Robert Menasse und die gefälschten Zitate: Eine Medaille gibt es dennoch
Trotz des Fälschungsskandals hält Rheinland-Pfalz an der Verleihung der Zuckmayer-Medaille an Menasse fest. Er hatte Zitate frei erfunden.
Menasse hatte in mehreren Essays frei erfundene Zitate von Walter Hallstein, dem ersten Präsidenten der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, verwendet. Zudem hatte er in Vorträgen wahrheitswidrig behauptet, Hallstein hätte seine Antrittsrede in Auschwitz gehalten. „Ich habe diese Fehler nicht absichtsvoll und nicht mit dem Ziel der Täuschung begangen“, sagt Menasse nun in der Pressemitteilung. „Die künstlerische Freiheit im Roman und die Spielregeln im politischen Diskurs dürfen nicht vermischt werden. Darauf werde ich achten und darauf können Sie sich verlassen.“
Noch am Wochenende hatte Menasse in einem Gastbeitrag für die Welt seine Fälschung relativiert: „Im Vergleich zu der Frage, wohin die europäische Union in Zukunft geht, im Vergleich zu Hallsteins großartiger Vision ist dieser Fehler aber eine Winzigkeit, er ist die Fußnote, die ich lieber hätte setzen sollen.“
Ministerpräsidentin Dreyer begründete die Preisverleihung an Menasse mit seinen großen Verdiensten um die deutsche Sprache. „Sein engagiertes Streiten für die europäische Idee trifft europaweit auf große Resonanz und hat die politische Debatte um die Zukunft der Europäischen Union sehr bereichert“, sagte Dreyer.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf hatte schon in der vergangenen Woche gefordert, Menasse die Carl-Zuckmayer-Medaille nicht zu verleihen. „Menasse hat nachweislich in Reden und Aufsätzen erdichtete Sätze als Fakten ausgegeben. Dies ist eine Art Geschichtsfälschung, die nicht hingenommen werden darf“, sagte Baldauf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen