DER STROMKONZERN EON VERKAUFT SEINE TELEFONSPARTE: Rentable Niederlage
Die letzte Burg ist geschliffen: Gestern verkündete der frisch fusionierte Energieriese Eon, dass er im nächsten Jahr seine Mobilfunktochter Viag Interkom an die Briten übergeben wird. Vergangenen Dezember hatten Veba – nun Bestandteil von Eon – und RWE ihren Anteil am Mobilfunker E-Plus verkauft. Und schon im Frühjahr 99 hatten die beiden ihre Festnetztochter Otelo abgegeben. Damit ist der Feldzug der milliardenschweren Stromkonzerne in das Reich der Telekom in Deutschland beendet. Die traditionellen Telefonkonzerne sind wieder unter sich – mit der Ausnahme Mannesmann, von der Telekommunikation bestimmt wird.
Für die Stromkonzerne war der Ausflug auf fremdes Terrain nicht unbedingt ein voller Fehlschlag; alle haben ihre Telekomgründungen für einen guten Preis weiterverkauft. Als sie in den Telekommarkt einstiegen, waren sie noch Strommonopolisten und hatten so oder so ein paar Milliarden Mark übrig. Doch die eigentliche Absicht, den profitablen Telekommarkt mitzubestimmen und mit abzukassieren, ist kläglich gescheitert.
Mit welcher Nonchalance der Angriff der Stromkonzerne abgewehrt wurde, dürfte den dortigen Vorständen einiges Kopfzerbrechen bereiten: Sie, eine der einst mächtigsten Branchen des Landes, spielten immer nur eine kleine Nebenrolle. Die internationale Verflechtung der Telekommunikation, die Explosion des Mobilfunksektors, Allianzen, Fusionen – das ging alles ein wenig schnell für die Energieriesen. Bis sie von der für Kraftwerke üblichen und notwendigen langfristigen strategischen Planung und Pfennigfuchserei auf die New Economy umstellten, war es zu spät. Ein paar hunderttausend Mobilfunkkunden und das lumpige Versprechen auf immer mehr Handynutzer waren plötzlich mehr wert als eine Phalanx von Atomkraftwerken und länderübergreifende Hochspannungsnetze. Die Aktienkurse der Telefonkonzerne schossen derart in die Höhe, dass RWE und Co sich höchstens noch Garagenfirmen leisten konnten.
Resümee: Gut so. Es reicht, wenn ein paar Konzerne schon die Geschicke der Strombranche beherrschen. Sie müssen nicht auch noch die Rechnungen fürs Telefonieren schreiben. Für die Kunden ist bisher der Wettbewerb im Telekommarkt auch so rentabel genug. Weil dort alle Unternehmen weltweit vertreten sein wollen, ist die Auswahl riesig, die Preise fallen. Und mit dem Internet und allerhand kleinen Schnäppchenjägern ist der Wettbewerb auch weiterhin gesichert. Selbst die Stromer dürften aus ihrer Niederlage lernen und nun mit neuem Wissen fitter sein für den Kampf in der eigenen Branche – denn dort wird inzwischen ähnlich fusioniert und umgekrempelt wie beim Telefon. REINER METZGER
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