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Rentable DachbegrünungDer Bezirk hat Bunker-Fragen

BezirkspolitikerInnen kritisieren die intransparente Planung des Dachaufbaus auf dem Feldbunker. In einer Anfrage wollen sie Details vom Senat wissen.

Hier könnte ein öffentlicher Garten entstehen – wenn drumherum genug Geld zu verdienen ist Foto: dpa

Hamburg taz | In Sachen Öffentlichkeitsarbeit sind die ProjektplanerInnen des Aufbaus auf dem Feldstraßenbunker eigentlich Profis. Aber die Abgeordneten der Bezirkversammlung Mitte von SPD und Grünen fühlen sich schlecht informiert und haben zu einem eher ungewöhnlichen Mittel gegriffen: In einer bezirklichen Anfrage wollen sie vom Senat konkrete Details über den geplanten Dachaufbau wissen. Zum Beispiel: „Wie viele für den Tourismus nutzbare Hotelzimmer sind vorgesehen?“, „Wie soll der „Stadtteilgarten“ dauerhaft gesichert finanziert werden?“ und „Welche Räume werden für welche Stadtteilnutzung zu welchen Konditionen ermöglicht?“ Damit nehmen die Bezirksabgeordneten eine gewisse Distanz zum Senat ein – normalerweise laufen solche Anfragen über Abgeordnete der Bürgerschaft und werden eher von Mitgliedern der Opposition gestellt.

„Es hat sich gezeigt, dass da noch sehr viele ungeklärte Fragen sind, sodass die Grundlage für eine Meinungsbildung nicht gegeben ist“, sagte der baupolitische Sprecher der SPD-Bezirksfraktion Carl Philipp Schöpe. Auch innerhalb der Fraktionen gingen die Meinungen auseinander. Durch die Anfrage wolle man die Diskussion in die Öffentlichkeit tragen. Schöpe kritisierte, dass die Informationen über die Bunkerpläne nur scheibchenweise ans Licht kämen. „Über den Park auf dem Dach ist schon viel bekannt, aber bis uns die Dimension der Innenflächen erläutert wurde, hat es gedauert.“

Der Erbpächter des Bunkers Thomas Matzen will fünf Stockwerke auf das Bunkerdach bauen und das massive Gebäude damit um mehr als die Hälfte erhöhen. Im Inneren soll die kommerzielle Nutzung der neu entstehenden Flächen Geld bringen, um die kostenfreie Nutzung der Außenflächen zu ermöglichen – so stellen es die PlanerInnen dar. Für die Parkanlage, die das Dach begrünen soll, ist der Verein „Hilldegarden“ verantwortlich, der sich als Initiative engagierter AnwohnerInnen präsentiert und betont, wie wichtig die Beteiligung der BürgerInnen sei, und dass es darum gehe, eine grüne Oase mitten in der Stadt zu schaffen.

Viele AnwohnerInnen sind skeptisch und sprechen von einer „grünen Aufwertungsspirale“, sie befürchten ein unkontrolliertes Verkehrsaufkommen und einen weiteren TouristInnen-Magnet im von Eventkultur überstrapazierten Stadtteil St. Pauli.

Innen und Außen

Die Innenflächen sollen kommerziell genutzt werden. Geplant sind eine Event-Location, die Mehrzweckhalle genannt wird, eine Sporthalle, mehrere Gastronomiebetriebe, ein Hotel, das die PlanerInnen Gästehaus nennen, sowie Flächen, die dem Stadtteil offenstehen, und auf denen beispielsweise Kochkurse stattfinden sollen.

Die Außenflächen sollen begrünt werden und einen Gemeinschaftsgarten beinhalten, ein Amphitheater, einen Park und eine begrünten Rampe, über die man nach oben gelangt. Wie öffentlich die öffentlichen Flächen genau sind, ist noch unklar.

Zwar ist die Baugenehmigung noch nicht erteilt, aber aus dem Senat kamen bisher positive Signale. Die Kulturbehörde hatte sogar vorgeschlagen, die Stadt solle dem Erbpächter die 2,56 Millionen Euro für die zukünftig teurere Pacht erlassen.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen des Bezirks Mitte Michael Osterburg kritisierte das bisherige Verfahren als intransparent, da die Genehmigung im nicht öffentlich tagenden Bauausschuss verhandelt würde.

Der Bezirksvorsitzende der SPD Arik Willner sagte, man wolle sich erst nach Beantwortung der Anfrage im Juni inhaltlich positionieren – die bisherigen Infos reichten nicht aus. Es gehe jetzt darum, alle beteiligten Ebenen wie Fachämter, Bezirke und die Länderebene zusammenzuholen.

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1 Kommentar

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  • Wenn ich an die Esso-Häuser denke und an das ganze Theater der AnwohnerInnen, wundert es mich schon, wie glatt und geschmeidig hier an den Menschen des Stadtteils vorbei geplant werden kann. Bei den Esso-Häusern sollte von vornherein immerhin 30% geförderter Wohnraum entstehen. Das reichte den AnwohnerInnen nicht und es gab aus dem Stadtteil Forderungen nach 100% geförderten Wohnraum. Es entstand die Planbude und, und, und. Für den Stadtteil und für das Karoviertel gilt ansonsten eine soziale Erhaltungsverordnung. Selbst die Modernisierung einer einzelnen Wohnung muss genehmigt werden. Bei diesem Projekt aber scheint noch nicht mal eine Wohnung geplant zu sein, geschweige denn geförderter Wohnraum. Es gibt nur kommerzielle Ideen. Trotzdem gibt es kaum Widerstand. Vielleicht liegt das an der „Verschönerung“ des Nazibunkers direkt neben dem Stadion des Stadtteilclubs? Oder das dieser eventuell die geplante Sportstätte nutzen darf? Aber immerhin können ein paar Anwohner ein wenig „urban planning“ veranstalten. Im Kochstudio kann dann, gegen ein geringes Entgelt, selbst gezogenes Gemüse verköstigt werden. Das fördert das Gemeinwesen bestimmt ungemein.