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Repressionen in BelarusZwei Jahre Lager für einen Stream

Ein Gericht in Minsk hat zwei Fernsehjournalistinnen verurteilt, weil sie gefilmt haben. Sie sollen angeblich die öffentliche Ordnung gestört haben.​

Die Journalistinnen Katerina Bachwalowa (r.) und Daria Tschulzowa (l.) bei der Verhandlung Foto: ap

Berlin taz | Zwei Jahre Arbeitslager für einen Stream: So lautet das Urteil gegen die belarussischen Journalistinnen Katerina Bachwalowa und Daria Tschulzowa. Ein Gericht in der Hauptstadt Minsk befand die beiden Mitarbeiterinnen des oppositionellen Fernsehkanals Belsat am Donnerstag für schuldig, Massenaktionen organisiert und die öffentliche Ordnung gestört zu haben. Zuvor hatten beide in einer letzten Stellungnahme die Anschuldigungen gegen sie als politisch motiviert bezeichnet und ihre eigene sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen in Belarus gefordert.

Die oppositionelle ehemalige Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja lobte die Stärke der Journalist*innen, die diese nach der Urteilsverkündung gezeigt hätten. „Lukaschenko kann uns nicht brechen“, schrieb Tichanowskaja am Donnerstag auf Twitter. Innenminister Igor Lutzki, der am Donnerstag Termine bei einer Buchausstellung wahrnahm, kommentierte das Urteil mit den Worten, irgendetwas müsse da wohl vorgefallen sein, aber er sei ja kein Richter. Natürlich interessiere ihn das Schicksal von Journalist*innen, wenn sie denn gesetzestreu handelten.

Bachwalowa und Tschulzowa waren am 15. November 2020 festgenommen worden. An diesem Tag hatten sie mehrere Stunden lang in Minsk aus einer Wohnung Ereignisse auf dem sogenannten Platz der Veränderungen gefilmt und gestreamt. Dort hatten An­woh­ne­r*in­nen zum Gedenken an Roman Bondarenko eine Installation errichtet. Der 31-Jährige war vier Tage zuvor von maskierten Unbekannten überfallen und zusammengeschlagen worden. Einen Tag später erlag er seinen Verletzungen.

Präsident Alexander Lukaschenko behauptete, Bondarenko sei betrunken gewesen. Doch offensichtlich werden jetzt auch andere Szenarien für möglich gehalten. Laut Berichten des unabhängigen belarussischen Nachrichtenportals tut.by vom Donnerstag hat die Generalstaatsanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet, um die tatsächlichen Ursachen von Bondarenkos schweren Kopfverletzungen zu klären. Auf den Aufnahmen von Bachwalowa und Tschulzowa ist zu sehen, wie sich Menschen in dem Hof versammeln und Sicherheitskräfte zahlreiche von ihnen festnehmen. Anschließend wird Bondarenkos Installation zerstört.

Ungebetener Besuch

Anfang dieser Woche wurden die Wohnungen von mehr als zwei Dutzend Jour­na­lis­t*in­nen durchsucht. Ungebetenen Besuch bekam auch der Vizepräsident des unabhängigen belarussischen Journalistenverbandes (Basch), Boris Haretski. Die Razzien, sagte dieser gegenüber Radio Free Europe, seien der härteste Schlag gegen Me­di­en­ma­che­r*in­nen und Men­schen­rechtsverteidiger*innen, den es in Europa bislang gegeben habe. Insgesamt seien allein in den vergangenen sechs Monaten mehr als 400 Jour­na­lis­t*in­nen festgenommen worden. Die Behörden machten keine Anstalten, das Vorgehen zu stoppen.

Im Gegenteil: An diesem Freitag steht mit Katerina Borisewitsch eine weitere Journalistin vor Gericht. Sie arbeitet für das Portal tut.by und ist seit dem 19. November 2020 in Haft. Auch in ihrem Fall geht es um Roman Bondarenko. So wird ihr unter anderem vorgeworfen, in ihren Berichten über den Fall das Arztgeheimnis verletzt zu haben. Darauf steht in Belarus eine mehrjährige Freiheitsstrafe.

„Wir sind von dem jüngsten Urteil geschockt“, sagte eine unabhängige belarussische Journalistin, die namentlich nicht genannt werden will, der taz am Donnerstag. „Uns ist klar, dass wir jederzeit im Knast landen können. Und das nur, weil wir unsere Arbeit machen.“

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