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Reproduktive Rechte in DeutschlandPaus gegen Gehsteigbelästigung

Eigentlich hätte ein entsprechender Gesetzentwurf bereits Ende 2022 vorliegen sollen. Die grüne Familienministerin Lisa Paus macht jetzt Druck.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus setzt sich gegen Gehsteigbelästigung ein Foto: imago

Berlin taz | Der Gesetzentwurf zur sogenannten Gehsteigbelästigung kommt, und zwar „möglichst bald“. Das kündigte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) gegenüber der taz an. „Die Gehsteigbelästigung ist ein Unding. Frauen in extrem schwierigen Situationen sind zur Beratung verpflichtet und werden auf dem Weg dahin belästigt und bedroht. Das ist ein unhaltbarer Zustand“, sagte Paus.

Bei der Gehsteigbelästigung werden vor Arztpraxen, Krankenhäusern und Beratungsstellen Schwangere und Mitarbeiter_innen belagert. Die Koalition will dies deshalb als Ordnungswidrigkeit ahnden. Eigentlich sollte ein Gesetzentwurf schon Ende letzten Jahres vorliegen. „Ich wäre gern schneller damit gewesen, aber wir sind mit den Vorarbeiten schon weit und haben inzwischen gute Gespräche mit dem Justiz- und dem Innenministerium geführt“, sagte Paus der taz. Auch ein Rechtsgutachten des grünen-nahen Gunda-Werner-Instituts wiegt die Persönlichkeitsrechte der schwangeren Person schwerer als die Meinungsfreiheit Unbeteiligter.

Silvia Breher, frauenpolitische Sprecherin der CDU, spricht sich jedoch gegen „pauschale Be- und Verurteilungen“ aus: „Sogenannte Gehsteigbelästigungen durch Proteste oder Mahnwachen vor den Abtreibungskliniken sehe ich grundsätzlich kritisch“, sagte sie der taz. „Auf der anderen Seite ist es das grundgesetzlich geschützte Recht der Bürger, sich zu Demonstrationen zusammenzuschließen und so auf den Schutz des ungeborenen Lebens aufmerksam zu machen.“ Beide Rechte müssten daher in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden.

Heidi Reichinnek, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, geht dieser Vorstoß nicht weit genug: „Die Gehsteigbelästigungen sind nur eine besonders öffentliche Form der Einschüchterungsversuche von Betroffenen. Falschinformation, auch durch falsche Beratungsstellen, an die Schwangere geraten, Beleidigungen und Bedrohung sind Alltag.“ Sie fordert deshalb kein Verbot der Gehsteigbelästigung, sondern einen sicheren, störungsfreien und anonymen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Paus lobt den Vorstoß Bremens

Über die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen berät seit Ende März eine Expert_innen-Kommission. Bislang regelt Paragraf 218 im Strafgesetzbuch, dass ein Schwangerschaftsabbruch eine Straftat darstellt, der nur unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft wird. Dazu gehört eine Pflichtberatung der schwangeren Person und die Durchführung bis zur 12. Schwangerschaftswoche.

Ein Jahr lang soll die Expert_innen-Kommission nun beraten. „Selbst wenn diese Kommission zügig arbeitet: Es ist doch jetzt schon unrealistisch, dass die Empfehlung in dieser Legislatur noch umgesetzt wird“, sagt Reichinnek.

Bremen will derzeit ein Landesgesetz zum Verbot von Gehsteigbelästigungen voranbringen. Einen solchen Vorstoß hält Familienministerin Lisa Paus für verständlich: „Ich finde es gut, wenn Bremen hier vorangeht“, sagt die Grünen-Politikerin. „Das bremische Gesetz stärkt über das Thema Gehsteigbelästigung hinaus eine bedarfsgerechte Versorgung. Es betrifft neben den Frauen auch die Beschäftigten und wir haben ohnehin einen Versorgungsmangel aufgrund der rechtlichen und auch tatsächlichen Rahmenbedingungen.“

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60 Kommentare

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  • Eigentlich ist es schade, dass es keinen rechtlichen Ansatz gegen dermaßen asoziales Verhalten gibt. Aber genauso wenig ist Dummheit justiziabel. Im Prinzip kann man nur versuchen, solche Belästigungssituationen eskalieren zu lassen, um dann adäquat zu reagieren.

  • Schwierig, da es wohl kaum ein Gesetz geben kann, das solche Mahnwachen speziell nur vor Abtreibungskliniken verbietet. Die Möglichkeiten für diverse Eiferer an Orten, die ihre Abneigung hervorrufen, ihre Gegenposition anzubringen, sind vielfältig. Sicher auch an Stellen, wo es viele hier für angebracht halten würden.

    Die Frage ist auch, ab wann es eine Belästigung ist. Mit nem Pappschild ohne Beleidigung herumstehen ist schon noch was Anderes, als Menschen direkt verbal anzugreifen, zu agitieren oder gar zu bedrängen. Beleidigungen und Nötigung sind ja klar als Strafbestände geregelt.

    Dürfte ein ziemlich schwerer Spagat werden, hier Demonstrationsrecht und Persönlichkeitsrechte rechtssicher in Einklang zu bringen. Dass man die effektiv Frauen vor Belästigung schützen muss, ist ja keine Frage.

  • "Paus gegen Gehsteigbelästigung"



    Wer Gehsteige belästigt oder ihre Belästigung unterstützt, ist mit einer Freiheitsstrafe von...

    Tschuldigung, das mag dem Thema nicht angemessen sein, aber ich finde den Begriff irgendwie so absurd...

  • Das ist wieder mal so ein Symbol- bzw. Alibigesetz ohne Sinn und Verstand, denn: Wie soll man denn jemanden, der einen auf dem Gehsteig belästigt, anzeigen? Sich seinen Ausweis zeigen lassen? Polizeischutz beantragen? Und wer außer einem Gericht sollte dann feststellen, dass es tatsächlich eine Belästigung war. Entschuldigung, aber das ist Quatsch. Wir haben drängendere Probleme als solchen nicht zu Ende gedachten ideologischen Unfug.

    • @Pommes Leibowitz:

      Nachdem es sich bei den sog Lebensschützern sicherlich um "Wiederholungstäter" handelt lässt sich sicher was machen.



      Ideologischer Unfug ist es nicht Frauen vor Fanatikern zu schützen,die versuchen sie in einer sehr persönlichen und schwierigen Situation unter Druck zu setzen,

    • @Pommes Leibowitz:

      Der Arzt kann die Polizei rufen, wenn "Lebensschützer" vor seiner Praxis rumlungern. So simpel ist das.

      Aber dazu braucht es eben eine rechtliche Grundlage.

  • Aus Sicht derjenigen, die von Ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit Gebrauch machen, dürfte die Bezeichnung Gesteigbelästigung als bösartige Diffamierung empfunden werden. IdR dürfte es sich nämlich um Aktivisten handeln, die Mahnwachen abhalten, bzw. das persönliche Gespräch suchen. Mir ist nicht bekannt, dass es in Deutschland regelmäßig, oder überhaupt, zu Übergriffen seitens dieser Leute gekommen wäre. Fraglich ist, ob es Fälle gibt, in denen diese Grundrechte ebenso bedingungslos eingeschränkt werden. Das Gesetzesvorhaben erinnert ein Stück weit an das Bahnmeilengesetz. Verabschieden lassen sich Gesetze bekanntermaßen leicht. Einer Prüfung durch das BVergGE halten sie dadurch noch lange nicht stand.

    • @Klaus Kuckuck:

      Die Familienministerin hat bestimmt lange Weile und arbeitet an einem Gesetz, nur weil sich ein paar überreizte, hormongesteuerte Weiber von harmlosen Bürgern belästigt fühlen, die nur Zufällig vor einer Arztpraxis stehen.

      So wollen Sie uns das doch verkaufen?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Wdkn fällt mal wieder mit einem unsachlichen Beitrag und diesmal sogar mit einer antifeministischen und frauenfeindlichen Formulierung auf.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Das ist aber dann schon mutwillig negativ interpretiert.



        Es fällt in dieser Debatte schon auf, dass die Argumentation aus den USA wie so oft 1:1 übernommen wird. Ohne Frage gibt es in den USA militante Abtreibungsgegner die vor den Kliniken Patientinnen und Belegschaft massiv einschüchtern. Nennen Sie doch mal rein aus Interesse einen einzigen vergleichbaren Fall in Deutschland? Ich kenne da nur die Versuche der "Gehsteigberatungen" vor Beratungsstellen von ProFamilia wo Betroffenen Broschüren und Plastikföten angeboten wurden. Die hiesige Szene ist aber nicht militant und mit den Zuständen in den USA auch nur ansatzweise vergleichbar. Vielleicht können wir nur einmal eine eigene Debatte führen, statt immer nur amerikanische Diskurse zu reenacten? Die Einschränkung des Demonstrationsrechts ist ja nun kein Pappenstiel.

    • @Klaus Kuckuck:

      »Frauen in extrem schwierigen Situationen sind zur Beratung verpflichtet und werden auf dem Weg dahin belästigt und bedroht.« Das Schwingen von Abtreibung-ist-Mord-Schildern oder alberner weißer Kreuze ist sowohl eine Belästigung als auch eine Bedrohung. Vergleichbar wäre es sich vor eine Kirche zu stellen und Religion-tötet-Schilder zu schwenken - das geht ja auch nicht.

      • @Bernardo Januar:

        Jetzt erheben Sie die Entscheidung pro Abtreibung auf die Ebene eines (gesondert geschützten) religiösen Bekenntnisses. Das wird wohl rechtlich nicht standhalten.

        Außerdem ist es eben KEINE Bedrohung, jemandem etwas "anzudrohen", was nur eintrifft, wenn man eine bestimmte moralische Überzeugung vertritt (und dazu im Zweifel auch noch gewisse religiöse Überzeugungen). Konkret: Das Fegefeuer ist KEIN von unserer irdischen Rechtsordnung anzuerkennendes "empfindliches Übel".

      • @Bernardo Januar:

        Zu Begriffen wie Belästigung und Bedrohung gibt es bereits Legaldefinitionen. Dafür braucht es kein neues Gesetz, damit Polizei und Staatsanwälte im Bedarfsfall tätig werden können. Hier geht es aber um ein Gesetz, das eine grundsätzliche Einschränkung der Grundrechte nach Art. 5 und 8. vorsieht. Im Übrigen können Sie vor einer Kirche und vor jeder anderen Einrichtung jederzeit Ihre Meinung äußern und sich versammeln, solange Sie sich an Recht und Gesetz halten. Nichts anderes soll den sogenannten Lebensschützern mit diesem Gesetz verwehrt werden. Ich kann mir einfach schlecht vorstellen, wie so ein Gesetz aussehen könnte, ohne dass es mit unseren Grundgesetz kollidiert.

    • @Klaus Kuckuck:

      Könnten Sie sich vorstellen,dass man vor oder nach (irgend)einem Arztbesuch keine Ansprache durch Fremde vor einer Praxis/Klinik wünscht und zwar unabhängig vom Inhalt dieses Gesprächsangebots?

  • Die Geburtsschützer könnten einfach mal mit konstruktiven Hilfsangeboten für ungewollt Schwangere kommen und eine wohltätige Organisation gründen, die Mütter und kinderreiche Familien unterstützt. Oder meinetwegen in Aufklärung und Verhütung investieren, damit es gar nicht erst zu ungewollten Schwangerschaften kommt. Die wenigen ungewollt Schwangeren würden dann mit Liebe und Geld überschüttet und bräuchten nicht mehr abtreiben, weil sie bei den echten Lebensschützern in guten Händen sind anstatt vor Praxen angefeindet zu werden.



    Wie wäre das?

    • @Katrina:

      "Wie wäre das?"

      Von außen betrachtet sicher verdammt nützlich. Das Problem ist natürlich der moralische Bias, den zumindest die religiös motivierten Lebensschützer ohnehin gegen ungewollt Schwangere haben. Denn was sie so fanatisch macht, ist ja der Glaube an eine "gottgewollte" Ordnung der Dinge, in der ungewollte Schwangerschaften nur schlechten Menschen passieren, weil sie bei guten mangels außerehelichem, nicht der Fortpflanzung dienenden GV gar nicht vorkommen. Das Pharisäertum greift leider gerade in solchen Kreisen weit um sich - obwohl es dem christlichen Grundgedanken eigentlich anathema ist, aber das kapieren Pharisäer naturgemäß nie - und hat für derlei "selbstverschuldetes" Leid ganz betont kein Verständnis.

      • @Normalo:

        Ich glaube, dass es solchen "Lebensschützer" egal ist, ob jemand verheiratet ist oder Sex nur bei Kinderwunsch hat. Ich denke, diese Zeiten sind vorbei. (Wobei ich diese Antifeminist:innen auch wegen zumeist vorliegender Doppelmoral die sich darauf bezieht, welches Leben schützenswert ist, schrecklich finde.)

    • @Katrina:

      Das wäre spitze!

      Wenn die "Lebensschützer" es ernst meinten würden sie auch so handeln. Die eigentliche Zielrichtung dieser Menschen ist etwas ganz anderes als die Unterstützung von schwangeren Frauen und Müttern.

  • Die "Lebensschützer" haben diese einschüchternden Methoden aus den USA gelernt. Die sollten auf keinen Fall verharmlost werden.

  • „Auf der anderen Seite ist es das grundgesetzlich geschützte Recht der Bürger, sich zu Demonstrationen zusammenzuschließen und so auf den Schutz des ungeborenen Lebens aufmerksam zu machen.“ Beide Rechte müssten daher in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden."

    Würde man diese Diskussion auch dann führen,wenn sich Impfgegner vor Arztpraxen versammeln würden? Oder Gegner von sonstigen medizinischen Eingriffen vor Kliniken demonstrieren würden?



    Frauen sind in diesem Fall Patientinnen,die eine gesundheitliche Leistung in Anspruch nehmen. Ihnen gebühren die gleichen Rechte wie allen anderen Patienten auch,ansonsten müsste man sich einen Diskriminierungsvorwurf gegen bestimmte Patientengruppen gefallen lassen.

    • @Croissant:

      Die Antwort lautet- man würde jegliche Demo vor einer Klinik/Kita/Altersheim/Schule sofort räumen lassen. Niemand muss mit "Meinungen" an solchen Orten konfrontiert werden und gestört werden.



      Wenn man im Vorbeigehen von Leuten beschimpft,bedroht oder genötigt wird sollte man unbedingt eine Strafanzeige erstatten,notfalls gegen unbekannt. Ich persönlich kläre das meistens auf der Stelle. :D

    • @Croissant:

      "Würde man diese Diskussion auch dann führen,wenn sich Impfgegner vor Arztpraxen versammeln würden?"

      Hoffentlich. Denn es ist dasselbe Problem: Es gibt grundsätzlich kein Recht, von der Meinungäußerung Anderer unbehelligt zu bleiben. Impfgegner vor Arztpraxen wären daher auch nur rechtsstaatlich greifbar, wenn sie eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellten oder ihr Verhalten die Grenze von der Meinungsäußerung zur Beleidigung oder Nötigung überschritte.

      Umgekehrt könnte man ja auch fragen: Wenn irgendwelche fundamentalen Christinnen eine Ordnungswidrigkeit begehen, wenn sie vorbeigehenden Schwangeren ihre Meinung zum Schwangerschaftsabbruch sagen (und dabei meinetwegen noch wilde Drohungen ausstoßen, die nur für bare Münze nehmen würde, wer ihre streng religiöse Einstellung eh schon teilt) - was ist dann mit ANDEREN weltanschaulichen Gehsteigbekehrern? Müsste es dann nicht AUCH eine OWi sein, wenn mir irgendwer in der Fußgängerzone zuraunzt, das Ende sei nahe und ich würde in der Hölle schmoren, wenn ich nicht sofort bei Religionsgemeinschaft XY unterschreibe? Oder sein atheistisches Gegenstück, dass all die Institutionen denen der Gläubige sein unsterbliche Seele anvertrauen möchte, aufs übelste schmäht?

      • @Normalo:

        Es ist schon seltsam, das ein zusätzliches Gesetz notwendig ist.

        Ihr Beispiel mit der Fußgängerzohne ist Blödsinn, es geht ja eben nicht darum das Lebensschützer in der Einkaufsstaße einen Stand aufstellen und alle vorbeigehenden Passant*innen in einem öffentlichen Raum unbehelligt mit Ihrer Meinung belästigen.

        Die Proteste vor den Abtreibunsgskliniken sind etwas ganz anderes.

        Hie ein besseres Beispiel:

        Es ist ok einen Protest gegen Schulbildung zu organisieren. Motto "Bildung ist doof."

        Wenn der Protest aber vor der Schule abgehalten wird und damit Schülern den Zutritt erschwert und das Ziel hat Lehrer und Schüler einzuschüchtern ist eine klare Grenze überschritten.

        Dann könnte man einfach die Polizei rufen und für Ordnung sorgen lassen.

        • @sociajizzm:

          Jetzt wird's mir aber arg fiktiv. Solche Demos sollten wir dikutieren, wenn es sie gibt.

          Zurück zur Realität: TATSÄCHLICH trifft mich der Bekehrer in der Fußgängerzone ebenfalls "in flagranti" weil ja schon mein Existenz in ihrer derzeitgen Form aus seiner Sicht dem Verderben geweiht ist und mir genau deshalb nachdrücklich "ins Gewissen reden" will - genau wie ein Gehsteigbekehrer vor der Beratungsstelle.

          Der Unterschied ist der: Obwohl ich von seinen apokalyptischen Androhungen theoretisch voll betroffen wäre, kümmert es mich nicht - weil ich den religiösen Sachverhalt, den er für unumstößliche Wahrheit hält, einfach nicht glaube. Das macht mich unempfindlich. Wirklich betroffen udn belästigt/ bedrängt/ in Todesangst versetzt wäre ich doch - rein logisch - nur, wenn mich seine Ausführungen in irgendeiner Form an meinem bisherigen Leben zweifeln lassen könnten.

      • @Normalo:

        Rassismus ist keine Meinung, Sexismus auch nicht.



        Wenn ich meine Meinung kundtun will, tue ich das fair. Nicht in ungleichen Machtverhältnissen. Ich muss keine Gruppe um mich scharen und eine einzelne verunsicherte Person belästigen. Das ist niveaulos, feige und wenn überhaupt nur in der Nebensache eine Meinungsäußerung. Auf dem Schulhof geht so ein Verhalten zu Recht vor den Direx.



        In der Hauptsache ist das eine Übersprungshandlung. Warum nicht mal nach oben treten und ein hohes Tier wegen Gesetzgebung belästigen? Ja in der Tat- das setzt Mut voraus. Amerikanische Verhältnisse hier (sry US).



        Meine Meinung sage ich auch nicht in jedem Fall. Her body, her choice. Das geht mich nichts an. Eine Frau ist übrigens in der Lage, eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Unfassbar, dass das 2023 noch betont werden muss.

        • @A.M.G.69:

          "Das ist niveaulos, feige und wenn überhaupt nur in der Nebensache eine Meinungsäußerung. "

          Das ist vieles Andere auch, aber es ist deshalb keine OWi.

          "Eine Frau ist übrigens in der Lage, eine vernünftige Entscheidung zu treffen."

          Sehe ich auch so - aber wenn das so ist, warum braucht sie dann den besonderen Schutz des sanktionierenden Staates, damit niemand versucht, ihre Entscheidung zu beeinflussen? Dieser besondere Schutz resultiert doch gerade aus der Befürchtung, dass sie andserer Leute Aufregung über ihre Entscheidung eben NICHT abschütteln kann.

          • @Normalo:

            Weil die Frau ein Recht darauf hat nicht belästigt zu werden in einer Situation in der diese besonders verletzlich ist.

            Warum sich eine Frau für eine Abtreibung entscheidet, muss jede Frau für sich selbst entscheiden können und niemand sonst.

            Die derzeitige vorgeschriebene Beratung sollte ja im besten Fall ergebnissoffen sein, um zu verhindern, dass die ungewollt Schwangere die Entscheidung, durch Druck von Außen, zum Beispiel durch den Partner, trifft.

            Die sog. "Lebensschützer" demonstrieren nicht für eine bessere Versorgung von Müttern, damit diese eine Entscheidung ev. nicht aus rein finanziellen Gründen treffen, sondern gegen das Recht der Frau eine freie Entscheidung zu treffen.

            Dazu dann noch der geschmacklose Vergleich mit der Schoah.

            Man kann ja durchaus eine Demo organisieren, bei der es darum geht "eheliche Pflichten", also das Recht auf Vergewaltigung, in der Ehe wieder einzuführen. Oder eine Demo, die fordert, dass Frauen wieder beweisen müssen, sich gewehrt zu haben. Eine "Nein kann auch Ja sein" Demo sozusagen.

            Aber doch bitte nicht vor Beratungsstellen für Opfer sexueller Gewalt.

            Wenn AFD, Pegida, der 3te Weg und co wieder marschieren sollte eigentlich doch auch darauf geachtet werden, dass keine Demonstration vor Flüchtlingszentren geduldet werden, wenn in diesen bereits Schutzsuchende untergebracht sind.

            Eine Demo gegen die Errichtung oder die Umwidmung eines Gebäudes muss wohl ertragen werden, dass sehe ich ein.







            Wenn dadurch jedoch Menschen retraumatisiert werden ist es etwas anderes.

            Auch hier gibt es Nachholbedarf in der Gesetzgebung.

            Sie sagen die Demo zeige Wirkung, da es ja eine emotionale Regung, in den Frauen veursacht.

            Das tut der Fackelmarsch von einem Rechten Mob, vor einer Flüchtlingsunterkunft, auch.

            Was ist mit Frauen die vergewaltigt wurden? Oder Frauen die aus gesundheitlichen Gründen abtreiben müssen? Oder finanziellen?

            Was soll es bringen, dass diese sich schlecht fühlen?

            • @sociajizzm:

              "Warum sich eine Frau für eine Abtreibung entscheidet, muss jede Frau für sich selbst entscheiden können und niemand sonst."

              Das ist keine so gesicherte Meinung, dass das Gegenteil eine Volksverhetzung wäre. Im Gegenteil ist unsere Rechtsordnung, angeführt vom Bundesverfasssungsgericht, das ja die heutige Gesetzeslage (einschließlich der Weisung, dass Beratung eben NICHT unparteiisch erfolgen sondern die Austragung des Fötus erkennbar favourisieren sollte) dem Bundestag mehr oder minder wörtlich ins Lastenheft diktiert hat, ganz klar auf dem Grundsatz aufgebaut, dass Leben

              a) ungeborenes Leben einschließt und



              b) über dieses eben NICHT die austragende Mutter eine moralisch unanfechtbare, alleinige Entscheidungsgewalt hat.

              Im Gegenteil wird eine Beeinflussung ihrer Entscheidung UNTERHALB der Schwelle strafrechtlichen Zwangs auch außerhalb der strafbaren Spätabtreibungen ausdrücklich befürwortet. Daher stamt ja die Idee mit der Pflichtberatung.

              Ich sage nicht, dass man diese Einschätzung teilen MUSS oder dass sie den Zeitgeist, der sich seit 1996 sicher nochmal geändert hat, hinreichend abbildet. Aber es IST das geltende übergesetzliche Recht, und das erschwert es eben deutlich, Menschen die Meinungsentfaltung einzuschränken, die sich eher innerhalb des von ihm vorgegebenen moralischen Rahmens bewegen als Jene, die die Entscheidung völlig und einzig der Schwangeren übertragen wollen.

              Sanktionieren kann man das Verlassen dieses Rahmens - wenn also die Beeinflussung nicht nur visuell und/oder akustisch erfolgt sondern die Frauen wirklich "behindert" werden, ihren gesetzlich vorgegebenen Entscheidungsspielraum wahrzunehmen.

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Vor einer Beratungsstelle oder Arztpraxis Tumult verursachen, hat rein gar nichts mit einer Demonstration für das Leben zu tun.

    Eine Demonstration macht auf ein Thema aufmerksam, vielleicht auch mal etwas schriller im Ton. Eine Kundgebung vor Praxen oder Beratungsstellen abzuhalten, ist eine ganz konkrete Bedrohung genau dieser Einrichtung. Wenn es einen zusätzlichen Straftat-Bestand geben muss, um das zu verhindern, bitte recht schnell.

    • @04405 (Profil gelöscht):

      Eine Bedrohung ist bereits ein Straftatbestand.

      Wenn der nicht greift, ist das ein sicherer Hinweis, dass keine Straftat vorliegt.

      Dem Artikel konnten sie entnehmen, dass eine Änderung des StGB nicht vorgesehen ist.

      "Gehsteigbelästigung" soll als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

      Im Duden wird "Demoinstration" als "Protestkundgebung" und "Massenkundgebung" definiert.

      Den Gegensatz, den Sie konstruieren, gibt es folglich nicht.

      • 0G
        04405 (Profil gelöscht)
        @rero:

        lesen und verstehen kann schwierig sein. Lesen und verstehen von Leserkommentaren, die in der Regel sehr viel kürzer als ein redaktioneller Beitrag sind, und also material verdichtet, kann so manchen Leser überfordern.

        Die weitreichende, kleinteilige und sehr penible Interpretation läuft insoweit ins Leere, als dass Sie den falschen Passus analysiert, abgewogen und nach Ansich aller Fernsehbilder als klaren Elfmeter eingeordnet haben.

        Was mir wichtig ist: Bedrohung von Patientinnen und Betreibern von Arztpraxen als Demonstration zu deklarieren, ist ein klarer Missbrauch des Versammlungsrechts. Da scheinen Sie mir sogar zuzustimmen. Die rechtliche Bewertung überlasse ich dann lieber dem Forenmitglied und Rechtsgelehrten Lowandorder.

  • Finde die sogenannten "Lebensschützer" geradezu widerlich und bin für Abschaffung des Paragraphe 218. Das Demonstrationsrecht ist jedoch ein Grundrecht und natürlich ist der Ort, wo Abtreibungsberatung stattfindet aus Sicht der Gegner gut gewählt. Das Recht auf Demonstration oder auch Meinungsfreiheit einzuschränken, weil mir deren Inhalte nicht gefallen, halte ich für eine sehr gefährliche Entwicklung, die allerding unter "progressiven Kreisen" immer mehr Anhänger zu finden scheint.

    • @mlevi:

      Also: Es geht hier in keinster Weise darum, grundsätzlich das Recht von irgendwelchen 'Lebensschützenden' einzuschränken, auch nicht deren Demonstrationsrecht. Allerdings muss man in diesen speziellen Fall eben den Kontext berücksichtigen, denn hier findet nicht lediglich eine Meinungsbekundung statt, sondern sowohl der Ort als auch die Situation, in dem die potenziell abtreibungswilligen Menschen sich befinden, spielt hier eine zentrale Rolle. Diese 'Demonstrationen' sind mMn. ein gezielter und wohlkalkulierter Angriff auf die Selbstbestimmung der Betroffenen sowie auf deren freien und unbeeinflussten Zugang zu entsprechenden Gesundheits- und Beratungsangeboten. Dass man diese massive Einschüchterung und Einflussnahme unter dem Deckmäntelchen der Demonstrations- und Meinungsfreiheit 'zum Schutz des Lebens' verkleidet, ist einfach nur zynisch, da es eben nicht um eine entsprechende grundsätzliche Einschränkung geht. Wer das glaubt, geht mMn. der Diskursstrategie dieser Leute und Institutionen auf den Leim.

      • @White_Chocobo:

        "Es geht hier in keinster Weise darum, grundsätzlich das Recht von irgendwelchen 'Lebensschützenden' einzuschränken, auch nicht deren Demonstrationsrecht."

        Ähhm, doch. GENAU darum geht es. So wie Atomgegner vor Atomkraftwerken demonstrieren können müssen oder Gewerkschafter vor Betriebstoren, ist es natürlich auch Teil des Demonstrationsrechtes der "Lebensschützer" (als die sie sich übrigens nach der Definition des Bundesverfassungsgerichtes durchaus verstehen dürfen), da zu demonstrieren, wo IHR spezieller Beef mit der Welt sein vermeintliches Unwesen treibt.

        Die These, der Versuch, jemanden mit Worten, Liedern oder Bildern von etwas zu überzeugen, sei ein Angriff auf die Selbstbestimmung und ihre Freizügigkeit, ist aus meiner Sicht eher eine Herbwürdigung der FÄHIGKEIT des Individuums zum selbstbestimmten Handeln. Solange der Zugang frei und die Demonstration nur aktustisch und optisch wahrnehmbar ist, wird niemand gehindert, seinen Weg selbstbestimmt zu gehen. Ja, es mag seelisch grausam sein, auf einen Menschen verbal einzutrommeln, der ohnehin schon in einem moralischen Zwiespalt steckt (weil ihn genau die ethischen Sorgen plagen, die für die Lebensschützer fester Glaubenssatz sind), aber das ist eben der Preis des Pluralismus: Andere Menschen, andere Meinungen - und JA, die dürfen die auch genau da äußern, wo sie meinen, dass es den heftigsten Effekt hat.

        Man sollte die intellektuelle Ehrlichkeit aufbringen, einzugestehen, dass diese "Einschüchterung und Einflussnahme" nur deshalb so "massiv" wirkt, weil eben die Message der Gehsteigbekehrer doch einen Nerv trifft, der bei vielen Betroffenen durchaus vorhanden ist. Wäre das nicht so, würden die Betroffenen ironisch die Gesänge mitpfeifen und ohne einen zweiten Gedanken in der jeweiligen Institution verschwinden.

        Wenn da nun aber tatsächlich ein Punkt ist an dem die bloße Meinungsäußerung der Lebensschützer so präzise treffen kann, mit welcher Berechtigung will man sie dann abdrängen?

        • @Normalo:

          "So wie Atomgegner vor Atomkraftwerken demonstrieren können müssen oder Gewerkschafter vor Betriebstoren, ist es natürlich auch Teil des Demonstrationsrechtes der "Lebensschützer", da zu demonstrieren, wo IHR spezieller Beef mit der Welt sein vermeintliches Unwesen treibt."



          1. Frauen sind keine Sachen.



          2. Hier hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen.



          Sie sind unzufrieden mit sich selbst. Frauen, die ihr Recht auf straffreien SS-Abbruch nach Beratung wahrnehmen, sind nicht ihr eigentliches Problem.



          Was auch immer ihr "Beef mit der Welt" ist, Misogynie ist dafür keine Lösung. "Beef" meint einen bilateralen Streitvorgang btw. Weil man sich so schlecht an "der Welt" abreagieren kann, nimmt mann halt Schwächere. Das ist nicht wirklich eine Meinungsäußerung.

          • @A.M.G.69:

            zu. 1. - Verstehe ich nicht - Menschen, die in Kraftwerken arbeiten oder Unternehmen führen, etwa schon?

            zu 2. - Ich hab's live - als Nachbar einer Abtreibungsklinik - miterlebt: Echte Misogynie war seltenst Motivation. Im Gegenteil bestanden die "Mahnwachen" durchweg weit überwiegend aus Frauen, die einfach nur Abtreibungen verhindern wollten.

            Wenn Sie mich fragen, sitzen die rein misogynen Abtreibungsgegner, denen es primär darum geht, Frauen ihren "Platz" in der Gesellschaft zu weisen, vornehmlich an Stammtischen, blöken vor sich hin, klopfen sich gegenseitig auf die Schulter und wählen halt abtreibungsfeindliche Machos in Parlamente, mehr nicht. Die, die sich wirklich die Arbeit machen, vor Beratunsgsstellen und Praxen herumzustehen und die Betroffenene zu konfrontieren, tun das viel häufiger für ihre - psychologisch wie auch immer herleitbare - Überzeugung, dass jede Abtreibung ein schützenswertes Leben tötet. "Misogyn" (oder zumindest von patriarchal angehauchten Frauenbildern behaftet) ist daran allenfalls die häufig zumindest unterschwellig kommunizierte Einstellung, dass GERADE eine Frau so eine Tat nicht begehen können sollte ("heilige Maria" als Rollenvorbild etc.).

            Es hilft auch hier nicht, alle auf einer Seite Beteiligten über einen Kamm zu scheren, nur weil sie das so schön ins moralische Abseits stellt...

      • @White_Chocobo:

        doch daraum geht es. Wenn der erste Grund gefunden ist, warum Demonstrationen verboten sind, dann findet sich ganz schnell auch ein zweiter und so weiter.

        Man kann da gerne einen Polizisten hinstellen, der aufpasst, dass keine Straftaten begangen werden. Aber die Demonstration an sich muss erlaubt bleiben.

        • @Diana Klingelstein:

          Wir müssen dringend mehr Polizei haben. Gesetze haben wir schon mehr als genug. Die kennen die meisten gar nicht alle. Ich auch nicht. Und wenn da die Einhaltung wegen "Fachkräftemangel" nicht überwacht werden kann, bringen sie in der Praxis nichts und dienen nur der politischen Selbstdarstellung.

        • @Diana Klingelstein:

          Eine Demo wird nicht schon deshalb "verboten",wenn sie womöglich an einem konkreten Ort nicht abgehalten werden darf.

    • @mlevi:

      "weil mir deren Inhalte nicht gefallen"



      Diese Inhalte dürfen sie sehr wohl vertreten, auch weiterhin auf Demos. Es geht um den Modus mehr oder weniger aggressiv auf Frauen in einer Not- und Ausnahmesituation einzuwirken. Die Demo auf dem Rathausmarkt wäre also problemlos weiterhin möglich, die 'Mahwache' vor der Abtreibungsklinik mit dem Ziel deren Patientinnen einzuschüchtern und zu bedrohen nicht mehr.

      • @Ingo Bernable:

        Ich bleibe bei dem Vorwurf: Wenn der Inhalt nicht gefällt, dann hat eine Mahnwache das Ziel zu bedrohen und einzuschüchtern. Gehe ich mit den Inhalten konform, dann soll aufgeklärt und auf ein Problem hingewiesen werden. Ich erinnere mich an den Spiesrutenlauf von Streikbrechern (die mag ich genausowenig wie Lebensschützer), die durch eine Gasse Gewerkschaftler in die Firma gehen mussten (80 Jahre Spanien). Das war weitaus agressiver, als das, was zumindest ich an Protesten vor Pro Familia in meiner Heimatstadt gesehen habe.

      • @Ingo Bernable:

        Es ist schwer, Jemandem einen Vorwurf daraus zu machen, dass seine Meinungsäußerung - mehr ist es rein physisch nunmal nicht - emotional "sitzt", weil er sich Ort und Adressatinnen geschickt aussucht. Genau diese Adressatinnen wären nicht so empfänglich für entsprechende Einflüsterungen, wenn sie nicht schon VOR der Meinungsäußerung gleichgerichtete Gedanken hätten. Das ist doch das eigentliche Problem: Die Gehsteigbekehrer sind so "gefährlich", weil sie aus Sicht ihrer "Opfer" durchaus einen Punkt haben. Da fragt es sich schon, inwiefern die geschickte Wahl des Demonstrationsortes als Missbrauch des Rechts auf Meinungsäußerung zu qualifizieren sein soll.

        Auch würde mich interessieren, womit denn die Gehsteigbekehrer drohen - außer mit verlorenem Seelenheil (an das man erstmal glauben muss)? Zumindest die "Lebensschützer, die ich über etliche Monate bei ihrem Werk beobachten durfte, taten nie mehr.

        • @Normalo:

          Warum viele Leute Probleme damit haben, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zu respektieren und ungeborenes Leben schützen wollen, begreife ich nicht. Es gibt nicht zu wenig Menschen - eher zu viel und es gäbe allen Grund, das geborene Leben zu schützen. Da gäbe es genug zu tun.

          • @Matt Gekachelt:

            Es kommt darauf an, wo man die Grenze der SchutzWÜRDIGkeit zieht (im geegnsatz zu irgendeiner gesellschaftlichen Zweckmäßigkeit des Schutzes). Nicht nur die Kirchen, auch unser geltendes Verfassungsrecht sieht halt nicht erst die Geburt als den Moment, an dem der Mensch Würde und Lebensrecht erwirbt.

            Dahinter stecken sicherlich auch keine demografischen Steuerungsgedanken sondern schlicht die Frage, was "Menschsein" ausmacht. Dafür gibt es wahrscheinlich kaum weniger verschiedene Antworten, als es Menschen gibt, die sich die Frage überhaupt stellen. Und denen, die das tun und für sich eine Antwort finden, darf man wohl kaum verdenken, dass sie diese Antwort dann auch ernstnehmen und das Lebensrecht, wo sie es gefährdet sehen, verteidigen.

        • @Normalo:

          Ich halte diese Sichtweise für bewusst verzerrend und ausgesprochen zynisch. Bedrohung und Einschüchterung sind eben keien reine Meinungsäußerung mehr und die Frage wo eine Einschüchterung hat jenseits von rechtstheoretischen Legaldefinitionen in der Realität sehr wohl etwas mit dem Kontext und der emotionalen Verfasstheit der Adressat*innen zu tun. Wer den freien Austausch von Meinungen will, sollte dabei schon klar haben, dass dieser nur dann möglich ist wenn der Diskurs auf Augenhöhe geführt werden kann, andernfalls ist es bestenfalls Machtausübung, schlechterenfalls psychische Gewalt und wenn man das einfach auf einen taktisch geschickt gewählten Ort schiebt ist das nichts Anderes als die Rechtfertigung und Bemäntelung dieser Gewalt.



          Wohin ein zu Viel an vulgär missverstandener Meinungsfreiheit führen kann, konnte man etwa bei einer Frau Dr. Kellermayer beobachten, die davon letztlich in den Suizid getrieben wurde obwohl rein juristisch alles einwandfrei war, der Teil des Hasses der strafrechtlich relevant war wurde soweit möglich verfolgt und den Rest müsse man eben als Meinungsfreiheit der Anderen aushalten.



          "diese Adressatinnen wären nicht so empfänglich für entsprechende Einflüsterungen, wenn sie nicht schon VOR der Meinungsäußerung gleichgerichtete Gedanken hätten"



          Das ist mE eine doch sehr perfide Unterstellung. Die Möglichkeit, dass jemand der*die sich möglicherweise ohnehin in einer extrem belastenden, psychischen Ausnahmesituation befindet einfach nicht auch noch die Kraft dazu aufbringen kann (oder auch nur aufbringen können sollte) um sich gegen diesen Hass und Hezte von irgendwelchen Fanatiker*innen zur Wehr zu setzen können oder wollen sie sich offenbar nicht einmal vorstellen.

          • @Ingo Bernable:

            "Das ist mE eine doch sehr perfide Unterstellung. Die Möglichkeit, dass jemand der*die sich möglicherweise ohnehin in einer extrem belastenden, psychischen Ausnahmesituation..."

            Es ist keine Unterstellung sondern Logik: Ein moralischer Standpunkt KANN gar nicht für Jemanden relevant sein, die die zugrundeliegenden Annahmen nicht teilt. Wenn ich Ihnen jetzt predigte, dass Sie keine Blumen pflücken dürfen, weil Sie damit die Pflanze und vor allem ihre Samen - gleichermaßen "Blumenbabies" - töten, dann würden Sie sich doch eher belustigt als belästigt fühlen, oder? Weil Sie nämlich ausreichend gefestigt in IHRER anderslautenden Moralvorstellung sind und deshalb drüber stehen.







            Und jetzt kommen wir zu der "möglicherweise ohnehin ... extrem belastenden, psychischen Ausnahmesituation" - genau das ist der Punkt: WARUM ist die Situation einer Abtreibungswilligen so belastend?

            Die wirklich schwere Frage, ob sie sich ein Kind und die damit verbundene Verantwortung und die tiefen Eingriff in ihre Lebensführung jetzt antun will, hat sie schon mit "Nein" beantwortet. Die Abtreibung an sich ist in der Regel unangenehm, aber nicht übermäßig gefährlich oder unangenehmer als manch andere Beschwerden. Erst ein wenig später wieder schwanger werden zu können, dürfte die geringste ihrer Sorgen sein. Nein, der Punkt, der die Situation - völlig verständlicherweise, und ich bin weit davon entfernt, das zu verharmlosen - so extrem macht, ist der moralische Aspekt. Und in genau die Kerbe hauen die Gehsteigbekehrer. Das ist seelisch brutal, aber aus Sicht des den Schwangerschaftsabbruch verfassungsgemäß immer noch ablehnenden (und daher jeden tatsächlich durchschlagenden moralischen Hinderungsgrund befürwortenden) Staates logisch betrachtet kein Unrecht - solange es die Grenzen der Meinungsäußerung einhält. Wenn etwas in Beleidigung, Bedrohung oder Nötigung ausartet natürlich nicht, aber dafür gibt es in der Tat schon Strafvorschriften.

            • @Normalo:

              So ohne jedweden Zugang zu Empathie werden sie einfach nicht der Lage sein das Problem oder auch nur ihre Mitmenschen zu verstehen. Jenseits aller formaler Logik ist es in der Realität eben so, dass eine Abtreibung für die Betroffenen die uU ohnehin mit Vorwürfen und Stigmatisierung aus dem eigenen Umfeld zu tun haben emotional sehr belastend sein kann, selbst wenn man die Auffassung vertritt, dass das Recht dazu moralisch absolut gegeben ist. Ihre Idee so etwas ließe sich genauso handhaben wie etwa sein Auto zum Ölwechsel zu bringen ist einfach nur komplett weltfremd.

              • @Ingo Bernable:

                Das ist genau der Punkt: Wer sich selbst so unter Beschuss sieht (und auch getroffen fühlt) muss dazu das moralische Dilemma zumindest annehmen. Das geht gar nicht anders. Vorwürfe etc. "sitzen" einfach nicht so und führen nicht zu so einer tiefgreifenden, aus "empathischer" Sicht als unzumutbar einzustufenden, Konfliktsituation, wenn ihr Adressat völlig unanfechtbar zu seiner Haltung in der Frage steht ("Superman braucht keinen Mut.").

                Nochmal: Ich sage nicht, dass die Situation weniger als extrem (und extrem belastend) wäre. Ich analysiere nur, WAS sie so extrem macht und stelle fest, dass das genau DER Aspekt ist, an dem eben die Gehsteigbekehrer auch ihren persönlichen Handlungsbedarf sehen - und das wiederum durchaus im Rahmen eines Moralkompass, dem soweit(!) auch unser Verfassungsrecht folgt. Dass sie dabei in eine Kerbe hauen, die besonders schmerzhaft ist, weil die Betroffene eben mit denselbsen Vorwürfen auch anderweitig konfrontiert ist, macht daraus keine SO unmoralische Handlung.

                Hier ist IHRE "Empathie" mit dem Rechtsstaat gefragt: Die Opfersicht ist EIN Aspekt einer solchen Gesetzesinitiative. Der Rechtsstaat muss aber die Frage primär umgekehrt stellen, nämlich ob es ihm wirklich zusteht, das Täterverhalten mit dem immerhin zweitschärfsten Schwert im Arsenal zu verfolgen.

        • @Normalo:

          Unerträglich die Chuzpe, mit der Du Dritten die inneren Befindlichkeiten Dir unbekannter erwachsener Frauen erklärst und alldieweil über einen Kamm scherst. "Die Frauen, so sind se eben, wa". Mansplaining at its best.



          Und bitte versuch doch zumindest mal den Perspektivwechsel. Wenn ein schwarzer Mann in den US zusammenzuckt, weil die Cops unversehens um die Ecke kommen, bist du dann humanistisch genug, ihm seine jahrhundertelange Rassismuserfahrung zu lassen? Oder würdest du sagen "Ich find es gar nicht nachvollziehbar mit meiner weißen Haut, also erschreck dich gefälligstens nicht, weil ich tus auch nicht?" Wenn nicht: warum gelingt dir der Transfer zu Frauen nicht, die nach jahrhundertelanger Diskriminierung wg Geschlecht früher verängstigt sind als Du? Wenn sich jemand bedroht fühlt, ist das valide. Immer. Der/die andere hat, wenn er/sie einigermaßen alle Nadeln auf der Tanne hat, einen Schritt zurück zu tun und sich zu entschuldigen. Empathie ist nicht jedermanns Stärke, ok. Aber hier so jegliches Bedrohungsgefühl zu negieren, ist pure Arroganz- und geht völlig am Problem vorbei. Deutschland schießt sich international ins Aus, wenn wir den SS Abbruch weiter illegal halten. Wir verhalten uns hier so ultrakatholisch wie Polen und Italien. DAS muss sich ändern.

          • @A.M.G.69:

            Ich bin es gewohnt, Frauen für voll zu nehmen. Das habe ich von meiner Mutter gelernt, die noch einiges an Macho-Hürden zu überspringen hatte, aber die schlimmste davon immer die fand, letztlich als schwaches, beeinflussbares Wesen behandelt zu werden - auch und gerade von Jenen, die vorgaben, Frauen stärker machen zu wollen.

            Ergo: Wer sich diese Entscheidung zutraut - über den Schwangerschaftsabbruch und auch alle Entscheidungen die zu der Notwendigkeit geführt haben, überhaupt darüber nachdenken zu müssen - sollte auch mit Gegenmeinungen leben können. Verantwortung kommt nicht zum Nulltarif. Und ja, ich bin kein "Lebensschützer", aber ich bin schon der Ansicht, dass der Embrio mehr ist als ein dinglicher Bestandteil des Mutterkörpers und deren "Eigentum". Also habe ich auch nur bedingt etwas dagegen, wenn die moralische Frage in jedem einzelnen Fall nicht nur pro forma gestellt wird.

      • @Ingo Bernable:

        Soweit ich mich erinnere, wäre es auch keinesfalls ungewöhnlich, wenn Demonstrierenden gesagt wird, "Hier dürft Ihr aber nicht, macht das dort drüben!", um irgendjemandes Sicherheit zu gewährleisten. Wird also Zeit, dass dieses Mittel auch den Belästigten zugute kommt.

        • @Tetra Mint:

          Eigentlich darf man demonstrieren, wo man will: Atomgegner vor Kernkraftwerken, Gewerkschafter vor Betriebstoren, Pazifisten vor Kasernen oder auf Gelöbnissen, etc.. Tabu sind nur Gefährdungen Anderer durch etwas ANDERES als die reine geäußerte Meinung - insbesondere Freiheit, Sicherheit, Eigentum und sonstige geschützte Rechtsgüter.

          • @Normalo:

            Tabu sind auch persönlich werdende Aktionen gegen konkrete Menschen vor Ort.

          • @Normalo:

            Ich würde mal die steile These aufstellen, dass die Praxen der Ärzt:innen (und auch der Weg dorthin) ein deutlich intimerer Raum sind, als es AKW, Betriebe, Kaserne, öffentliche Gelöbnisse o.ä. sind. Von daher muss hier auch eine andere Abwägung getroffen werden. Ich wäre tatsächlich eher dafür, feministische Aktionen, die gegen das, was diese Menschenfeinde vor den Praxen abhalten, durchzuführen, statt das Recht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken (das trifft nämlich ganz schnell nicht nur rechte Menschenfeinde jeglicher Couleur).

          • @Normalo:

            "Eigentlich darf man demonstrieren, wo man will"



            Um Parlamente gibt es, mindestens während der Sitzungszeiten, regelmäßig eine Bannmeile für Demonstrationen. Damit soll verhindert werden, dass der Aufmarsch eines wütenden Mobs als Drohkulisse inhaltlichen Einfluss auf dessen Entscheidungen nimmt. Warum also sollte man Frauen die situativ in einer ohnehin vulnerablen Lage sind etwas zumuten was man nicht mal für Politiker*innen akzeptable hält deren tägliches Geschäft in der oft auch hart geführten politischen Auseinandersetzung besteht?

      • 6G
        652797 (Profil gelöscht)
        @Ingo Bernable:

        Wäre es in Ordnung wenn die Demonstranten sich am Eingang festkleben um zu demonstrieren?

        • @652797 (Profil gelöscht):

          In welchem Zusammenhang wäre das denn momentan in Ordnung geschweige denn erlaubt?

  • „Auf der anderen Seite ist es das grundgesetzlich geschützte Recht der Bürger, sich zu Demonstrationen zusammenzuschließen und so auf den Schutz des ungeborenen Lebens aufmerksam zu machen.“

    Soso. Da frag ich mal, ob die Wasserwerfer wohl kaputt sind ?