piwik no script img

Rigaer Straße 94Keine Räumung in Sicht

Die Räumungsklage gegen die Rigaer94-Kneipe Kadterschmiede ist gescheitert. Enthüllungen aus einem Diebstahl bringen die Eigentümer in Bedrängnis.

Rigaer 94 – kein Durchkommen für die Eigentümer Foto: dpa

Berlin taz | Noch im August schien die finale Phase für das teilbesetzte linksradikale Hausprojekt Rigaer Straße 94 angebrochen. Ein Urteil des Berliner Kammergerichts hatte erstmals die Prozessfähigkeit der Eigentümerfirma Lafone Investments Limited festgestellt. Nach einer Polizeirazzia im Haus, bei der die Personalien der vermeintlich aktuellen Be­woh­ne­r:in­nen festgestellt wurden, deutete viel darauf hin, dass die Eigentümer mit ihren zahlreichen angestrengten Räumungsklagen, die im September verhandelt wurden, Erfolg haben würden.

In jener Zeit, Ende August, drei Tage vor der Razzia, kam es zu einem Einbruch in den Büroräumlichkeiten des Eigentümers der Rigaer 94 Leonid Medved und seines Kollegen Igor Lipniak am Kurfürstendamm. Die Täter:innen, offensichtlich mit Bezug zu dem Hausprojekt, entwendeten dabei zahlreiche Dokumente, die sie derzeit peu à peu auf einer Webseite veröffentlichen. Doch damit nicht genug an Unannehmlichkeiten für Medved: Auch vor Gericht hatte er überraschenderweise keinen Erfolg.

Ende vergangener Woche wurde eine Entscheidung im Räumungsprozess gegen die Kadterschmiede, eine Kneipe in der Rigaer 94, verkündet. Wie sich schon bei der Verhandlung im September vor dem Landgericht angedeutet hatte, wies der Richter die Klage als unzulässig ab: Schon die Vollmacht für die Anwälte der Eigentümergesellschaft sei nicht ausreichend. Diese kündigten nach dem Urteil an, die Entscheidung anzufechten und vor die nächste Instanz zu tragen.

Schon bei einem Prozess im September vor einer anderen Kammer des Landgerichts hatten die Rich­te­r:in­nen deutlich gemacht, die Prozessfähigkeit der Firma nicht anzuerkennen. Verhandelt wurden damals zwölf Räumungsklagen gegen vor allem ehemalige Bewohner:innen, die noch im Besitz von Mietverträgen waren. Nach Einschätzungen des Gerichts sei eine Geschäftstätigkeit der Briefkastenfirma in England nicht nachweisbar. Sie sei keine in Deutschland anerkannte Gesellschaft.

Zwar einigten sich mehrere ehemalige Be­woh­ne­r:in­nen auf Vergleiche, womit sie aus den Mietverträgen ausscheiden, doch dies nutzt der Lafone in der Praxis nichts. Um die derzeitigen Be­woh­ne­r:in­nen erfolgreich herauszuklagen bräuchte es sowohl Gewissheit über deren Identitäten als auch erfolgreiche Räumungstitel. Doch weil Amts- und Landgericht die Firma nicht für prozessfähig halten, stehen die Aussichten darauf schlecht.

Eigentümer im Glücksspielgeschäft?

Aus den nun veröffentlichten Dokumenten, deren Echtheit die taz nicht überprüfen kann, soll hervorgehen, dass Medved, über dessen Eigentümerschaft lange nur spekuliert worden war, womöglich bereits 2014 mit einem Darlehen von über 1,3 Millionen Euro am Kauf der Rigaer Straße 94 beteiligt gewesen sein soll. Ebenso wollen die anonymen Verfasser der Blogbeiträge Hinweise gefunden haben, nach denen ein Anwalt der Eigentümer in seiner Rechnung auch Konsultationen mit dem früheren Justiziar der Berliner Polizei und einem CDU-Abgeordneten auflistete.

Veröffentlicht wurden zudem Unterlagen, die nahelegen, dass Medved und Lipniak ein weitverzweigtes Unternehmensgeflecht kontrollieren. Zu ihrem Besitz sollen demnach noch mehrere weitere Wohnhäuser in Friedrichshain gehören sowie Firmen zum Betrieb von Spielhallen. Aus Unterlagen soll hervorgehen, dass das Büro auch im Zuge von Ermittlungen wegen manipulierter Spielautomaten durchsucht wurde.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare