Der kleine Wiener Czernin Verlag legte unlängst die Übersetzung eines Romans vor, der im Original bereits 1963 erschien, in Katalonien als Schullektüre dient und auch im deutschsprachigen Raum endlich wahrgenommen werden sollte: „K.L. Reich“ schildert den Zwangsaufenthalt eines in der Nähe von Barcelona geborenen Schriftstellers, der sich für die Linke engagiert und mit Beginn des Bürgerkriegs zur Armee der Republik gemeldet hatte, im KZ Mauthausen.

Joaquim Amat-Piniella hat die Form einer auf eigenen Erlebnissen basierenden Fiktion gewählt, um sich und den Lesern das Unfassliche der Ereignisse vor Augen zu führen. Ihm gelingt es, spürbar werden zu lassen, was im Augenblick der Erfahrung eine schiere Überforderung der Wahrnehmung und des Denkens gewesen sein muss. „Man müsste Schwielen auf den Augen bekommen“, lässt Amat-Piniella einen Kameraden sagen, „um das ganze Elend nicht mit ansehen zu müssen.“ Noch in den bedrängendsten, lähmendsten Augenblicken erweist sich seine Beobachtungsgabe.

Die Perspektive ist auf die große Gruppe der antifaschistischen Spanier fokussiert, die unterschiedlichen Fraktionen angehören. Die straffste Organisation von Widerstand wird von den Kommunisten geführt, ebenso gibt es Syndikalisten, Anarchisten und Unabhängige, die allesamt die Hölle überleben wollen, aber auch ersehnen, die Tatenlosigkeit überwinden zu können.

Meisterhaft vermag sich der Autor in die Seelen und Verhaltensweisen der Internierten einzufühlen: „Raue Stimmen aus verengten Kehlen … Sinnlose Wörter, mit denen sich die, die sie aussprachen, und die, die sie hörten, verzweifelt zu vergewissern versuchten, dass sie noch lebten, dass sie weder die senkrecht gestreifte Kleidung trugen noch diese gespenstischen Mienen hatten.“ Im KZ geht jeder Weltbezug verloren, alle wollen sich bloß noch vergewissern, am Leben zu sein, ohne mehr etwas Sinnvolles mitteilen zu können.

Widersprüchliche Gefühle

In der extremen Lage sind die Gefühle der Inhaftierten höchst widersprüchlich. Als die Spanier aus einem eher erträglichen Nebenlager ins Hauptlager zurückkehren, kommt ihnen der berüchtigte, von SS-Offizieren kontrollierte Appellplatz fast heimelig vor. Darin besteht einer der Vorzüge des Romans: Die Gefangenen werden als Menschen dargestellt, sie sind noch immer von dem Wunsch erfüllt, auch unter widrigsten Umständen ein minimales Glück zu suchen. Noch werden fromme und Volkslieder gesungen, die Nostalgie erzeugen.

Der Überlebenskampf bringt es mit sich, dass es bei manchen Verachtung für diejenigen gibt, die schlimmer dran sind als sie selbst, zerlumpter und hoffnungsloser. „Elend ist abstoßend.“ Mehr noch: Hin und wieder ist sogar eine heimliche Faszination für die Gräueltaten festzustellen, die Mitgefangenen von den Deutschen angetan werden. Da schlägt die Gier nach Selbsterhaltung durch: Die Zuschauer selbst bleiben in diesem Augenblick ja unversehrt. Auch erotische Bedürfnisse werden auszuleben versucht; die Blockältesten stellen jungen Burschen nach, über die sie Aufsicht führen, und zwischen neu eingelieferten Slawinnen und männlichen Insassen kommt es zu Techtelmechteln.

„K.L. Reich“

Joaquim Amat-Piniella: „K.L. Reich“. Aus dem Katalanischen von Kirsten Brandt. Czernin, Wien 2016, 368 S., 24,90 Euro

Das Grauen wird dem Leser in erschütternder Konkretion und all seiner Banalität vorgeführt. Der Nationalsozialismus ist so brutal wie kleinkariert, sucht das Abscheuliche gemütlich erscheinen zu lassen. Aus dem Krematorium steigt immer wieder schwarzer, nach verbrannter Wolle stinkender Rauch auf.

Am Ende freut man sich mit den Gequälten über die Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen. Jetzt kann Freiheit anvisiert und der Mensch wieder jenseits von „Rasse“, Nationalität und Parteiung gedacht werden. Dieses Buch kommt zum richtigen Zeitpunkt – in einer Situation, in der Fremdenhass wieder um sich zu greifen droht.

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