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Risiken für Bundestagswahl 2021Seehofer warnt vor Angriffen

Die Bundestagswahl könnte Ziel von Ha­cke­r:in­nen und Ex­tre­mis­t:in­nen werden. Behörden halten den Urnengang für sicher und treffen Vorkehrungen.

Kreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld: Nach einer Cyberattacke wurde der Katastrophenfall ausgerufen Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Berlin taz | Gut zwei Monate sind es noch bis zur Bundestagswahl am 26. September. Eine Wahl, die politisch einiges durcheinander wirbeln könnte. Und die Interessierte verleiten könnte, diese zu manipulieren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und mehrere Behördenchefs warnten auf einer Pressekonferenz am Mittwoch deshalb vor Sicherheitsrisiken bei der Wahl.

„Wir haben das Ziel, einen von außen unbeeinflussten Wahlkampf sicherzustellen“, erklärte Seehofer. Stand jetzt sei die Vorbereitung und Durchführung der Wahl sicher. Bedrohungen seien aber dennoch vorhanden. Seehofer sprach von einer „aufgewühlten Gesamtstimmung“, die in den nächsten Wochen eine Herausforderung für die Polizei werde.

Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang verwies dabei zunächst auf Bedrohungen aus dem Inland. So bereite ihm rechtsextreme Propaganda im Internet „große Sorge“. „Das Netz quillt über von Hassbotschaften, die antimuslimisch, antisemitisch, fremdenfeindlich und demokratieablehnend sind.“ 13.300 Rechtsextreme im Land gelten zudem als gewaltbereit. Auch Linksextreme könnten politische Gegner ins Visier nehmen, warnte Haldenwang.

Die AfD gelte dort als „Erste Klasse Gegner“. Zu rechnen sei mit Sachbeschädigungen an Plakaten oder Parteibüros, aber auch mit Attacken auf Wahlstände. Laut Seehofer erhalten Po­li­ti­ke­r:in­nen diesmal mehr Personenschutz als bei früheren Wahlen. Haldenwang sagte, selbst Terror sei nicht auszuschließen. So gebe es weiter genügend Islamisten, „die auch in Wahlkampfzeiten Anschläge verüben könnten“, ob mit einfachen Mitteln wie Messern oder organisierter.

Gefahr durch Hackingangriffe aus dem Ausland

Der Verfassungsschutzchef verwies auch auf die Coronaproteste, bei denen ebenfalls versucht werde, das Vertrauen in die Demokratie zu erschüttern. Zwar seien die Demonstrationen rückläufig – deren Prot­ago­nis­t:in­nen aber nicht verschwunden. Tatsächlich mobilisiert die „Querdenken“-Initiative derzeit für eine bundesweite Demonstration am 1. August in Berlin. Vor einem Jahr war es dabei zum Sturm der Bundestagstreppe gekommen.

Eine Gefahr drohe zudem durch Hackingangriffe, die auch aus dem Ausland kommen können. So könnte versucht werden, an Daten von Abgeordneten zu kommen und diese verfälscht zu veröffentlichen. Laut Haldenwang gibt es bereits seit Februar Phishing-Angriffe auf eine niedrige dreistellige Zahl von Abgeordneten des Bundestags und der Landtage, bei denen mit gefälschten Emails versucht wird, an private Daten zu gelangen.

Die Behörden gaben der Kampagne den Titel „Ghostwriter“. Wer diese Angriffe steuert, ließ Haldenwang offen, laut Medienberichten ist vom russischen Militärgeheimdienst die Rede. Die meisten Angriffe seien indes nicht erfolgreich gewesen, so Haldenwang. Auch insgesamt bewegten sich ausländische Einflussversuche bisher auf einem „niedrigen Niveau“.

Bundeswahlleiter Georg Thiel versicherte, dass Vorsichtsmaßnahmen getroffen wurden. So sicherten bis zu 700.000 Wahl­hel­fe­r:in­nen die Bundestagswahl. Dass diese „oldschool“ über Wahlzettel laufe, und nicht etwa über Wahlautomaten, verunmögliche größere Manipulationen. „Man kann vielleicht kleine Störungen verursachen, aber das Gesamtsystem ist extrem widerstandsfähig“, sagte Thiel.

Wahlsoftware „auf Herz und Niere getestet“

Auch die Übermittlung der Wahlergebnisse erfolge verschlüsselt über ein eigenes Netzwerk. Die Wahlsoftware werde momentan „auf Herz und Niere getestet“. Und auch die Briefwahl sei sicher: Die dortigen Urnen würden genau so ausgezählt wie die in den Wahllokalen. Thiel betonte, dass es die Briefwahl seit 1957 gebe und es seitdem nie zu größeren Problemen gekommen sei.

Auch Arne Schönbohm, Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), nannte die deutsche Wahltechnik „sehr sicher“. Er und Seehofer appellierten dennoch an die Eigenverantwortung. So hätten alle Parteien Einladungen erhalten, sich bei den Behörden über Sicherheitsfragen zur Wahl unterrichten zu lassen. Es gebe im Falle von Cyber­angriffen für diese auch Notfallkontakte zum BSI.

Daneben existiere ein „Rotes Telefon“, mit dem soziale Netzwerke durch das BSI kontaktiert werden können. Schönbohm sagte, man müsse es den Angreifern „so schwer wie möglich machen“. Am Mittwoch trafen sich auch 350 Ver­tre­te­r:in­nen des Landkreistages zu diesem Thema mit dem BSI. Haldenwang appellierte zudem an die Bür­ge­r:in­nen, Desinformation nicht zum Opfer zu fallen: Hier helfe, sich aus möglichst vielen Quellen zu informieren, nicht nur in einer „Blase“.

Wie real die Gefahr ist, zeigt ein Hacker-Angriff auf die Landkreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld. Mehrere Server wurden dort vor einer Woche mit der Software Ransomware infiziert, die Daten verschlüsselte. Für die Wiederfreigabe wird ein Lösegeld gefordert. Der Landkreis rief den Katastrophenfall aus, die Verwaltung rechnete damit, für zwei Wochen ihre Arbeit weitgehend einstellen zu müssen. Spe­zia­lis­t:in­nen arbeiten seitdem an der Bekämpfung des Virus. Wer den Angriff initiierte, ist unklar.

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