piwik no script img

Rezepte gegen RechtsViele Köpfe sind gemeint

Kommentar

Was für ein Timing: Wenige Tage nachdem irgendwo in der Republik mal wieder ein rechtsextremer Mob Menschen anderer Hautfarbe durch die Straßen gehetzt hat, zieht Brandenburgs Justizministerin Beate Blechinger (CDU) eine Studie aus ihrer Schublade, die sie eigentlich erst in ein paar Wochen präsentieren wollte. Das Ergebnis der Studie: Rechten Gewalttätern muss mit härteren Repressions- und Erziehungsmaßnahmen begegnet werden, Bewährungsstrafen sollen schneller in Haftstrafen umgewandelt werden, und die Strafen sollen stärker am persönlichen Lebenshintergrund der Täter anknüpfen. Die Vorschläge klingen einleuchtend. Nur: Sie gehen am Problem vorbei.

Die Verfasser der Studie belegen, dass es vor allem das soziale Umfeld ist, welches viele Neonazis zu Wiederholungstäter macht. Alkohol spiele eine große Rolle, und häufig würden sie eine geringere intellektuelle Leistungsfähigkeit aufweisen als nicht rückfällig Täter. Mag ja alles richtig sein. Doch die Politiker und - in diesem Fall auch die Wissenschaftler - machen es sich zu einfach, wenn sie bloß auf die rechten Schläger schauen.

Alarmierend an Mügel ist doch, dass die Polizei zwar das Rufen ausländerfeindlicher Parolen bestätigt, daran aber keinen rechten Hintergrund erkannt hat. Irritierend ist auch die Reaktion des Bürgermeisters, der nach wie vor von einem rechten Problem in seiner Stadt nichts wissen will. Beides begegnet einem auch in Brandenburg.

Am meisten empört das Gebaren der Bundesregierung. Nach Übergriffen wie in Mügel fürchtet sie um Deutschlands Image. Sobald rechte Gewalt in der Öffentlichkeit wieder anderen Themen gewichen ist, streicht sie den Initiativen gegen rechts die Mittel. Solange sich in diesen Köpfen nichts tut, werden noch so harte Strafen auch nichts ändern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!