Riskante Nanopartikel: Die unsichtbare Gefahr
Umweltorganisationen fordern EU-Regeln für Nanopartikel. In Tierversuchen hat sich bereits gezeigt, dass die Teilchen krebserregend sind.

BRÜSSEL taz | Nanopartikel sind winzig – und stecken mittlerweile in Sonnencremes und Zahnpasten, in Tomatenketchup, Farben und Schuhputzzeug. Die oft nur aus wenigen Atomen bestehenden Stoffe verhindern Verklumpen, stabilisieren Farben und erhöhen die Haltbarkeit von Produkten.
Deshalb kommen sie in der Industrie immer häufiger zum Einsatz. Regeln für ihre Anwendung gibt es in der EU aber bislang nur für wenige Bereiche wie die Kosmetikindustrie.
„Das ist unverantwortlich. Die Nanovarianten verhalten sich oft ganz anders als die normalen Stoffe. Deshalb brauchen wir eine eigene Risikobewertung“, sagt Jurek Vengels, Nano-Experte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Gemeinsam mit zwei weiteren europäischen Umweltorganisationen legt der BUND an diesem Dienstag der Europäischen Kommission einen bereits vorformulierten Gesetzesvorschlag für eine Nano-Regulierung vor. Dies ist durchaus ungewöhnlich. „Wir wollten es möglichst konkret machen, weil sich die EU-Kommission bisher immer wieder herausgeredet hat“, sagt Vengels.
Bereits im April 2009 hatte das EU-Parlament die Behörde aufgefordert, die Nutzung von Nanopartikeln zu regulieren. Die EU-Kommission sperrt sich allerdings dagegen. In einer Stellungnahme vom Oktober dieses Jahres machte sie klar, dass sie eine solche Regelung für „nicht notwendig“ hält.
Der BUND sieht das anders. Es gäbe bereits Hinweise darauf, dass Nanopartikel gesundheitsschädlich sein können. So haben Nanoteilchen aus Kohlenstoff im Tierversuch Lungentumore ausgelöst, sagt Jurek Vengels. „Dabei ist Kohlenstoff in seiner normalen Form völlig unbedenklich. Deshalb brauchen wir besondere Tests für die Nanoteilchen“, sagt der BUND-Experte.
Die Umweltschutzorganisationen verlangen ein europäisches Register für Nanoprodukte, eine Kennzeichnungspflicht zum Beispiel für Kosmetikprodukte und Lebensmitteln sowie vorgeschriebene Tests, bevor Produkte mit den Partikeln auf den Markt gebracht werden dürfen.
Nanopartikel werden oft nur in sehr kleinen Mengen hergestellt. Deshalb greifen für diese Stoffe auch die für größere Mengen Chemikalien geltenden EU-Regeln nicht. Die Kommission äußerte sich nicht zu dem Vorstoß. Man warte ab, bis der Vorschlag vorliege, sagte ein Sprecher der Behörde.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator