Repression gegen US-Klimaaktivisten: Pinkes Pulver auf die Verfassung
In den USA gibt es mehr und repressivere Gesetze, die Umweltaktivisten kriminalisieren – vor allem in Bundesstaaten mit republikanischer Führung.
Wie in anderen Ländern der Welt gibt es auch in den USA viele Gegner dieser Protestformen. Die Zunahme von Klimaaktionen und die Bereitschaft der Demonstrierenden, auch kontroverse Taktiken anzuwenden, hat Politiker wie auch Aktivisten auf Kollisionskurs gebracht.
„Wir sehen anhaltende Bemühungen vonseiten des Gesetzgebers, die Arbeit von Umweltaktivisten durch die Verabschiedung dieser repressiven neuen Anti-Protest-Gesetze zu kriminalisieren“, sagte Elly Page im Gespräch mit der taz.
Page arbeitet als Rechtsberaterin für das International Center for Not-For-Profit Law (ICNL). Die gemeinnützige Organisation setzt sich für eine Verbesserung der Rechtsgrundlagen ein, um die öffentliche Beteiligung an demokratischen Prozessen zu stärken. Seit 2017 hat die ICNL so eine deutliche Zunahme von Gesetzen dokumentiert, die Umweltaktivisten davon abhalten sollen, in der Nähe von Infrastrukturprojekten wie Öl- oder Gaspipelines zu demonstrieren.
100.000 Dollar Strafe für den Protest gegen Pipelines
„Diese neuen Gesetze führen drastisch verschärfte Strafen mit sich. Dies macht es für die Menschen deutlich riskanter, sich an Umweltprotesten zu beteiligen“, erklärte Page.
In Oklahoma können Aktivisten, die gegen den Bau von Pipelines protestieren, mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 US-Dollar und zehn Jahren Haft bestraft werden. Es ist nur eines von Dutzenden solcher Gesetze, die in den USA innerhalb der vergangenen sieben Jahre erlassen wurden. Hinter diesen Regelungen zum Schutz von wichtigen Infrastrukturprojekten steckt meist die Vorarbeit der konservativen Organisation Alec.
Dass die Gesetze überwiegend in republikanisch kontrollierten Bundesstaaten verabschiedet wurden, dürfte nicht verwundern. Weiterhin sind es vor allem Republikaner, die die Folgen des von Menschen verursachten Klimawandels leugnen.
Wie effektiv die Gesetze darin sind, Umweltaktivisten von ihren Protestplänen abzuhalten, ist nicht bekannt. Doch für Page ist es kaum vorstellbar, dass die oft harten Strafen keine Auswirkung hätten. „Selbst wenn es zu keiner Verurteilung kommen sollte, kann die bloße Verhaftung für eine dieser Straftaten dramatische Folgen haben, die vom Verlust des Arbeitsplatzes bis zum Sorgerechtsentzug für die Kinder reichen können.“
Neben den Gesetzen zum Schutz von wichtigen Infrastrukturprojekten haben auch mehrere Bundesstaaten die Strafen für die Blockade des Personen- und Straßenverkehrs drastisch erhöht. In Iowa droht für ein solches Vergehen nun eine Geldbuße von bis 7.500 Dollar und fünf Jahre Haft.
Befürworter sagen, dass die Gesetze die Allgemeinheit schützen sollen, doch Page und andere Juristen befürchten, dass die Regelungen ein grundlegendes demokratisches Gut gefährdeten: das Recht auf Versammlungsfreiheit.
„Es ist besorgniserregend, da das öffentliche Verständnis und die Unterstützung für dieses wichtige Mittel zur Beteiligung an unserer Demokratie abnehmen“, sagt Page. Sie rechnet fest damit, „dass es künftig weitere Gesetze und eine stärkere Kriminalisierung in dieser Art geben wird, speziell mit dem Fokus auf Umweltdemonstranten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern