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Repression in VietnamUmweltexpertin stillgelegt

Unter dem Vorwurf angeblicher Steuerhinterziehung ist die prominente Umweltschützerin Nguy Thi Khanh in Vietnam zu zwei Jahren Haft verurteilt worden.

Vietnams international bekannteste Umweltschützerin Nguy Thi Khanh Foto: Lillian Suwanrumpha/afp

Berlin taz | Die vietnamesische Regierung greift verstärkt auf mutmaßlich fabrizierte Vorwürfe von Steuervergehen zurück, um innenpolitische Kri­ti­ke­r*in­nen auszuschalten. Jetzt traf es die prominente Umweltschützerin Nguy Thi Khanh.

Die 46-Jährige wurde letzten Freitag in Hanoi wegen angeblicher Steuerhinterziehung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu 24 Monaten Haft verurteilt. Sie war schon am 13. Januar verhaftet worden. Auch das Büro der von ihr gegründeten Umweltorganisation Green Innovation and Development Centre (Green ID) wurde durchsucht.

Khanh war 2018 als bisher erste und einzige Person aus Vietnam mit dem pres­tigeträchtigen Goldmann-Umweltpreis ausgezeichnet worden. Jetzt wurde sie laut einem Bericht ausgerechnet für den Umgang mit dem Preisgeld von 200.000 Dollar verurteilt.

Khanh ist manchen in Vietnam ein Dorn im Auge. Denn sie drängt beharrlich mit wissenschaftlicher Expertise zu ernsthaften Schritten im Umwelt- und Klimaschutz.

Vietnam ist stark vom Klimawandel betroffen

Die als Diplomatin ausgebildete dreifache Mutter, die aus der Kohleprovinz Bac Giang nordöstlich von Hanoi stammt und neben einem Kohlekrafwerk aufwuchs, reist seit Jahren zu internationalen Umwelt- und Klimakonferenzen. Sie ist international wie im Apparat des Einparteienstaates gut vernetzt und agiert nicht als polternde Regimekriterin, sondern als zurückhaltend auftretende Beraterin.

Dabei benennt sie klar die ökologischen und sozialen Kosten der Wachstumspläne der ehrgeizigen Kader, die Vietnam schnell zum Industrieland machen wollen. Das 98-Mil­lionen-Einwohner-Land ist mit seiner langen Küste und hochsensiblen Regionen wie dem Mekong-Delta stark vom Klimawandel betroffen.

Innerhalb der herrschenden Kommunistischen Partei ringen verschiedene Interessen um den Kurs in der Energiepolitik. Manche Kader sehen nur im Bau vieler Kohlekraftwerke einen Wachstumspfad, andere wollen in die Atomenergie einsteigen, und noch zu wenige sind bereit, konsequent auf erneuerbare Energien und Energiesparmaßnahmen zu setzen.

Khanh und Green ID führen Programme zur Umweltbildung in Dörfern und Stadtteilen durch und haben zugleich schon vor einigen Jahren durch geschicktes Lobbying dafür gesorgt, dass Pläne zum Bau russischer Atomreaktoren ausgesetzt wurden. So führte Khanh auch eine Delegation vietnamesischer Offizieller und Wissenschaftler durch Deutschland, um den hiesigen Atomausstieg zu studieren.

Khanh wist auf Widersprüche hin

Zuletzt kämpfte sie verstärkt gegen Pläne zum Ausbau der Kraftwerke für heimische Kohle. Sie verwies auch darauf, dass die Versprechen der Regierung beim Klimagipfel in Glasgow nicht mit den Ausbauplänen des zuständigen Ministeriums zusammenpassen.

Für manche traditionelle Kader, die keinen Widerspruch dulden, ist sie schlicht eine unbequeme Stimme, deren gute Argumente am einfachsten ignoriert werden können, wenn Khanh in Haft ist.

Nach Vorwürfen der Steuerhinterziehung waren bereits im Januar zwei andere Umweltaktivisten und Kritiker der Kohlepolitik zu Haftstrafen verurteilt worden. Vietnams Justiz untersteht der Kommunistischen Partei.

Laut einer Erklärung der Organisation Defend the Defenders Vietnam wurden auch schon der Menschenrechtsanwalt Tran Vu Hai, der unabhängige Journalist Nguyen Van Hai und der Demokratieaktivist Le Quoc Qan wegen angeblicher Steuerhinterziehung zu Haftstrafen verurteilt.

Regierung kann „kleinste Kritik“ nicht mehr akzeptieren

„Dieser Vorwurf ist ef­fektiv, weil ausländische Regierungen und internationale Menschenrechtsgruppen dann zögern, die Opfer zu unterstützen“, so Defend the Defenders.

Das Urteil gegen Khanh sei „ein sehr starkes Signal der KP“, dass sie bei der Kontrolle der Zivilgesellschaft weiter gehe und „nicht einmal mehr die kleinste Kritik bereit ist zu akzeptieren“, kommentierte Trinh Huu Long von der Organisation Legal Initiatives for Vietnam der New York Times.

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