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Roma-Abschiebung in FrankreichLeonarda darf nicht zurück

Ein französisches Gericht bestätigt die Abschiebung eines Roma-Mädchens vom Oktober. Die gesamte Familie muss nun im Kosovo bleiben.

Hat in Frankreich keine Zukunft: Leonarda Dibrani in Mitrovica. Bild: ap

MITROVICA ap | Ein französisches Gericht hat die umstrittene Abschiebung eines Roma-Mädchens und seiner Familie in den Kosovo bestätigt. „Heute ist meine Zukunft zu Ende gegangen“, sagte Leonarda Dibrani, die im Oktober vor den Augen ihrer Mitschüler von der Polizei abgeholt und abgeschoben worden war. „Es ist ein Alptraum für mich“, sagte sie nach der Entscheidung am Dienstag.

Die Ausweisung widerspreche nicht Frankreichs internationalen Verpflichtungen, entschied das Gericht in Besançon im Osten des Landes. Es berief sich zudem darauf, dass der Vater des Mädchens keine wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven in Frankreich habe und bei der Mutter keinerlei Assimilierung zu erkennen sei.

Die Abschiebung eines 15-jährigen Mädchens hatte in Frankreich heftige Kritik und Proteste von Schülern ausgelöst. Die Dirbanis leben inzwischen in Mitrovica im Norden Kosovos. Staatspräsident François Hollande hatte Leonarda angeboten, für die Ausbildung ohne die Familie nach Frankreich zurückzukehren. Sie wies das Angebot zurück.

Die Abschiebung hatte vor allem deshalb zu massiven Protesten geführt, weil Leonarda vor den Augen ihrer Mitschüler nach einem Schulausflug von der Polizei aufgegriffen und dann in das Kosovo geschickt worden war. Die Schule gilt in Frankreich als geschützter Ort, an dem solche Maßnahmen nicht stattfinden sollten.

Dennoch handelte die Polizei laut einem Ermittlungsbericht nach geltendem Recht einwandfrei. Die Betroffenen seien zuvor etliche Male zum Verlassen des Landes aufgefordert worden, hieß es in einem Papier, das Hollande vorgelegt wurde. Der Asylantrag der Familie Dibrani war abgelehnt worden, so dass sie nicht länger das Recht hatte, in Frankreich zu leben. Die Familie weigerte sich aber, das Land zu verlassen. Daher wurde sie am 8. Oktober ausgewiesen.

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6 Kommentare

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  • G
    gast

    Frankreich war bislang immer sehr großzügig, wenn es um Asyl ging.

     

    Man kennt ja die finanzielle Lage in Frankreich, da ist man jetzt wohl ein wenig strenger mit Leuten die nicht gehen wollen, trotz mehrmaliger Aufforderungen.

     

    Bei uns in Deutschland ist es doch auch so, wer immer und immer wieder Duldung bekommt, wird eines Tages die Frist bekommen an einem bestimmten Tag ausreisen zu müssen. Wer dies nicht tut, wird verhaftet, in Abschiebehaft gesteckt und das können dann Monate sein, und letztendlich abgeschoben. Nicht selten werden dann Leute in Nachbarländer des Heimatlandes abgeschoben, nur weg müssen sie (alte Berichte über Abschiebepraktiken in D.)

  • @Anton Wagner

    Selbtsverständlich will das die Offentlichkeit so, da brauchen Sie auch nicht so tun als wäre dies ein Geheimnis. Gesetze werden von den Parlamentariern verabschiedet, die wiederum vom Volk gewählt werden. Wenn die französische Öffentlichkeit das anders sieht, muss es halt bei den nächsten Wahlen auch anders entscheiden.

  • B
    Brecht

    Prima, die französische Justiz entscheidet vorbildlich für ganz Europa. Es ist wirklich an der Zeit, daß der Rechtsstaat wieder einwendfrei funktioniert und sich nicht auf der Nase herumtanzen läßt!

    • @Brecht:

      ob das wirklich so vorbildlich ist? wenn ich es richtig sehe/erinnere, dann ist frau Dibrani italienerin - ihr kinder also auch - also bis auf herrn Dibrani sind alle EU-bürgerinnen und herr Dibrani ist als ehegatte einer EU-bürgerin ebenfalls 'privilegiert'.

      ich glaube nicht, dass rechtsstaat im EU-maßstab erlaubt, dass ein EU-staat mitglieder*innen eines anderen EU-staates in einen nicht-EU-staat abschiebt!

      eigentlich müßte das auch den richterleins in Besancon klar sein.

      ich kann nur hoffen, dass der anwalt der familie die sache bis zum EUGH treibt - spätestens dort müßte fronkroisch sich eine heftige rechtsstaatliche watschn einfangen. verdient hat es sie.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Gesetz geht über Menschlichkeit. In Wahrheit will das doch die Öffentlichkeit so.

    • WS
      walid s
      @774 (Profil gelöscht):

      "gesetz geht über menschlichkeit" - vielleicht geht auch realität vor illusion und eitler, wohlfeiler empörung ohne eigene betroffenheit

       

      ich habe noch sehr wenige, die solche töne von sich sich geben mit konkretem eigenen beitrag gesehen - sehr, sehr wenige

       

      der beitrag beschränkt sich sich hauptsächlich auf betroffenheitsäusserungen und die forderung, dass "irgendjemand" - in jedem falle aber ein anderer- jetzt doch etwas tun muss

       

      am besten in der kreuzberger schule an den flüchtlingen zu besichtigen. wenn es ums demonstrieren, fordern und randalieren geht, stehen sehr kurzfristig auch mal ein paar hundert autonome zu jeder tages und nachtzeit vor der tür.

       

      schaut man sich die zustände in der schule (räume, klos treppen usw.) an, dann ist das von memschenwürdig weit entfernt.

       

      können autonome keine klos putzen? können die keine pappe in zerschlagene fenster einsetzen? können die keine waschmaschinen (umsonst, meine könnt ihr haben) organisieren?

       

      also, spart euch diese "gesetz geht vor menschlichkeit" sprüche, solange ihr euch noch nicht mal um die wirklich kümmert, die schon da sind